Mathematische Knobelei: Rotationssystem im Klassenzimmer
"Kennt Ihr das berühmte Rotationssystem des Stadtrates von O.? Wir spielen das mal hier durch: Ihr setzt Euch jetzt alle um, aber mit Köpfchen! Keiner von Euch darf auf seinem alten Platz sitzen bleiben, jeder muß auf einen Nachbarplatz wechseln - also einen Tisch vor, zurück, nach links oder rechts. Alles verstanden? Dann los!"
Zufrieden grinsend betrachtet Lehrer L., wie sich seine Schützlinge träge erheben, hin und her trotten, verwirrt am Kopf kratzen und keine neue Sitzordnung finden, die den Kriterien genügt. Nach einer Viertelstunde will er eingreifen und mit großer Geste die neue Zuordnung der Plätze vornehmen. Doch wie er sich auch müht - es gibt keine Lösung. Dabei ist doch sogar der Platz von Schüler S. heute leer.
In sein tiefstes Grübeln hinein fragt Schülerin V., ob sie mal kurz austreten dürfe. Aha, denkt Lehrer L., dann sind zwei Plätze frei, nun muß es aber gehen. Wieder folgt ein Geschiebe und Gelaufe - aber wieder gibt es keine Lösung. Entmutigt läßt Lehrer L. beim Pausenklingeln die Mundwinkel nach unten fallen. Sollte er auf seine alten Tage die geistige Brillanz des Kommunalpolitikers eingebüßt haben?
Am folgenden Tag erscheint ein neuer Schüler in der Klasse, der natürlich einen eigenen Sitzplatz braucht, so daß jetzt vier Tischreihen mit jeweils vier Plätzen im Klassenzimmer stehen. In der Pause erzählen die Jugendlichen dem neuen von der gestrigen Aktion. Der hört sich alles an, schmiert ein wenig auf der Rückseite seines Blockes herum und grinst bis über beide Ohren.
Zu Beginn der Mathestunde steht der neue Schüler plötzlich auf und sagt: "Mir gefällt diese Sitzordnung nicht. Ich wäre dafür, sie zu ändern. Allerdings müssen folgende Regeln erfüllt sein: ..." Und er macht den gleichen Vorschlag wie gestern Lehrer L. "Das wird nicht klappen", denkt Lehrer L., "denn heute fehlt ausnahmsweise niemand." Dennoch stimmt er zu, und zu seinem größten Erstaunen findet jeder im Kurs innerhalb von zehn Sekunden einen neuen Platz. Ja, es gibt sogar mehr als eine Lösung. "Vielleicht ist mit der Jugend doch mehr los, als ich dachte", schießt es Lehrer L. durch den grauen Kopf.
Am Abend überprüft er zu Hause die Situation in der Klasse mit analytischer Gründlichkeit, bis ihm klar wird: Er hatte am Vortag wirklich Pech gehabt. Seinen Überlegungen zufolge war das Rotationssystem bei 15 Tischen zum Scheitern verurteilt, wenn nicht wenigstens ein Platz frei war. Allerdings konnten die Bedingungen nur dann erfüllt werden, wenn ganz bestimmte Plätze frei waren. Und ausgerechnet an diesen hatten der Schüler S. und die Schülerin V. nicht gesessen. Deher die Frage: Wo hatten die beiden vermutlich ihre Plätze?

Sobald ein Schüler mehr im Kurs ist, verläuft der Platztausch ganz einfach, indem zum Beispiel die Reihen A und B sowie C und D oder 1 und zwei sowie 3 und 4 ausgetauscht werden.
Das mathematische Problem stammt von Univ.-Prof. Dr. Gerd Baron und Dr. Richard F. Mischak. Weitere Aufgaben finden Sie auf den Seiten des Wettbewerbs Jagd auf Zahlen und Figuren. Die erzählerische "Verpackung" gestaltete Dr. Olaf Fritsche.
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