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Hemmes mathematische Rätsel: Wie könnte diese Klage verhindert werden?

Dunkle Wolken über der Akropolis

Der griechische Rhetoriker Protagoras von Abdera lebte im 5. Jahrhundert v. Chr. und war ein berühmter Lehrer der Sophistik. Der römische Schriftsteller Aulus Gellius berichtet um 160 n. Chr. in seinem Werk »Attische Nächte«, dass ein gewisser Euathlos sich von Protagoras zum Rhetoriker ausbilden lassen wollte, um später als Rechtsanwalt arbeiten zu können. Sie vereinbarten, dass Euathlos dafür erst bezahlen müsse, wenn er seinen ersten Gerichtsprozess gewonnen habe. Als Euathlos seine Ausbildung abgeschlossen hatte, wurde er aber nicht Rechtsanwalt, sondern wählte einen anderen Beruf. Darum führte er keine Prozesse, konnte folglich auch keine gewinnen und wollte deshalb für seine Ausbildung nicht bezahlen.

Protagoras drohte ihm mit Klage und argumentierte: »Euathlos muss auf jeden Fall bezahlen: Entweder nach unserer Vereinbarung, weil er diesen Prozess gewinnt, oder weil ihn das Gericht dazu verurteilt.« Was hätte Euathlos erwidern können, damit Protagoras von einer Klage absah?

Aulus Gellius schrieb, Euathlos habe Protagoras folgende Antwort gegeben: »Ich muss auf keinen Fall bezahlen, denn entweder verliere ich den Prozess, dann war meine Ausbildung schlecht und es gilt weiter die Vereinbarung, oder das Gericht entscheidet zu meinen Gunsten.« Wie Protagoras mit diesem Paradoxon umging, ist nicht überliefert.

Der amerikanische Mathematiker und Logiker Raymond M. Smullyan schlug 1978 vor, das Gericht hätte das Urteil zu Gunsten des Schülers entscheiden sollen. Euathlos müsste nichts bezahlen, aber er hätte dann seinen ersten Prozess gewonnen. Wenn der Fall abgeschlossen wäre, sollte Protagoras seinen Schüler erneut verklagen. Diesmal müsste das Gericht zu Gunsten von Protagoras entscheiden, denn Euathlos hatte seinen ersten Prozess schließlich schon gewonnen.

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