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Basiswissen: Astrofotografie mit der Digitalkamera

Kaum eine technische Neuerung hat den Verbrauchermarkt so schnell durchdrungen wie die Digitalkamera. Pausenlos werden die Geräte weiterentwickelt, und dies in rasantem Tempo. Kompakt, leicht und mit unzähligen Spezialfunktionen ausgestattet, gewinnen sie auch weiterhin schnell an Beliebtheit, sowohl bei Gelegenheitsfotografen als auch bei erfahrenen Amateuren und Profis. Doch wie gut eignen sich Digitalkameras eigentlich für die Astrofotografie?

Hinsichtlich Auflösung und Farbgenauigkeit übertreffen herkömmliche Kleinbildfilme ihre elektronischen Äquivalente, die CCD-Chips der Digitalkameras, nach wie vor. Und im Gegensatz zu astronomischen CCD-Kameras – mit gekühlten Chips ausgerüstete Spezialentwicklungen – produzieren CCDs für Otto Normalverbraucher ein zu starkes elektronisches Rauschen bei Belichtungszeiten oberhalb von ein paar Sekunden. So lassen sich zwar Aufnahmen vom Mond und den Planeten machen. Für die meisten Sterne, von Galaxien und Nebeln ganz zu schweigen, reicht das aber nicht.

Mondkrater Tycho | Ein ideales Motiv für die ersten Versuche mit der Digital-Astrofotografie ist der Mond mit seiner vom Sonnenlicht hell erleuchteten Landschaft und seiner Vielzahl von Oberflächenstrukturen. Diese Aufnahme des 85 Kilometer breiten Kraters Tycho (am unteren Bildrand mit dem zentralen Berg) und der Geraden Wand ("Rupes recta", links oben) stammt von Alan Adler. Er verwendete eine Nikon-Coolpix-950 an einem 20-Zentimeter-Newton-Reflektor (f/6) mit 10,5-Millimeter-Okular.
Warum also von analog auf digital umsteigen? Nun, zum einen sehen Sie Ihre Ergebnisse sofort. Sie müssen nicht mehr auf die entwickelten Bilder warten, behalten nur das, was Sie wollen, und löschen die Bilder, die Sie nicht mehr brauchen. So sparen Sie Film- und Entwicklungskosten. Je nach Speicherkapazität und Dateiformat kann die Digitalkamera zudem viel mehr Bilder festhalten als jede Filmrolle. Und am Ende haben Sie sogar Platz gespart: Statt Fotoalben und Schuhkartons voller Papierbilder verstauen zu müssen, brauchen Sie nur noch Platz auf der Festplatte.

Ringplanet Saturn | Erheblich verbesserte Bilder lassen sich mit handelsüblicher Bildbearbeitungs-Software erzeugen. Dieses Porträt von Saturn gelang dem Amateurastronomen Canon Lau aus Hongkong mit einer Nikon-Coolpix-950-Kamera. Er nutzte ein Schmidt-Cassegrain-Teleskop von Celestron mit 35 Zentimeter Öffnung. Neun seiner Digitalaufnahmen überlagerte Laus Kollege Eric Ng zu einem Gesamtbild und bearbeitete dieses schließlich mit der "unscharfen Maske" und dem Gaußfilter der Software Adobe Photoshop.
Da die Bilder schon in digitalem Format vorliegen, ist eine Weiterverarbeitung am Computer problemlos möglich. Hierzu eignen sich Programme wie Adobe Photoshop Elements, eine rund 110 Euro teure, abgespeckte Variante der Bildbearbeitungssoftware Adobe Photoshop. Damit lassen sich einzelne Aufnahmen übereinanderlegen, um das Signal-zu-Rausch-Verhältnis zu verbessern, oder Panoramen erzeugen, indem man Einzelbilder aneinandersetzt. Zudem kann man die Bilder per Knopfdruck in ein internettaugliches Format verwandeln, so dass sie via E-Mail verschickt oder auf einer Website veröffentlicht werden können. Programme wie Photoshop Album oder iPhoto von Apple helfen schließlich beim Organisieren der digitalen Aufnahmen.

Die afokale Methode

Da die Objektive der meisten handelsüblichen Digitalkameras nicht abnehmbar sind und da sie auch kein Schraubgewinde besitzen, bleibt nur eine Möglichkeit, um mit ihnen Bilder durch ein Teleskop aufzunehmen: die "afokale Methode". Der einfachste Weg ist es, die Kamera mit der Hand direkt vor das Teleskopokular zu halten. Alternativ dazu kann man sie aber auch auf ein separates Stativ schrauben (das reduziert die Teleskopvibrationen und erspart die Arbeit des Ausbalancierens), sich eine Klemme basteln oder, sofern das jeweilige Modell dies ermöglicht, sie mit einem Adapter direkt am Okular anbringen.

Genau wie bei der Okularprojektionsmethode wird das Bild bei der afokalen Methode (siehe auch "Mond, Jupiter & Co. als Filmstars") stark vergrößert. Dadurch wird eine vergleichsweise lange Belichtungszeit erforderlich, wobei die Bilder verzerrt und vignettiert werden können. Unter Vignettierung versteht man eine Verdunkelung der Bildränder. Sie entsteht, wenn die Kamera zu weit vom Okular entfernt ist oder wenn der Blickwinkel der Kamera größer ist als die Okularlinse. Wenn Sie Planeten oder kleine Objekte fotografieren, die von großen schwarzen Hintergrundflächen umgeben sind, stellt die Vignettierung aber kein Problem dar. Sie können sie auch dadurch gering halten, dass Sie die Kamera so nahe und zentriert wie möglich vor das Okular bringen. Wenn man die Brennweite erhöht, verkleinert sich das Blickfeld der Kamera, wodurch die Vignettierung ebenfalls vermindert oder ganz unterdrückt wird (verwenden Sie aber bitte keinen digitalen Zoom, da er die Auflösung des CCDs verringert). Das Zoomen erhöht auch die Vergrößerung, was das Scharfstellen oft einfacher macht.

Kamera am Okular | Mutige Astrofotografen können die Digitalkamera auch einfach an das Okular halten. Falls Ihre Kamera ein Stativgewinde aufweist, können Sie eine selbst hergestellte oder gekaufte Klemme zu Hilfe nehmen oder Ihre Kamera auf ein separates Dreibein montieren.
Wählen Sie ein Okular mit großem Augenabstand! Ist sein Augenabstand zu gering wie bei einigen Exemplaren kurzer Brennweite, lässt sich die Kamera dem Okular nicht stark genug nähern. Die beste Kameraposition für Ihr System finden Sie letztlich durch Experimentieren heraus.

Bildverzerrungen können durch eine Kombination von Effekten im Okular und in der Kameraoptik verursacht werden. So kann etwa der innere Teil des Bilds scharf und der äußere unscharf sein, was den nutzbaren Bereich des Blickfelds erheblich einschränkt. Stellen Sie daher immer sicher, dass die Bildebene der Kamera senkrecht zur optischen Achse des Teleskops ausgerichtet ist. Schmutz und Staub sollten Sie sorgfältig von der Kameralinse entfernen. Während der Aufnahme ist es zudem sinnvoll, die Kamera mit schwarzem Stoff oder Pappe vor Streulicht abzuschirmen.

Obwohl nicht zwingend notwendig, ist eine Teleskopnachführung doch sehr hilfreich, da sie das Objekt in der Mitte des Kamerabilds festhält, während Sie in Ruhe scharf stellen und belichten können. Auch mit Fernrohren ohne Nachführung lassen sich gute Bilder aufnehmen, solange die Belichtungszeit nur kurz genug ist. Setzen Sie das Zielobjekt zunächst in diejenige Ecke des Blickfelds, die seiner Bewegung entgegengesetzt ist. Warten Sie, bis es in die Mitte gewandert ist, und betätigen Sie dann den Auslöser.

Okularadapter DigiCam | Für Digitalkameras mit Objektivgewinde, wie die hier gezeigte Nikon-Coolpix-990, sind verschiedene Adapter erhältlich, welche die Kamera mit dem Teleskopokular verbinden. Links: Dieser Adapter von ScopeTronix verbindet das 28-Millimeter-Gewinde der Coolpix direkt mit verschiedenen Typen von 1¼-Zoll-Okularen. Rechts: Der T-Adapter der Firma CKC Power lässt sich mit Orions Universal-Kamera-Adapter verschrauben.

Fokussierung

Genau wie bei der analogen Astrofotografie müssen Sie Ihre Kamera auch bei der Digitalfotografie sehr genau scharf stellen, da sich jede Unschärfe deutlich auf dem Bild abzeichnet. Als ersten Schritt müssen Sie das Teleskop fokussieren. Falls Sie unter Fehlsichtigkeit leiden, so setzen Sie dazu Ihre Brille auf. Dann stellen Sie den Fokus Ihrer Kamera manuell auf "unendlich". Ist dies bei Ihrem Gerät nicht möglich, so erledigt das die Autofokusfunktion in der Regel selbst. Der LCD-Monitor, wie ihn viele Kameramodelle haben, kann zum Zentrieren und Fokussieren zu Hilfe genommen werden, auch wenn er recht klein und grobkörnig ist.

Falls Ihre Kamera einen Videoausgang hat, können Sie sie an einen tragbaren Fernseher anschließen. Diese Echtzeitvideowiedergabe ist auch bei wechselhaftem "Seeing" nützlich, um den besten Zeitpunkt für die Aufnahme zu erkennen.

Wenn Sie Bilder der Sonne durch Ihr Teleskop aufnehmen wollen, brauchen Sie einen geeigneten, sicheren Sonnenfilter. Decken Sie immer den Kamerasucher ab, um nicht versehentlich hineinzublicken! Das Scharfstellen mit Hilfe des kleinen LCD-Bildschirms der Kamera kann im hellen Tageslicht schwierig sein. Schirmen Sie daher die Kamera ab, so gut es geht, oder benutzen Sie einen externen Monitor. Manche Fotografen verwenden auch eine Lupe, die sie mit Gummis oder Klettband am LCD-Schirm befestigen.

Orionnebel mit Digitalkamera | Lange Belichtungszeiten sind mit handelsüblichen Digitalkameras noch nicht möglich. Bei Belichtungen, die länger als eine Sekunde dauern, wird das elektronische Rauschen des Chips immer stärker. Dennis di Cicco nahm dieses verrauschte, acht Sekunden belichtete Bild des Orionnebels (M 42) mit einer Nikon-Coolpix-990 auf. Er nutzte die Kamera an einem Maksutow-Newton-Teleskop mit 15 Zentimeter Öffnung (f/6) und einem 30-Millimeter-Okular.
Wie immer in der Astrofotografie ist ein qualitativ hochwertiger Sucher für das Ausrichten des Fernrohrs sehr hilfreich. Bei hohen Vergrößerungen kann ein Sucherteleskop mit beleuchtetem Fadenkreuz das Zentrieren von kleinen Objekten, beispielsweise Planeten, stark vereinfachen.

Die Aufnahme des Bilds

Anders als bei herkömmlichen Spiegelreflexkameras gibt es bei Digitalkameras keinen Umklappspiegel, der zu Beginn einer Belichtung Vibrationen verursacht. Trotzdem kann auch bei Digitalkameras das Bild verwackeln, wenn Sie den Auslöser betätigen. Um dies zu vermeiden, verwenden Sie am besten den Selbstauslöser der Kamera oder – soweit vorhanden – eine schnurlose Fernbedienung. Anderenfalls müssen Sie den Auslöser sehr sachte drücken, um nicht den ganzen Aufbau zu erschüttern.

Manche Kameramodelle erlauben es nicht, die Belichtungsdauer und Blendenöffnung frei zu wählen. Dann müssen Sie auf die Belichtungsautomatik vertrauen. Diese Funktion arbeitet aber nur bei großen, hellen und gleichmäßig beleuchteten Objekten zuverlässig, etwa wenn Sie den Mond fotografieren. Das Bild eines sichelförmigen Monds oder Planeten wird jedoch häufig über- oder unterbelichtet. In diesem Fall müssen Sie die Blende manuell korrigieren. Viele Kameras ermöglichen es, wenn sie auf Belichtungsautomatik gestellt sind, die Blende um mehrere Stufen herauf- oder herabzusetzen. Bis zu zwei Blendenstufen sind normalerweise ausreichend, um Ihre Aufnahme zu korrigieren.

Falls Ihre Kamera Bilder zunächst nur in einen Zwischenspeicher schreibt, müssen Sie auch daran denken, Ihre Bilder regelmäßig abzuspeichern. Die Ergebnisse können Sie sich auf dem LCD-Schirm ansehen und die weniger gelungenen gleich löschen. Haben Sie auch keine Scheu, ausgiebig mit der Belichtung zu experimentieren: Nehmen Sie von jedem Motiv eine Belichtungsreihe auf und notieren Sie sich die besten Kameraeinstellungen.

Die richtigen Belichtungszeiten für jeden einzelnen Planeten muss man durch Probieren herausfinden. Ein guter Ausgangswert für Jupiter und Saturn mit einem typischen Schmidt-Cassegrain-Reflektor ist eine Viertelsekunde bis eine halbe Sekunde. Halten Sie die Belichtungszeiten kurz, damit die Aufnahmen durch die Luftturbulenzen möglichst wenig verschwimmen.

Wählen Sie beim Speichern der Aufnahmen die höchste Bildqualität. So nutzen Sie die ganze Auflösung der Kamera und beeinträchtigen die Bildqualität am wenigsten. Die meisten Kameras verwenden das JPEG-Format, das die Größe der Datei beträchtlich reduzieren kann, um mehr Bilder im verfügbaren Speicher unterzubringen. Doch je mehr ein Bild komprimiert wird, desto mehr "Artefakte" zeigt es auch; beispielsweise eine geringere Farbauflösung und eine merkliche Körnung. Verwenden Sie deshalb die geringstmögliche Verdichtung oder speichern Sie die Aufnahmen gänzlich unkomprimiert. Seien Sie nicht überrascht, wenn Sie bei gleichem Speicherplatz mehr Astrofotos als bei Tageslicht aufgenommene Bilder unterbringen können. Der dunkle Hintergrund eines typischen Astromotivs lässt sich viel besser komprimieren als ein normales Bild.

Die Anzahl der Bilder, die Sie aufnehmen können, unterscheidet sich von Kamera zu Kamera. Sie hängt vom Speicherplatz, von der Auflösung und vom Dateiformat ab, in dem die Aufnahmen gespeichert werden. Haben Sie eine Aufnahme gemacht, erzeugt die Kamera eine Bilddatei. Diese wird entweder in den Speicher der Kamera oder auf eine herausnehmbare Speicherkarte geschrieben. Ist die Karte oder die Kamera voll, lassen sich die Daten mit einem externen Kartenlesegerät oder mit einem USB-Kabel auf einen Computer oder direkt zu einem Drucker übertragen.

Übrigens: Sie können auch mit Schwarz-Weiß-Aufnahmen experimentieren, falls Ihre Kamera dies ermöglicht: Schwarz-Weiß-Bilder, geschossen mit einem Farb-CCD, können schärfer wirken als farbige Aufnahmen.

Die Stromversorgung

Digitalkameras können sehr verschwenderisch im Umgang mit Batterien sein, besonders wenn der LCD-Schirm ununterbrochen eingeschaltet bleibt. Das bringt Sie in Schwierigkeiten, wenn eine Steckdose und ein passender Transformator nicht in Reichweite sind. Manche Kameras verbrauchen einen Batteriesatz schon in weniger als einer halben Stunde. In kalten Nächten verlieren die Batterien ihre Leistungsfähigkeit noch schneller. Der Strombedarf geht so sehr ins Geld, dass es sich lohnt, aufladbare Akkus zu kaufen, wie zum Beispiel Nickel-Kadmium-Akkus (NiCd) oder die teureren, aber auch leistungsfähigeren und umweltschonenderen Nickel-Metallhydrid-Akkus (NiMH). Legen Sie sich für eine längere Beobachtungsnacht ein bis zwei Sätze aufgeladener Akkus zurecht, möglichst an einem Ort mit Zimmertemperatur.

Um Schaden an der empfindlichen Elektronik zu vermeiden, sollten Sie Ihre Kamera vor Tau schützen. Bedecken Sie die Kamera, wenn sie nicht gebraucht wird, oder besser noch, lassen Sie die Kamera eingeschaltet, damit sie warm bleibt.

Trotz ihrer Schwächen auf einigen Gebieten sind Digitalkameras aus der Astrofotografie nicht mehr wegzudenken. Zumal die Nachteile stets kleiner werden: Wenn im Verlauf der nächsten Jahre die Auflösung der Digitalkameras immer höher wird, verringert sich gleichzeitig der Qualitätsunterschied zu analogen Geräten. Das heißt aber nicht, dass Sie bis dahin warten sollten, um die neuen, spannenden Möglichkeiten in der Astrofotografie für sich zu entdecken!

Fleckige Sonne | Diese mit bloßem Auge sichtbare Sonnenflecken-Gruppe nahm Wiphu Rujopakarn von der Kirdkao-Sternwarte im thailändischen Kanchanaburi am 25. März 2001 mit einer Canon-Ixus-Kamera durch einen Tele-Vue-Pronto-Refraktor mit Sonnenfilter und 32-Millimeter-Okular auf.

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