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Buchkritik zu »Astronomie in Theorie und Praxis «

"Ein Einführungs- und Nachschlagewerk mit Formeln, Fakten, Hintergründen", verspricht der Autor, der seines Zeichens nicht nur ein promovierter Astronom, sondern auch ein langjähriger Stern-Freund und aktives Mitglied der Hamburger Volkssternwarte ist.

Bereits beim ersten Durchblättern des umfangreichen Werkes fällt auf, dass der Autor besonderen Wert auf Verständlichkeit legt. Knappe, klare Texte und zahlreiche Graphiken und Skizzen machen das Buch nicht nur zu einem guten Nachschlagewerk, sondern auch zu einer guten Grundlage für das Selbststudium. Zu Letzterem wird der Leser auch durch Rechenaufgaben am Schluss der Kapitel ausdrücklich ermutigt. Hier liegt unbestritten der Vorteil dieses imposanten Werkes. Wohl kein zweites deutschsprachiges Werk bietet diese Zusammenfassung und Aufbereitung an theoretischen Grundlagen, die explizit für den Hobbyastronomen und Sternfreund dargestellt wurden.

Mit einer umfassenden Einführung von der Geschichte der Astronomie bis zu den Grundlagen stellarer Magnetfelder erhält der Leser im ersten Abschnitt eine breite Wissensgrundlage. In den folgenden sieben Fachkapiteln geht Wischnewski zunächst ausführlich auf alle Objekte des Sonnensystems ein und streift dabei auch Themen wie die Keplerschen Gesetze oder die Entstehung des Sonnensystems. Die beiden nächsten Kapitel erläutern alles Wissenswerte über die Entstehung und das Sterben von Sternen. Ihre Entstehung in Globulen, die Kernfusionszyklen und das Hertzsprung-Russell-Diagramm werden dabei genauso klar erläutert, wie die verschiedenen Endphasen vom Weißen Zwerg bis zum Schwarzen Loch.

Doppelsterne und Veränderliche verdienen bei Wischnewski gar ein eigenes Kapitel. Sehr schön ist hier die übersichtliche Aufstellung der Veränderlichen Klassifikationen. Leider etwas knapp fällt das anschließende Kapitel Gasnebel im All aus, das den gesamten Bereich interstellarer Materie bis hin zum Planetarischen Nebel kurz streift. Objekte, die viele Sternfreude besonders interessieren und über deren Entstehung, Zusammensetzung und Verteilung der Leser sicherlich mehr erfahren möchte.

Deutlich ausführlicher geht es dann im Themenbereich Galaxien weiter. Die Darstellungen der Galaxientypen bis hin zu kosmologischen Phänomenen sind detailliert und bieten einen guten Über blick über den Themenbereich. Mit einigen Anmerkungen über besondere astronomische Beobachtungstechniken schließt Wischnewski den theoretischen Teil seines Buches ab.

Die zweite, der Beobachtungspraxis gewidmete Hälfte des Buchs ist eine interessante Mischung grundlegender Informationen etwa für die Auswertung eigener Himmelsbeobachtungen – aber auch hier legt der Autor den Schwerpunkt auf die Vermittlung von Fakten und Zusammenhängen und weniger auf die Arbeit am Fernrohr an sich. Ein Bilderbuch mit Beobachtungstipps kann und will das hier vorliegende Werk sicherlich auch nicht sein. Hierfür gibt es ja bereits zahlreiche, einschlägige Publikationen über die Sonnen-, Mond-, Planeten- oder Deep-Sky-Beobachtung. Aber eine rechnerische Herleitung des Auflösungsverlustes durch den Fangspiegel eines Spiegelteleskops, die Berechnung von Kraterdurchmessern und Berghöhen auf einem Mondphoto oder die Bahnbestimmung eines Kometen sind wertvolle Informationen mit einem Praxisbezug, den man nur selten so verständlich und kompakt aufbereitet findet.

Ein Kapitel über die Astronomie am PC schließt dieses Füllhorn an (amateur-)astronomischem Grundlagenwissen ab. Allerdings muten die hier aufgeführten Turbo-Pascal-Listings in Anbetracht der heutigen multimedialen Planetariumsprogramme etwas überholt und nur für wirkliche Programmierfans interessant an. An dieser Stelle hätte man sich eher einige Informationen über die heute interessanten Bereiche etwa bei der digitalen Bildgewinnung und -verarbeitung (zum Beispiel Filterfunktionen, Dekonvolutionstechniken) oder Grundlagen zur Teleskopansteuerung gewünscht.

Ein umfangreiches Quellen- und Inhaltsregister rundet dieses Werk ab, das sicherlich einen festen Platz im Bücherregal jedes ambitionierten Sternfreundes verdient hat. Aber auch für das Studium, den Physik- und Astronomieunterricht oder für Kurse an Volkssternwarten und Planetarien ist die Arbeit mit der "Astronomie in Theorie und Praxis" eine wirkliche Bereicherung und Erleichterung.

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  • Quellen
Sterne und Weltraum 4/2006

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