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Das Prinzip Leben

Der erste Blick lässt stutzen: "Biologie für Einsteiger" von Olaf Fritsche erscheint mit seinen 400 Seiten zu dünn für ein vollwertiges Biologiebuch. Und tatsächlich handelt es sich hierbei um kein gewöhnliches Lehrbuch. Der Autor möchte darin nicht pures Faktenwissen vermitteln, sondern vielmehr die grundsätzlichen Prinzipien des Lebens vorstellen.

Von Kapitel zu Kapitel baut er das Leben immer weiter auf, von "Leben ist konzentriert und verpackt", über "Leben wandelt um" bis hin zu "Leben breitet sich aus". Dabei führt er den Leser am Anfang jedes Kapitels meist über Logik an das jeweilige Prinzip heran: So beginnt er in "Leben wandelt um" damit, dass in der Natur nicht immer genau die Moleküle vorhanden sind, die der Organismus jeweils benötigt. Dass die Zellen die Stoffe zu den benötigten umwandeln, ist dann quasi die logische Folge daraus. Jedes Kapitel endet mit einer Zusammenfassung, sowie weiterführenden Literaturtipps. Das Buch verfügt außerdem über ein Stichwortverzeichnis und eine kurze Übersicht über Einheiten, Konstanten und Umrechnungen.

Der Haupttext ist flüssig und meist gut verständlich geschrieben. Es ist klar erkennbar, dass hier ein Wissenschaftsjournalist am Werke war, der schreiben und erklären kann. Zahlreiche bunte Kästen, Bilder und Graphiken bereichern das Werk. So kommen in einer Kastenrubrik Wissenschaftler zu Wort, die von einem Aspekt ihrer Forschung berichten. Dies sind die einzigen Texte, die nicht aus Fritsches Feder stammen. Sie lockern die Theorie auf und zeigen, wie Wissenschaft sich entwickelt. Die Kästen "Offene Fragen" berichten kurz über ungeklärte Sachverhalte der Biologie. Sie zeigen damit dem angehenden Naturwissenschaftler, dass es noch viel zu entdecken gibt – ein echter Pluspunkt des Buchs. So eine Rubrik sucht man leider in den meisten Lehrbüchern vergebens.

Schnell stellt sich allerdings die Frage, für wen dieses Buch geschrieben wurde. "Für Einsteiger" antwortet der Titel. Doch für einen Biologiestudenten in den ersten Semestern werden mehrere Passagen zu komplex sein, er wird zahlreiche Begriffe nicht kennen und bekommt sie auch nicht erklärt. Auf der anderen Seite bietet ihm das Buch nicht alle nötigen Fakten, die er für die Prüfungen benötigt und – aus meiner Sicht – auch für das Gesamtverständnis der Lebenswissenschaft. Der Einsteiger sollte also lieber zu einem Standardwerk der Biologie greifen. "Biologie für Einsteiger" kann ihm gut als „Zweitbuch“ dienen, um das gelernte Wissen mit einem anderen Blickwinkel zu vertiefen und die Prinzipien dadurch besser zu verstehen. Fortgeschrittene Studenten und Wissenschaftler jeweils aus benachbarten Fächern dürften hingegen über das nötige Grundlagenwissen verfügen. Sie können sich mit „Biologie für Einsteiger" einen guten Überblick über die Biologie und ihre Zusammenhänge verschaffen.

Der Ansatz des Autors war es, statt Detailwissen die grundsätzlichen Prinzipien und Zusammenhänge zu vermitteln. Schon im Grundstudium soll sich so der Leser eine "Herangehensweise erschließen, die sich sonst erst nach jahrelangem intensivem Studium einstellt." Doch dieses Ziel ist leider etwas hoch gegriffen. Um die großen Zusammenhänge zu verstehen, muss man erst einmal die Details kennen. "Biologie für Einsteiger" schafft es nicht, diesen Weg abzukürzen.

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