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»Alles, was du über KI wissen musst«: KI ist nichts ohne den Menschen

Das Kindersachbuch bietet einen gelungenen Einblick in die Möglichkeiten, Grenzen und Gefahren von KI. Der Blick in die Zukunft gerät jedoch teilweise zu enthusiastisch.

KI ist immer und überall: in der Sprachsteuerung von Navis, in der Gesichtserkennung zum Entsperren von Handys oder im Chatbot von Onlineshops. An künstlicher Intelligenz führt schon heute kein Weg mehr vorbei. Der »Leitfaden für neugierige Kids«, wie Brian David Johnson sein Sachbuch für Kinder und Jugendliche ab zehn Jahren nennt, will eine solide Wissensbasis zum Thema für die Erwachsenen von morgen legen, deren Leben ohne KI überhaupt nicht mehr funktionieren wird. Der Autor nimmt seine Leserinnen und Leser mit auf eine Reise in die spannende Welt der künstlichen Intelligenz. In elf Kapiteln bietet er unterwegs Antworten auf Fragen wie: Was ist KI? Wo wird sie eingesetzt? Was kann sie in Zukunft leisten?

Auf über 200 Seiten gelingt dem Universitätsprofessor und Zukunftsforscher Johnson ein guter Überblick über die Geschichte, Gegenwart und Zukunft der künstlichen Intelligenz. Er reicht von ihrer ersten Erwähnung durch den Informatiker John McCarthy im Jahr 1955 bis zur Zukunftsvision einer KI, die jedem Menschen als individueller Trainer, Motivator und Unterstützer Tag für Tag zur Seite stehen könnte. Dabei erfahren wir auch einiges über eher ungewöhnliche Einsatzgebiete von KI, wie der Bestimmung des Alters von Dinosaurierknochen oder der Vorhersage von Vulkanausbrüchen. Johnson erläutert anhand dieser und anderer Beispiele nachvollziehbar Funktionsweise und Wirkmechanismen von KI: Indem die KI Daten sammelt, auswertet und Wahrscheinlichkeiten errechnet, kann sie Aussagen über die Vergangenheit und für die Zukunft treffen. Durch seine ausführlichen Erklärungen der Hintergründe und Zusammenhänge will uns Johnson auch die Angst vor KI nehmen. Roboter wären demnach niemals in der Lage, die Weltherrschaft zu übernehmen, so der Autor. Schließlich sei KI »nichts anderes als eine neue Art von Computersoftware, die anhand von Daten lernt. Wir können KI jederzeit aufhalten und kontrollieren.« Möge er recht behalten.

Ein überaus positiver Blick auf die KI der Zukunft

Überzeugender als die eher einseitige Prognose gerät die Präsentation des durchaus komplexen Stoffs im Stil eines Abenteuerbuchs: Jedes Kapitel enthält einen leicht geschriebenen Fließtext mit direkter Ansprache, der die Lesenden unterhaltsam, informativ und anhand von Beispielen durch das jeweilige Thema navigiert. Dazu lockern witzige Icons, eine Roboterfigur, die Funfacts zum Besten gibt, und ein grafischer Hintergrund in Platinen-, Chip- oder Menüreiter-Optik das schwarz-weiße Layout auf und reichern die Inhalte zusätzlich an. (Wer für Grafik und Layout verantwortlich zeichnet, bleibt im Buch leider unerwähnt.) Gelungen sind auch die Statements von zahlreichen Experten sowie die hilfreichen Kästen mit Erläuterungen zu Fachbegriffen wie »Maschinelles Lernen«, »Smart Home« oder »Big Data«. Kleine grafisch hervorgehobene Exkurse zu wichtigen Fragen und mutige Gedankenexperimente fordern außerdem zum Mitdenken und Fantasieren auf, wie bei der Vorstellung, dass nach der Marsbesiedelung von dort aus Raumschiffe mit Superteleskopen starten könnten, um nach intelligentem Leben im All zu suchen.

Brian David Johnson ist ein bekennender KI-Fanboy und neigt zu vollmundigen Aussagen – wie schon im Buchtitel erkennbar. Es gefällt ihm, in Visionen zu schwelgen, wo und wie KI die Dinge in Zukunft einfacher und besser machen könnte. Zwar nimmt er schon jetzt bestehende Ängste und Sorgen durchaus ernst und räumt ihnen auch Platz ein. Doch geschieht dies immer nur auf wenigen Seiten oder in wenigen Absätzen – wenn er zum Beispiel vom Missbrauch von KI für Deepfakes oder den urheberrechtlichen Problemen beim Training von Chatbots mit eigentlich geschützten Texten berichtet.

Das Bild, das Johnson von der KI zeichnet, ist durch und durch positiv. Wenn wir Menschen nur verantwortungsvoll genug mit ihr umgehen, könne nicht viel schiefgehen, so seine schlichte Botschaft. Überzeugender sind dagegen seine Aussagen, die statt der möglichen Folgen von KI eher das genuin Menschliche betrachten, etwa: »Keine KI der Zukunft kann den Menschen in seiner Einzigartigkeit ersetzen.« In dieselbe Richtung geht auch Johnsons Appell an seine jungen Leser: »Es geht um DICH. Du wirst dazu beitragen, die Zukunft von KI zu gestalten und eine bessere Zukunft zu schaffen. Für uns und für den Planeten.«

So gilt denn für die Lektüre von Johnsons Sachbuch im Grunde das Gleiche wie für den Umgang mit KI: Es ist wichtig, Fragen zu stellen und sich dazu mit anderen auszutauschen, das Für und Wider gemeinsam in der Schule oder mit der Familie zu diskutieren, einen kritischen Blick zu behalten und scheinbare Gewissheiten immer wieder zu überprüfen.

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