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Buchkritik zu »Allgemeine Mikrobiologie «

Nach 14 Jahren hat Georg Fuchs mit sieben Co-Autoren eine neue Auflage des "Schlegel" herausgegeben. Sie ist in Format und Inhalt grundlegend neu bearbeitet; "Biosynthesen", "Symbiosen" und "Biotechnologie" sind nun eigene Kapitel, ebenso wie – nicht ganz einsichtig – die "Transportvorgänge über die Cytoplasmamembran". Der Stoff ist an den derzeitigen Kenntnis- und Forschungstand angepasst, in den meisten Kapiteln komprimiert, doch verständlich. Eine Stärke der reich illustrierten Neubearbeitung sind auch die hervorragende didaktische Aufarbeitung mit einheitlichen Schemata, Kästen und die gut strukturierten Zusammenfassungen an den Kapitelenden. Erhebliche Verbesserungen in der Einrichtung der Druckseiten und der Formatierung wären wünschenswert.

Die Aufteilung des Stoffes unter acht Autoren führte jedoch nicht unerwartet zu Einbußen in der Einheitlichkeit der Darstellung und der Stoffauswahl. So fiel etwa das für ein solches Lehrbuch unerlässliche Kapitel über die biologische Vielfalt im Mikrobenreich weg; beispielsweise ist die Behandlung von Actinomyceten mit zwei Sätzen auf Streptomyces griseus reduziert; Entwicklungszyklen (außer Endosporenbildung) werden nur als Schlagwörter erwähnt. Das Einzelschaffen von Experten trennt häufig Vorgänge auf, die besser im Zusammenhang stünden. Andererseits ist etwa die Präsentation der Pilze und Viren nicht in den Kontext eingebunden: Obwohl ein Kapitel über Symbiosen existiert, werden beispielsweise Mykorrhizen getrennt behandelt. Eine geänderte Abfolge der 19 Kapitel könnte einen logischeren Zusammenhang ergeben und zahlreiche Querverweise überflüssig machen.


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Um auf Überflüssiges bildhaft zu weisen, hatten die Alten den Spruch: "Eulen nach Athen tragen" und je nach Interessenlage wurde er abgewandelt. Für die Mikrobiologen gilt: "'Den Schlegel' loben" (und das wird durch diese, mehr als nur aktualisierte, Neuauflage so bleiben).

Dank H.-G. Schlegel wurde Göttingen durch Forschung, Lehre und durch Begeisterung zum Quell und Mekka der Allgemeinen Mikrobiologie: Die Schlegel-Schule in aller Achtung und Horizontweite. Dabei fand Schlegel noch Zeit, sein zunächst Taschenbuchstarkes, dann im Lauf von sieben Auflagen binnen knapp 25 Jahren zu einem noch-handlichen Lehrbuch zu schreiben und auf Stand zu halten. Stand und Standard sind hier selbstverständliche Entsprechungen. Das war und ist eine respektierte Leistung. Ebenso steht es damit, dass er die Grenzen des Einmannbetriebs erkannt und sein Lehrbuch in jüngere Hände gegeben hat: G. Fuchs (Freiburg, aus dem R. K. Thauer-Orbit) ist von Interessenlage, Schulung und Kompetenz her ein gegebener Nachfolger. Er überschätzt sich aber nicht, sondern hat in der soeben erschienenen 8. Auflage lediglich den auf- und abbauenden und phototrophen Bakterienstoffwechsel übernommen, aber für die weiteren Kapitel renommierte Wissenschaftler gewinnen können.

Die farbcodierten Einzelkapitel sind straff organisiert, aufeinander bezogen und verhältnisentsprechend kurz. Trotzdem kommt durch die völlige Umarbeitung und sachnotwendige Erweiterung ein 1 3/4 Kilo wiegendes Flexibuch zustande.

Vom alten "Schlegel", der als Begründer natürlich Flagge zeigt, ist nicht viel geblieben, außer, versteht sich, die Tradition der umfassenden Darstellung und gründlichen Erarbeitung des Status präsens. Das (nun) 8-Personen-Lehrbuch macht durch Thiemegewohnten Druck, Anordnung und Klarheit sowie die aparte Bebilderung ästhetische Freude und regt den Betrachter zum Lesen und Lernen an.

Klarer, durch Farbe auf das Wesentliche weisender Formeldruck, durchdachte, systematische Bebilderung in Bunt- und Halbton und übersichtliche Tabellen instruieren mit wenigen Blicken über die grundlegende Information des neuen "Fuchs-Schlegel". Beim Lesen des Prinzipien und Schlüsselbegriffe hervorhebenden, gut gegliederten Textes bestätigt sich dieser Eindruck von Anfang an. Ablenkende Farbunterlegung ist vermieden. Den (soweit Stichproben erwarten lassen) fehlerfreien Stoff erweiternde Zusatz-Informationen sind mit grünem Rahmen hervorgehoben. Diese Kenntnis hilft, das Wissen "epikritisch" zu modulieren und nicht bloß ein Gebetbuch "fundamentalistisch" auswendig zu lernen.

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  • Quellen
BIOspektrum 5/2007

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