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»Aspekte der Mathematik«: Wenn Probleme zu Projekten werden

Seine Stärken entfaltet dieses Buch vor allem bei den vorgeschlagenen Projekten, die gerade Studierenden spannende Zugänge zu mathematischen Problemen eröffnen.

Vom Verlag wird dieses Buch als »Grundlage für Proseminare, interaktive Lehrformate, Studierendenprojekte oder Abschlussarbeiten« empfohlen. Auch die Autoren sehen Studierende und Mathematiklehrerinnen und -lehrer an Schule und Universität als wichtige Zielgruppe an, wollen aber auch mathematisch Interessierte erreichen, »die bereits über ein solides Grundwissen verfügen.«

In zehn Kapiteln geben die Autoren auf jeweils rund zwanzig Seiten einen kompakten Überblick über die wichtigsten Teilgebiete der Mathematik (Zahlentheorie, Algebra, Lineare Algebra, Gruppentheorie, Graphentheorie, Optimierung, Kombinatorik, Analysis, Geometrie, Topologie). Der Kapitelaufbau ist stets gleich: Zunächst werden wichtige Grundbegriffe der Disziplin beschrieben, dann folgen typische Fragestellungen sowie relevante Anwendungsbeispiele und Ausblicke auf wichtige aktuelle Fragestellungen.

Dabei überraschen die teilweise großen Unterschiede im Schwierigkeitsgrad. Während beispielsweise im Kapitel »Algebra« (mit der sogenannten p-q-Formel) auf Themen aus dem Schulunterricht zurückgegriffen wird, sollte man für »Lineare Algebra« schon eine Anfängervorlesung besucht haben, um die Anwendungen bei neuronalen Netzen verstehen zu können. Im Kapitel »Analysis« erfolgt die Einführung so, wie man es auch schon in der Klassenstufe 11 machen könnte – ein paar Seiten weiter beim Ausblick auf weitere Themen wird dann aber ein sehr abstraktes Beispiel für Normen im unendlichdimensionalen Vektorraum der stetigen Funktionen vorgestellt. Das Kapitel »Topologie« beschreibt auf drei Seiten und mit Fotos, wie man ein Möbiusband aus Papier basteln kann – mit einem solchen Modell habe ich häufig Jugendliche ab zehn Jahren verblüfft. Ein paar Seiten zuvor wird aber eine abstrakte und schwierige Erklärung des Begriffs »Homotopie« gegeben, und ein paar Seiten später geht es um »topologische Räume mit und ohne Metrik«.

Immer wieder wird eine »Denkanstoß« genannte Aufgabe gestellt, über deren unterschiedliches Anforderungsniveau ich mich ebenfalls wundere. So wird etwa im Kapitel »Optimierung« angeregt, »das P-NP-Problem zu recherchieren« – dabei handelt es sich um eines der Millennium-Probleme, für deren Lösung eine Million Dollar ausgesetzt sind. In einem anderen Denkanstoß wird dann wiederum gefragt, warum es sich bei einer (dort abgebildeten) Spirale nicht um den Graphen einer Funktion handeln könne – eine Frage, die ohne Weiteres schon in der 11. Klasse gestellt werden könnte. Im Abschnitt zur Zahlentheorie steht ein Satz, den ich nicht verstehe: »Obwohl es bewiesenermaßen unendlich viele Primzahlen gibt, sind diese noch nicht alle bekannt.« Was haben die Autoren damit gemeint?

Interaktiv zur Lösung

Das Besondere an diesem Buch ist seine umfangreiche Sammlung von Projektvorschlägen. Jedes Kapitel enthält zwischen 10 und 15 Themen, die kurz beschrieben sind und für Seminarvorträge oder Hausarbeiten genutzt werden können. Ausgewählte Projekte sind von den Autoren in Form eines sogenannten Jupyter Notebooks ausgearbeitet worden und stehen auf einer Internetseite zum Download zur Verfügung. Mein Versuch, ein solches Notebook zu testen, schlägt jedoch zunächst fehl. Im Buch und auf der Internetseite erfahre ich nichts darüber, wie genau man mit den Dateien arbeiten kann. Klickt man sie an, so öffnet sich im Browser der Code in der Programmiersprache Python. ChatGPT verrät mir: ›Ein Jupyter Notebook ist eine interaktive Entwicklungsumgebung … [sie] ermöglicht dir, Code, Text, Visualisierungen und Ergebnisse in einem einzigen Dokument zu kombinieren.‹ Weiter kann ich erfahren, welche Voraussetzungen ich auf meinem PC schaffen muss, um ein solches Notebook verwenden zu können. Aber dann beschreibt das KI-Tool noch eine einfachere Möglichkeit, mit der die Datei ohne Installation direkt im Browser geöffnet und betrachtet werden kann. Ob im Buch keinerlei Hinweise dazu gegeben werden, weil die Autoren davon ausgehen, dass vermutlich damit umgehen kann, wer heute Mathematik studiert?

Insbesondere in Form der vielen vorgeschlagenen Projekte vermittelt das Buch unzweifelhaft gute Anregungen für die Lehre im Hochschulbereich. Mathematisch interessierten Laien bietet es einen informativen Überblick über die wichtigsten Teilgebiete des Fachs. Wer darüber hinaus einzelne der sehr attraktiven Themenvorschläge weiterbearbeiten will, muss sich entsprechende Quellen selbst suchen oder doch – allerdings nur für einen Teil der Projekte – am besten die Software installieren, mit der man die Notebooks verwenden kann. Durch das interaktive Arbeiten können sich dann neue, spannende Zugänge zu den mathematischen Problemen eröffnen.

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