»Aufbruch ins Weltall«: Rasanter Ritt durch Raum und Zeit
Die Geschichte der Raumfahrt ist eine von Träumen und Hoffnungen, von Helden und Verlierern, von Scheitern und Erfolg. Auf knapp 200 Seiten erzählen der Autor Arnaud Delalande und der Comiczeichner Éric Lambert in ihrer Graphic Novel, was bisher geschah. Genauer: Sie lassen eine künstliche Intelligenz namens »Vic 766« berichten. Die »allwissende« KI nimmt uns mit auf einen rasanten Ritt durch die Timeline der Himmelserforschung: Wir blicken mit den ersten Astronomen in den Sternenhimmel, entdecken mit Kopernikus das heliozentrische Weltbild und erahnen die Tragweite der Relativitätstheorie von Albert Einstein für die Kosmologie.
Bis wir etwas atemlos nach nur 18 Seiten im 20. Jahrhundert ankommen. Es bildet den inhaltlichen Schwerpunkt des Buchs, das insbesondere den Wettlauf zwischen der Sowjetunion und den USA um Platz 1 in der Weltraumforschung beleuchtet. Dabei verwischen sich immer wieder die Grenzen zwischen Wissenschaft und Politik. War der deutsche Ingenieur Wernher von Braun noch als einer der führenden Köpfe an der Entwicklung der V2-Rakete für Nazi-Deutschland beteiligt, emigrierte er nach dem Krieg in die USA, um dort maßgeblich an deren Weltraumprogramm mitzuwirken. Die abenteuerliche »V2-Story« ist pointiert erzählt, die schnelle Abfolge der Panels sorgt für Dynamik und Spannung. Hier spielt die Graphic Novel als Genre ihre Stärken voll aus.
Im Zentrum stehen die Fort- und Rückschritte der Raumfahrt in der »westlichen Welt« – vor allem in Nordamerika. Lange Zeit missglückte den USA der Sprung auf den Erdtrabanten, ehe den Amerikanern 1969 schließlich doch die erste Mondlandung gelang. Erwähnt wird auch das tragische Scheitern anderer Missionen wie Apollo 1 oder der katastrophal missglückte Start der Raumfähre Challenger, bei dem alle sieben Astronauten starben. Parallel zur »Science-Geschichte« wird die der »Fiction« mit ihren Autoren und Regisseuren erzählt – allen voran Stanley Kubrick, der mit seinem dystopischen Film »2001: Odyssee im Weltraum« das Genre revolutionierte.
Warum Laika der perfekte Weltraumhund war
Die Graphic Novel bietet mit ihrer Tour durch die Raumfahrtgeschichte und Zwischenhalten an wichtigen Stationen einen guten Einstieg ins Thema für interessierte Laien, die eine Alternative zu textlastigen Sachbüchern suchen. Ihnen bietet das Zusammenspiel aus Informationen und Bildern kurzweilige Unterhaltung. Éric Lambert liefert dazu detaillierte Schwarz-Weiß-Zeichnungen. Mal flächig für den Überblick, mal mit Tiefenschärfe, um Technik, Architektur oder Landschaft adäquat darzustellen. Auch die Personenzeichnung ist auf hohem Niveau. Wie mit der Kamera werden hochgezogene Augenbrauen, misstrauische Blicke und steile Zornesfalten der Akteure für uns herangezoomt.
Informationen, Hintergründe und Zusammenhänge sind in Textkästen innerhalb der Bilder zusammengefasst. Innere Monologe und Dialoge spielen sich in Sprechblasen ab. Insgesamt ist alles locker erzählt, in weiten Passagen spannend zu lesen und besonders amüsant, wenn Delalande die Geschichten hinter der Geschichte ausarbeitet. Etwa, wenn er von den Tieren berichtet, die zu Beginn der Raumfahrt als »Versuchskaninchen« herhalten mussten: Fliegen, Frösche, Fische, Mäuse, Affen und immer wieder Hunde. Wie die Hündin Laika, die in der russischen Raumkapsel Sputnik 2 1957 als erstes Lebewesen die Erde umrundete. Warum eine Hündin? Die Antwort gibt ein Ingenieur: »Weil sie anders als ein Rüde zum Pinkeln nicht das Bein hebt. So braucht sie in der Kapsel weniger Platz.« Kleinere Kapsel, geringere Kosten.
Einige Passagen geraten aber zu detailliert, wirken so überfrachtet und weichen die reportierende oder einordnende Erzählweise im Buch unnötig auf, zum Beispiel die seitenlangen Dialoge zwischen Bodenstation und Apollo 13-Astronauten. Langatmig muten auch die Extraseiten über deutsche Astronauten an, die schon im All waren und vielleicht in Zukunft noch dorthin abheben werden. Auch auf den Ausblick in eine Zukunft, in der eine Schulklasse auf dem Mars landet und den Roten Planeten besiedeln soll, hätte die Graphic Novel gut verzichten können. Denn abgesehen von diesen kleinen Schwächen ist sie rundum gelungen.
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