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Ein. Aus. Ein. Aus

Ein Journalist begibt sich auf die Suche nach der Atemtechnik, die gesund und glücklich macht. Das ist unterhaltsam, lässt aber Fragen offen.

Durchschnittlich 670 Millionen Mal fließt die Luft im Lauf des Lebens in unsere Lungen und wieder heraus. In der Regel passiert das vollkommen automatisch. Dass dieser Vorgang jedoch komplexer ist, als wir meinen, und wir gut daran täten, stärker auf ihn zu achten, will James Nestor mit seinem Buch zeigen.

Die Lungen des Journalisten waren häufig entzündet, seine Nebenhöhlen verstopft. Der Arzt empfahl ihm einen Atemtechnikkurs – und Nestor war schon nach der ersten Sitzung von der Wirkung der Übungen überzeugt. Zehn Jahre lang eignete er sich anschließend Wissen zum Thema an. Dafür besuchte er neben einem Nasenchirurgen, einer Gebissforscherin, einem Apnoetaucher und einem Neuropsychologen viele begeisterte Anhänger meist wenig erforschter Atemtechniken. Für seine Recherchen probierte er allerlei aus. So verstopfte er sich zehn Tage lang die Nasenlöcher, um nur durch den Mund atmen zu können.

Seine Reisen und Erkenntnisse schildert er unterhaltsam und detailreich. Man erfährt unter anderem, dass unsere Vorfahren deutlich seltener an Atemwegsproblemen gelitten haben. Erst als der Mensch mit der Einführung verarbeiteter Lebensmittel weniger kauen musste, scheinen sich die Mund- und Nasenhöhlen verengt und die Zähne schief gestellt zu haben, was unseren Luftstrom heute behindert.

Aber bitte durch die Nase

Wie schädlich die Mundatmung auf Dauer ist, erfuhr Nestor am eigenen Leib. Während seines Mundatmungs-Experiments stieg sein Blutdruck, er schnarchte stärker und hatte Atemaussetzer im Schlaf. Dass Nasenatmung gesünder ist, war schon vor Jahrhunderten in Ägypten und China bekannt. Doch auch wie wir ein- und ausatmen, hat einen Effekt. Einige Spitzensportler trainieren gezielt, die Zeit zwischen Ein- und Ausatmen zu verlängern, um ihrem Körper einen Leistungsschub zu geben. Wer dagegen kurzzeitig intensiver atmet, kann sogar seine Körpertemperatur steigern.

James Nestor beschreibt mehrfach die Arbeit einzelner Forschender aus den vergangenen Jahrzehnten. Von deren Befunden ist er überzeugt. Er erweckt den Eindruck, als seien die Techniken so gut, dass sie heute eigentlich standardmäßig angewandt werden müssten. Aber warum haben sie sich dann nicht als wissenschaftlicher Konsens durchgesetzt? Oder sind die Verfahren doch nicht so heilsam, wie der Autor glaubt? Das bleibt unklar. Auch ist bislang wenig darüber bekannt, wie die Atemtechniken genau wirken. So bleiben die Mechanismen letztlich rätselhaft.

Die Atmung sei ein meist übersehener Tragpfeiler der Gesundheit, meint der Autor. Die richtige Technik könne bei verschiedenen Krankheiten helfen, von Asthma über Angststörungen bis zu ADHS. Wer sich jedoch konkrete Tipps zur Heilung bestimmter Leiden gewünscht hat, wird enttäuscht. Atemübungen können zwar wohltuend wirken; das ist durch Yoga und Meditation längst bekannt. Bevor wir allerdings in der Arztpraxis die »richtige Atmung« verschrieben bekommen können, muss noch viel geforscht werden.

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