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Fakten und Infos zum Coronavirus

Ein medizinischer Rundumblick über das Virus, das unsere Welt verändert hat.

Im März 2020 erhielt der Autor einen Anruf von einem Freund aus dem damaligen Corona-Hotspot Italien, der ihm von der katastrophalen Lage vor Ort berichtete. Anschließend nahm die Pandemie ihren Lauf und verbreitete sich rund um die Welt, verängstigte Menschen. Nicht nur die Zahl der Infizierten wuchs exponentiell an, auch die Verschwörungstheorien zu dem Thema. So emotional das Buch »Das Coronavirus verstehen« im Vorwort beginnt, umso sachlicher ist der Ton auf den folgenden 163 Seiten. Der Systembiologe und medizinische Informatiker Raúl Rabadán von der Columbia University in New York, der an Evolutionsmustern bei Viren und Krebs forscht, möchte in seinem Werk über die medizinischen Hintergründe der Pandemie aufklären.

Prägnante Fragen

Das an interessierte Laien adressierte Buch ist mit kurzen Kapiteln, betitelt durch Fragen wie »Was sind Coronaviren?« oder »Wie dringt das Virus in menschliche Zellen ein?«, einfach aufgebaut. Trotz der Dauermedienberichterstattung kann man Neues erfahren: Zum Beispiel erklärt Rabadán den Unterschied zwischen Mortalität (Häufigkeit der Todesfälle) und Morbidität (Erkrankungshäufigkeit); oder dass eine echte »Quarantäne« eigentlich 40 Tage dauern müsste (denn das Wort stammt vom italienischen »quaranta giorni«); sowie dass bei einem ungebremsten exponentiellen Wachstum der Infektionszahlen die gesamte Weltbevölkerung in sechs Monaten infiziert wäre.

Was aber noch viel wichtiger ist – und vielen nicht bewusst zu sein scheint: Corona ist nicht gleich Corona. Uns beschäftigt seit etwas mehr als einem Jahr Sars-CoV-2, ein Mitglied der Virenfamilie Coronaviridae, die ihren Namen erhielt, weil die Spikeproteine auf ihrer Oberfläche im elektronenmikroskopischen Bild einer Krone (lateinisch: corona) gleichen. Sars steht für »severe acute respiratory syndrome«, und die zum Virus gehörende Krankheit heißt Covid-19, weil sie erstmals im Dezember 2019 im chinesischen Wuhan beobachtet wurde.

Die Coronaviren haben einen Durchmesser von etwa 100 Nanometern und mit 30 000 Basen das längste RNA-Genom aller Viren. Es gibt Alpha-, Beta- und Gammacoronaviren. Sars-CoV-2 gehört, ebenso wie Sars-CoV, dem es stark ähnelt und das 2002 die Sars-Epidemien ausgelöst hat, zur Betagattung.

Bei der Definition von Viren drückt sich Rabadán absichtlich schwammig aus, wenn er sie als »am weitesten verbreitete biologische Gebilde« beschreibt, denn sie haben keinen Stoffwechsel, keine Entwicklung und keine Wahrnehmung – alles Merkmale des Lebendigen. Sie legen ihren Fokus ganz auf die Fortpflanzung. Alles, was sie dafür brauchen, ist ein Wirt. Der Autor erklärt ausführlich, wie sie mit Hilfe ihrer Spikeproteine eine Zelle infizieren und dort zehntausende Kopien ihrer selbst produzieren. Bei einem Kopierfehler gibt es eine Mutation. Viel wichtiger für die Evolution der Viren ist allerdings die Rekombination, die auftritt, wenn zwei Viren gleichzeitig eine Zelle befallen. In der Medienberichterstattung scheinen beide Phänomene unter »Mutation« zu firmieren.

Ein eigenes Kapitel widmet der Autor dem immer wieder aufkeimenden Mythos, Covid-19 sei nicht mehr als eine Grippe. Er stellt klar, dass die Corona- und die Influenzaviren in keiner Weise miteinander verwandt sind. Zudem besteht bei Menschen keine Immunabwehr gegen Sars-CoV-2, weil das Virus neu ist und unser Körper noch keine Chance hatte, sich daran zu gewöhnen – ganz im Gegenteil zum jährlich wiederkehrenden Influenzavirus.

Es ist schade, dass Rabadán so wenig auf die Ursachen für Zoonosen eingeht, Infektionskrankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragbar sind (und umgekehrt). Eine gute Ergänzung für interessierte Leserinnen und Leser ist daher das Buch »Spillover. Der tierische Ursprung weltweiter Seuchen« von David Quammen.

Ein Minuspunkt, für den der Autor nichts kann, ist das frühe Erscheinungsjahr. Das Buch wurde im ersten Jahr der Pandemie zur schnellen Orientierung verfasst, weshalb von Schnelltests vor Geschäften und in Schulen sowie von Impfungen nicht konkret die Rede ist. Wie sehr sich der Verlag mit der Veröffentlichung beeilt hat, merkt man, wenn auf einer Seite noch Lektoratsanmerkungen in Klammern auftauchen. Seltsam erscheint auch, dass die für die vielen bunten Illustrationen verantwortliche Zixuan Wang nur im Vorwort unter »Dank« erwähnt wird. Insgesamt bieten sich die Informationen perfekt für Einsteiger an und sind alles andere als veraltet – und damit durchaus lesenswert.

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