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»Das Geheimnis der Wolken«: Der bewölkte Himmel über uns

Wer Vincenzo Levizzanis Ausführungen folgt, kann gar nicht anders, als immer wieder den Blick gen Himmel zu richten. Ein ebenso lehrreiches wie heiteres Buch.

Warum sollte man ein Buch über Wolken einem wissenschaftlich interessierten Publikum nahebringen? Zum einen, weil Menschen auf der Suche nach Erkenntnis ihren Blick immer schon auch nach oben gerichtet haben, tags wie nachts. Zum anderen, weil sich wohl jeder, der nachts den Himmel beobachten wollte, tagsüber gefragt haben wird, ob ihm die Wolken nachts eine Chance dazu lassen würden. Und ein dritter Grund folgt später in diesem Text ...

Die insgesamt knapp 300 Seiten dieses Buchs sind – abgesehen von einer knappen Einführung, einem kurzen Epilog und einem Anhang – in acht Kapitel gegliedert. Das längste davon erstreckt sich über 50 Seiten, zwei Kapitel nehmen jeweils etwas mehr als 40 Seiten ein, der Rest kommt mit einem Umfang von etwa 10 bis 25 Seiten aus. Das Buch ist mit insgesamt 148 Abbildungen reich illustriert, in zwei Kapiteln finden sich jeweils über 30 von ihnen. Sie zeigen Wolken- und Nebelformationen, Eiskristalle und Wassertröpfchen, erläuternde Skizzen und Schemazeichnungen. Dazu kommen Tabellen und Übersichten, beispielsweise von Bezeichnungen für Wolken und daraus eventuell zu erwartendem Niederschlag.

Im ersten Kapitel bietet Autor Vincenzo Levizzani einen historischen Überblick über die Auseinandersetzung des Menschen mit den Wolken; das zweite stellt die moderne Klassifizierung der Wolken vor und erläutert ihren Sinn; das dritte erklärt, wie Wolken entstehen; das vierte beschreibt, in welch vielfältigen Formen und Zuständen Wasser in Wolken auftritt; und das fünfte schildert, wie es schließlich zu Regen oder anderem Niederschlag kommt. Im sechsten und längsten Kapitel werden Personen vorgestellt, die sich um die Erforschung der Wolken besondere Verdienste erworben haben, und Methoden, mit denen Wolken untersucht wurden und werden. Die Kapitel sieben und acht schließlich stellen den Zusammenhang zwischen Wolken und Wetter beziehungsweise Wolken und Klima her.

Das Buch steckt voller Details, die es aber immer aus einem sichtbaren roten Faden heraus entwickelt. Es erklärt in knappen Worten Wesentliches (»Wolken entstehen immer und ausschließlich durch das Aufsteigen warmer und feuchter Luft«, S. 66; »Wolken [entstehen] nie aufgrund homogener […] sondern aufgrund von heterogener Nukleation […] Tatsächlich braucht es bestimmte atmosphärische Aerosolpartikel, um die Nukleation in Gang zu setzen«, S. 122). Levizzani rückt damit zunächst allgemein verbreitete Vorstellungen zurecht und präzisiert sie, bevor er sie weiter vertieft. Schaubilder und Skizzen helfen dabei, die Übersicht zu behalten. So erwächst aus wenigen, überzeugend vorgetragenen Grundlagen eine Vielfalt von Beobachtungen, Erklärungen und Schlussfolgerungen; Zusammenhänge werden erkennbar und verändern tatsächlich schon im Lauf der Lektüre das, was der Leser beim Blick in den Himmel wahrnimmt.

Von Schnee, Sturm und Regen

Meteorologische Großereignisse wie heftige Schneefälle im Gebiet der Großen Seen in den USA und an der italienischen Adriaküste (S. 82 f.) oder die Entstehung zahlreicher Tornados im Mittleren Westen der USA (S. 94 ff.) werden anschaulich und plausibel erklärt. Dabei entstehen zahlreiche (zumindest für mich) überraschende Einsichten wie die, dass in unseren Breiten auch einem Sommerregen ein mehrfacher Wechsel zwischen Wassertröpfchen und Eiskristallen vorausgeht (S. 149 f.); oder die, dass bei diesem Wechsel Wassertröpfchen und Eiskristalle auf ganz unterschiedliche Weise und mit sehr verschiedenen Geschwindigkeiten wachsen oder vergehen (S. 151 ff.). Zahlreiche solcher Erläuterungen vermitteln nicht nur Informationen, sondern schulen auch das Verständnis für die kausalen Zusammenhänge.

Damit kommen wir zum eingangs angekündigten dritten Grund dafür, dieses Buch hier zu besprechen: Es ist nämlich ein echtes Vergnügen für wissenschaftlich Interessierte, Levizzanis Ausführungen zu folgen und zwischendurch immer wieder den Blick darauf zu richten, wie sich während der Lektüre die Wolken verändern. Im Epilog spricht der Autor die Hoffnung aus, »mit meinem Buch Interesse für das Thema geweckt zu haben«, und fordert zur Anwendung des Gelesenen auf: »Betrachten Sie die Wolken als tägliche treue Begleiter, auch wenn der Himmel einmal wolkenlos ist. Warten Sie kurz, dann sind sie wieder da …« (S. 258).

Dieses Ziel erreicht der Autor mit seinem hochwertigen und unterhaltsamen Buch ohne jeden Zweifel. Zwar sind manche Abbildungen recht klein geraten, aber es sind eben auch sehr viele. Das Buch ist hervorragend übersetzt, redigiert und gestaltet, und viele Formulierungen ebenso wie die zitierten Gedichte lassen erkennen, dass wissenschaftliche Kenntnis und Leidenschaft des Autors in einem viel weiteren Kontext menschlicher Erfahrung stehen. »Das Geheimnis der Wolken« ist ein auf unaufdringliche Weise lehrreiches, durch seinen bescheidenen, fast heiteren Ton angenehmes Buch, das ich nur wärmstens empfehlen kann.

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