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»Das Klima-Buch«: Die Geschichte der größten Krise der Menschheit

Die Klimaaktivistin Greta Thunberg legt mit Dutzenden Experten ein Buch vor, das helfen soll, Zusammenhänge rund um die Klimakrise besser zu verstehen. Eine Rezension
Ein Mann hält ein Plakat hoch mit »One Planet - one chance«

Stürme, Dürren und Hitzewellen werden nicht nur häufiger, sondern auch immer extremer. Was wir gerade erleben, ist nur der Anfang eines Klimawandels, verursacht durch Emissionen von Treibhausgasen der modernen Gesellschaft. Wissenschaftler warnen davor, dass wir in eine Epoche dramatischer Veränderungen eintreten. Wenn wir nicht bald handeln, sind nicht nur Fauna und Flora bedroht, sondern letztlich auch unsere eigene Existenz.

Das Versagen der Politiker

»Der erste Schritt zur Bewältigung einer Krise ist, zu erkennen, dass man in einer Krise steckt«, schreibt die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg. »Und da sind wir noch nicht.« Den meisten von uns sei nicht bewusst, wie ernst und drängend die Klimakrise ist. Viele kümmere es auch nicht, und Politiker nimmt Thunberg da nicht aus. Statt endlich zu handeln, würden sie immer wieder Zusagen machen, die sie nicht einhalten, und ihre meist vagen Ziele regelmäßig verfehlen.

Thunberg wirft den Regierenden vor, völlig versagt zu haben. Und das täten sie weiterhin. Denn die Zeit für kleine Schritte in die richtige Richtung sei längst vorbei. »Wenn die Badewanne überzulaufen droht, macht man sich nicht auf die Suche nach Eimern oder legt Handtücher auf dem Boden aus«, erklärt die 19-jährige Autorin. »Als Erstes dreht man den Wasserhahn ab, so schnell es geht.« Das Wasser laufen zu lassen, heiße, das Problem zu ignorieren oder es sogar zu leugnen.

Die Rolle der Medien

Versagt hätten aber nicht nur unsere politischen Führungskräfte, sondern auch die Medien. Es sei ihre Schuld, dass wir die Klimakrise nicht aufhalten können. Weil die Medien nur unzureichend und nicht ehrlich über die Krise berichten, kämen die Informationen nicht bei den Bürgern an. Man werde belogen und im Unklaren gelassen und damit der demokratischen Rechte beraubt, wirft Thunberg den Medien vor.

Dabei seien die Medien jetzt stärker gefordert denn je. Denn es gäbe keine andere Instanz, um die erforderliche Transformation unserer Gesellschaft herbeizuführen. Zu groß sei unsere Aufgabe, zu wenig Zeit bliebe zum Handeln. Vor allem müssten die Medien anfangen, die Klimakrise als die Existenzkrise zu behandeln, die sie sei. Sie sollte die Nachrichten beherrschen. Dafür müsse deutlich werden, dass die Zeit drängt. Wenn man das ignoriere, sei die »größte Krise der Menschheit« nur ein Thema unter vielen anderen.

Wie wir die Krise bewältigen können

Noch ließe sich eine globale Katastrophe verhindern. Das erfordere aber, dass wir die CO2-Emissionen weltweit drastisch reduzieren – und zwar sofort und nicht nur auf dem Papier: Auch wenn Politiker behaupten, die Emissionen sänken bereits, sei das de facto nicht der Fall. Der CO2-Ausstoß nehme sogar weiterhin zu. Denn in den Statistiken tauchten oft weder die Emissionen des internationalen Flug- und Schiffsverkehrs noch die Abgase der ins Ausland verlegten Industrie auf. Auch das CO2, das beim Verbrennen von Wäldern freigesetzt wird, erscheint in keiner Rechnung.

Um die schlimmsten Folgen dieser Krise noch abzuwenden, müsste eine kritische Masse von Menschen zusammenkommen, um die nötigen Veränderungen zu fordern. Vor allem dürften wir Fortschritt nicht länger durch Wirtschaftswachstum und Bruttoinlandsprodukt definieren. Was wir bräuchten, sei eine völlig neue Denkweise. Etwas, was es noch nie zuvor gegeben hat.

Kompaktes Expertenwissen

Wie das konkret aussehen soll, kann Thunberg nicht sagen. Das muss sie auch nicht. Denn ihr Anliegen ist nicht, fertige Lösungen zu liefern. Vielmehr geht es ihr darum, Bewusstsein für die Dringlichkeit der Klima- und Ökologiekrise zu schaffen. Und das gelingt ihr ziemlich gut. Immerhin hat sie es geschafft, Millionen Menschen weltweit auf die Straße zu bringen, um für eine lebenswerte Zukunft zu kämpfen und eine Politik zu fordern, die die Bewältigung der Klimakrise ernsthaft angeht.

Mit dem »Klima-Buch« wollte sie eine Art Nachschlagewerk schaffen. Das soll helfen, die verschiedenen, eng miteinander verflochtenen Krisen zu verstehen. Dafür hat sie sich etwa 100 Experten zu Hilfe geholt. Darunter sind nicht nur namhafte Wissenschaftler, sondern auch Aktivisten und Publizisten. Viele von ihnen kommen aus Regionen, die schon jetzt viel stärker vom Klimawandel betroffen sind als die Länder des globalen Nordens. Tatsächlich stammen nur etwa 50 der insgesamt 480 Seiten von Greta Thunberg selbst.

Die immense Vielfalt an Expertise macht das Werk zu einer faszinierenden Sammlung von Klimafakten, die den aktuellsten Stand der Wissenschaft widerspiegelt. Trotz des fachlichen Anspruchs sind die Texte leicht verständlich. Hilfreich dabei sind die vielen Grafiken und ganzseitigen Fotografien. Einziges Manko ist der fehlende Quellennachweis. Den muss man sich separat im Internet herunterladen. Außerdem wäre es hilfreich, am Anfang oder am Ende der Texte (und nicht nur im Inhaltsverzeichnis) ein oder zwei Sätze über den jeweiligen Autor zu finden.

Das Buch macht deutlich, wie komplex die Krise ist, in die wir uns selbst hineinmanövriert haben und aus der wir jetzt den Ausgang nicht mehr zu finden scheinen. »Das ist die größte Geschichte der Welt«, konstatiert Greta Thunberg. »Es ist Zeit, dass wir diese Geschichte erzählen und vielleicht sogar ihren Ausgang verändern.«

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