»Das Universum«: Ein Bilderbuch für Große
Erinnern Sie sich an Ihren Schulatlas? Jede Menge Karten, politische und geografische, von allen möglichen Teilen des Erdballs. Und hinten: ein paar wenige Seiten mit interessanten Grafiken zum Planeten Erde, zu Sonnenfinsternissen oder gar dem Sonnensystem. Wenn Sie sich diese Grafiken gern angesehen haben, dürfte Ihnen das Buch von Zack Scott gefallen: Es lädt ein zu einer Reise durch die Astronomie auf rund 240 Seiten mit vielen Infografiken und nur wenigen längeren Textblöcken.
Das Buch ist in sechs Kapitel gegliedert. Es geht auf 88 Seiten um das Sonnensystem, auf 66 Seiten um Sterne und auf 20 Seiten um Exoplaneten. 28 Seiten sind Galaxien gewidmet, 18 Seiten dem Urknall und 10 weitere dem Ende des Universums. Der Fokus liegt also auf unserer kosmischen Heimat, auf den Planeten, ihren Monden und eben den Objekten, welche die Menschheit bereits mit Raumsonden erkundet hat. Das passt zur beruflichen Vorgeschichte des Autors: Bevor er sich als Illustrator selbstständig gemacht hat, war er in der Luftfahrtindustrie als Ingenieur tätig.
Wie es sich für einen Atlas gehört, steht jede Doppelseite für sich. Das Buch erzählt also keine Geschichte, und nur ganz selten wird auf eine andere Seite verwiesen. Man kann es also einfach in die Hand nehmen, etwas darin schmökern und es dann auch wieder zur Seite legen. Das entspricht dem Zeitgeist: nach Möglichkeit nicht zu lange oder zu komplizierte Dinge diskutieren – Edutainment eben. Man könnte auch sagen: Das Konzept eines Bilderbuchs für Kinder wird in die Welt der Erwachsenen übertragen.
Ein schöner Überblick mit kleineren Schwächen
Was dem Buch dadurch natürlich fehlt, ist die fachliche Tiefe. Zwar gibt es zu Beginn jedes Kapitels ein paar Seiten, die sich der Messtechnik und der zu Grunde liegenden Physik widmen. Das funktioniert bei der Frage »Wie misst man Abstände zu Sternen?« ganz gut. Bei der Erklärung, was Schwarze Löcher sind, bleibt der Text für meinen Geschmack zu oberflächlich. Aber da ohnehin die Illustrationen im Zentrum des Buchs stehen, ist das Vorgehen nachvollziehbar.
Weniger verständlich ist, dass einige der Illustrationen Schwächen aufweisen – etwa auf den Übersichtsseiten für jeden Planeten. Dort hat der Autor versucht, jeweils einen scheckkartengroßen, grafischen Steckbrief zu erstellen. Diese wirken jedoch etwas willkürlich, da die präsentierten Informationen (wie die Größe des Planeten oder seine Umlaufdauer) in keinem direkten Zusammenhang zueinander stehen. Viel interessanter wäre es hier gewesen, die Informationen so aufzubereiten, dass der Leser unmittelbare Vergleiche zwischen den einzelnen Planeten anstellen kann. An anderer Stelle bezeugt eine Illustration, dass der Autor den entsprechenden physikalischen Sachverhalt nicht verstanden hat: Sterndurchmesser können zwar interferometrisch gemessen werden – aber das funktioniert nicht so, wie es die Grafik auf Seite 105 suggeriert. Und bei schlechter Beleuchtung sollten sie Scotts Werk nicht genießen – die gewählte Schriftart und -größe sind etwas schwer zu lesen. Das ist verwunderlich, denn für das Verständnis der Infografiken ist es schon wichtig, die kurzen Texte zu erfassen, die ihren Inhalt erläutern.
Trotz dieser Schwächen hinterlässt das Buch insgesamt einen ausgesprochen guten Eindruck – einfach aufgrund der Kombination von spannender Information und schöner Grafik. Sie werden es sicher nicht bereuen, wenn Sie sich diesen Atlas des Alls zulegen. Einen wortwörtlich schönen Überblick bietet er allemal.
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