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»Die Chronistin der Meere«: Herrn Svenssons Staunen über das Meer

Patrik Svensson schreibt in inspirierenden Essays zu Routen alter Seefahrer, Pottwalen, der wahren Geschichte Magellans und Rachel Carson, der Chronistin der Meere.
Ein Schwarm silbrig glänzender Goldbrassen (Fische) zieht durch das tiefblaue Meer

Svenssons Faszination beginnt mit einem Buch über die Fische der Meere. Seine Mutter liest ihm als Kind eine Menge Bücher vor. Aber eines, ein Sachbuch über Haie, Seeteufel, Makrelen und Kabeljaue, lässt ihn nicht mehr los. Er sei wie besessen davon gewesen, schreibt Patrik Svensson. Die Welt, die sich in den Tiefen der Meere mit diesen seltsamen Wesen verbarg, war »so wunderbar fremd«. Mit dem Vorlesen dieses Buches schenkt ihm seine Mutter – die das Meer selbst so gar nicht liebte – das Staunen über das Meer, die Faszination für die Wesen, die dort leben, und für die Menschen, die es erforschen.

Patrik Svensson ist ein schwedischer Journalist. Berühmt machte ihn sein Bestseller »Das Evangelium der Aale«. Ein ganzes Buch nur über Aale! Wobei er auch hier Persönliches einflicht, hier seinen Vater, mit dem er die Leidenschaft für dieses geheimnisvolle Wasserwesen teilt.

So ist es auch in diesem Buch eine persönliche Geschichte, die Patrik Svensson antreibt, insgesamt acht Essays über das Meer und die Menschen zu schreiben. Diese sind mal mehr, mal weniger poetisch. Sie handeln vom bedrohten Leben des Pottwals, davon, wie das Meer den Takt des Lebens bestimmt, Menschen das Navigieren auf See erkunden oder die Tiefe der Meere vermessen. In drei Essays stehen einzelne Persönlichkeiten im Fokus – etwa das Leben des schottischen Bäckers Robert Dick. Den Hobbygeologen trieb eine unstillbare Neugier auf die Naturwissenschaft an. Nach der Arbeit sammelt er unermüdlich erst Pflanzen und dann Fossilien. So entdeckt er den 385 Jahre alten Panzerfisch, den ältesten Beleg zweigeschlechtlicher Fortpflanzung.

Ebenso spannend erzählt Svensson auch die ganz andere Geschichte des ersten Weltumseglers Magellan. Svensson schildert die Seereise eher aus der Sicht seines persönlichen Sklaven Enrique von Malakka, der vielleicht sogar derjenige ist, der die Welt als Erster einmal umrundete. Bislang wird die Geschichte meist so erzählt, dass Magellan 1521 auf der Philippineninsel Mactan getötet wurde, als er versuchte, in einem Eingeborenenkampf für Frieden zu sorgen. Oder, es heißt noch harmloser: Er sei bei »Auseinandersetzungen« ums Leben gekommen. Doch Svensson eröffnet einen ganz anderen, faktenbasierten Blick auf die damaligen Ereignisse. So ging Magellan gezielt mit 50 kampfbereiten Männern auf die Insel, um mit Gewalt gegen deren Einwohner vorzugehen, die weder die spanische Herrschaft akzeptieren noch den christlichen Glauben annehmen wollten.

Doch es siegt nicht immer die überlegene Waffengewalt. 1500 Einwohner wehrten sich erfolgreich mit Bögen, Messern und Bambusspeeren gegen die Aggressoren, deren Anführer Magellan tot am Strand endete. Schon während der Anreise ging Magellan mit unvorstellbarer Grausamkeit vor. Er setzte die Kapitäne der mitfahrenden Schiffe, die ihn kritisierten, auf unwirtlichen und einsamen Inseln aus oder ließ sie vierteilen. So liest man hier eben nicht das bekannte Epos eines wagemutigen Seefahrers, sondern eine erschütternde Geschichte von Gier, Machtmissbrauch und brutaler Gewalt, bei der fremde Völker im Auftrag der Krone unterjocht wurden, um exotische Rohstoffe zu erbeuten und zur Konversion zu zwingen. Auch wenn Svensson kleinere Fehler bei der Namensgebung neuer Inseln an der einen oder anderen Stelle passieren: Dieser Abschnitt ist ein bemerkenswertes Lehrstück nicht nur über die Grausamkeit von Seefahrern, die etwa auf der Reise für ein Messer drei nackte Frauen eintauschten. Er zeigt auch, wie bis heute die Darstellung der Geschichte immer noch von den Eroberern bestimmt wird.

Die Magie des Staunens – Rachel Carson

Dem Leben der titelgebenden Rachel Carson, der Chronistin der Meere, ist am Ende auch ein Kapitel gewidmet. Die Meeresbiologin, die vor allem durch ihr Buch »Der stumme Frühling« über die Vergiftungen mit DDT bekannt wurde, ist eine wahrhafte Poetin der Meere. Es ist vielleicht nicht die schlechteste Idee, sich nach der Lektüre dieses inspirierenden Buches eines der drei Meeresbücher von Carson vorzunehmen, die zeitlos und wunderbar poetisch vom Leben im Meer und am »Saum der Gezeiten« zu erzählen weiß.

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