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Buchkritik zu »Die Deutschen Raumfahrer und ihre Geschichte«

Zur Zeit gewinnt das Hörbuch auf CD oder Kassette immer mehr Anhänger. So ist es nicht verwunderlich, dass auch Rundfundredakteure, deren tägliches Geschäft ja das Übermitteln von Informationen mit ausschließlich hörbaren Inhalten ist, ihre Chance sehen, auf diesem Markt mit einzusteigen. So gestaltete Andreas Horchler, Hörfunkjournalist des Hessischen Rundfunks, diese Doppel-CD zusammen mit den ersten beiden deutschen Raumfahrern Sigmund Jähn und Ulf Merbold.

Sigmund Jähn war im Jahre 1978 der erste Deutsche im All und flog gemeinsam mit einem russischen Kosmonauten an Bord einer SOJUS-Raumkapsel zur damaligen sowjetischen Station SALJUT-6 und verbrachte dort etwa eine Woche im All. Dieser Raumflug wurde von Regierung der DDR maximal für Propagandazwecke ausgeschlachtet und im Westen, in der Hochzeit des Kalten Kriegs, entweder ignoriert oder gar verspottet. Für viele in Westdeutschland war der erste "richtige" Deutsche im All Ulf Merbold, der im Jahre 1983 an Bord der US-Raumfähre COLUMBIA mit SPACELAB-1 ins All flog und dort ein umfangreiches wissenschaftliches Programm absolvierte. Ulf Merbold flog noch zwei weitere Male ins All, noch einmal an Bord der US-Raumfähre und einmal auch mit einer russischen SOJUS-Raumkapsel zur Raumstation MIR, wo er vier Wochen im All verbrachte.

Interessant und gewissermaßen eine Ironie der Geschichte ist, dass sowohl Ulf Merbold als auch Sigmund Jähn aus dem Vogtland stammen, aber doch sehr verschiedene Lebenswege führten, bevor sie zum Raumfahrer wurden. Bemerkenswert offen berichten beide aus ihrem Leben. Dabei wird auch das Kapitel der Republikflucht von Ulf Merbold, der sich in der DDR zu eingeengt fühlte, zur Sprache gebracht. Sigmund Jähn, Fliegerkosmonaut der DDR, gibt offen zu, dass er sich mit seinem Staat arrangiert hatte und so sein Auskommen als Pilot der Nationalen Volksarmee fand. Er spricht aber deutlich davon, dass sein Flug für die Staatspropaganda der DDR genutzt wurde. Interessant sind auch seine Schilderungen, wie er das Ende der DDR erlebte.

Von besonderem Interesse sind die Schilderungen der verschiedenen Start- und Lande-Erlebnisse und natürlich die Konfrontation mit der Schwerelosigkeit nach Erreichen der Umlaufbahn. Auch die Frage nach dem Umgang mit dem Risiko in der Raumfahrt wird nicht ausgespart und klar beantwortet.

Hörenswert ist vor allem auch, wie sich beide die Zukunft der Raumfahrt vorstellen. Mit Sorge registrieren beide die immer noch ablehnende Haltung der allgemeinen Öffentlichkeit gegenüber Naturwissenschaften und Technologie, daher weisen beide eindringlich darauf hin, dass der Verzicht auf die moderne Technik Millionen Menschen das Leben kosten würde und man nur aufgrund des durch die Technik erreichten Wohlstands von solchen biedermeierlichen Szenarien wie dem tutenden Posthorn und Pferdekutschen auf der Straße träumen kann. Beide propagieren daher, die Naturwissenschaften als Chance für die Zukunft zu sehen. Beide halten einen bemannten Flug zum Mars für durchführbar und auch finanzierbar, besonders dann, wenn die Menschheit endlich damit aufhören würde, enorme Ressourcen in die Erzeugung von immer neuen Waffensystemen zur gegenseitigen Bedrohung zu vergeuden.

Neben diesen Aussagen von Sigmund Jähn und Ulf Merbold stellt Andreas Horchler die historischen Hintergründe dar und bietet somit dem Zuhörer, der mit der Geschichte der Raumfahrt nicht so vertraut ist, einen guten Zugang zu den Inhalten. Die Klangqualität ist durchweg gut, und die CD ist nach Art einer professionellen Radiosendung produziert. Jeweils elf Unterkapitel pro Scheibe erleichtern das direkte Ansteuern von Inhalten und erlaubt so auch das Hören in Teilen. Fazit: Eine interessante Bereicherung des Bücherschranks eines jeden Raumfahrtbegeisterten.

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  • Quellen
Sterne und Weltraum 7/2005

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