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»Die Geschichte von Adam und Eva«: Von der Bibel bis zu den Reiseprospekten von heute

Die biblische Schöpfungsgeschichte hat unsere Kultur geprägt. Wie unterschiedlich sie interpretiert wurde, zeigt Stephen Greenblatts Gang durch die Jahrhunderte.

Der amerikanische Literaturwissenschaftler Stephen Greenblatt ist vor allem durch seine Veröffentlichungen über William Shakespeare und andere literaturhistorische Arbeiten bekannt geworden. In diesem Buch widmet er sich der biblischen Schöpfungsgeschichte und ihren vielfältigen Interpretationen. Sein etwas vollmundiger Untertitel – »Der mächtigste Mythos der Menschheit« – trifft zumindest für die christlichen und westlichen, europäisch geprägten Kulturen zu, da die Geschichte von Adam und Eva unsere Gedankenwelt noch immer durchdringt.

Die – recht einfache – Geschichte kennt fast jeder; sie handelt von der ersten Sünde der Menschen und ihren Folgen. Wie der Schöpfungsmythos im 1. Buch Mose der Bibel berichtet, waren Adam und Eva die ersten Menschen, die von Gott geschaffen wurden. Und sie aßen im Paradies vom Baum der Erkenntnis, was Gott ihnen ausdrücklich verboten hatte. Deswegen wurden Adam und Eva aus dem Paradies gewiesen und mussten fortan ein mühseliges Leben führen. Das bedeutet, im Schweiße des Angesichts arbeiten zu müssen, um sich zu ernähren, und mit Mühen und unter Schmerzen Kinder zu gebären. So war für sie und alle nachgeborenen Menschen der Glückszustand des Paradieses für immer verloren. Nicht nur gläubige Christen kennen diese Geschichte: auch nicht christlichen oder Menschen ganz ohne Glauben sind Redewendungen wie »bei Adam und Eva anfangen«, »seit Adam und Eva« oder »Adamskostüm« geläufig; und wegen des Sündenfalls gilt die Schlange als heimtückische Verführerin und dämonische Verkörperung des Bösen, wie auch der Ausdruck »falsche Schlange« besagt. Und das »Paradies« wird nicht nur in Reiseprospekten weiterhin als der ultimative Sehnsuchtsort bemüht.

Vom Altertum bis in die Gegenwart

Die Geschichte der Schöpfung der Welt und von Adam und Eva wird in der Bibel relativ knapp geschildert, dennoch prägte sie über eine sehr lange Zeit unsere Vorstellungen vom Ursprung des Menschen. Ob diese biblische Erzählung als unverfälschte Wahrheit verstanden werden muss, wie viele Jahrhunderte lang angenommen wurde, oder ob sie »nur« eine literarische Schilderung ist, versucht Greenblatt in seinem Buch zu beantworten. Es geht ihm dabei um mehr, als der Titel »Die Geschichte von Adam und Eva« nahelegt, denn diese wäre rasch erzählt. Er möchte ihre Entstehung und vor allem auch ihre Rezeption erschließen, die sich im Verlauf der Menschheitsgeschichte immer wieder gewandelt hat.

In vierzehn Kapiteln stellt der Autor verschiedene Aspekte der Erzählung des Lebens von Adam und Eva und ihre sich wandelnden Interpretationen in ihrem historischen Kontext dar. Dabei geht er der Frage nach, wie diese Lesarten unsere Vorstellungen von Gut und Böse sowie von Scham und Sünde oder auch unser Frauenbild bis heute beeinflussen. Greenblatts zeitlicher Horizont reicht dabei vom Altertum bis heute. So illustriert er im Kapitel »Menschen vor Adam« die »Prä-Adamiten-Hypothese«, die unter anderem Isaac La Peyrère aufgrund seiner Zweifel an der Darstellung der Bibel entwickelte. Er glaubte, Hinweise dafür gefunden zu haben, »dass es bereits vor der Erschaffung von Adam und Eva Menschen gegeben hatte auf der Erde, Menschen, die jenseits der Mauern des Gartens Eden lebten ...«.

Dass die Schöpfungsgeschichte nicht streng wörtlich verstanden werden sollte, wird auch in einem der letzten Kapitel über »Darwins Zweifel« beschrieben. Nach dessen Evolutionstheorie liegt nämlich der Ursprung der Menschen nicht in einem friedlichen und paradiesischen Zustand oder dem Garten Eden; vielmehr mussten sich, so Darwin, auch unsere Vorfahren wie alle anderen Lebewesen gegen Widrigkeiten der Natur durchsetzen und sich den sich stetig ändernden Lebensbedingungen anpassen. Das bedeutet, dass »der Darwinismus ... nicht unvereinbar mit dem Glauben an Gott« ist, »wohl aber mit dem an Adam und Eva«. Die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse entwerten jedoch die Geschichte von Adam und Eva nicht, so Greenblatt, denn »für viele Menschen heute ... ist deren Geschichte ein Mythos«, und als solcher bietet er »eine unverzichtbare Möglichkeit, nachzudenken über Unschuld, über die Versuchung und über moralische Entscheidungen«.

All dies ist in einem ansprechenden Stil und anschaulich geschrieben; der Text dieser Neuausgabe liest sich flüssig, und der Leser findet im Anhang zahlreiche erklärende Anmerkungen und Literaturhinweise sowie einen Überblick über andere Interpretationen und Schöpfungsgeschichten. Ein Bildteil von 29 künstlerischen, meist farbigen Reproduktionen zum Thema seit dem 3. Jahrhundert runden das lesenswerte Werk ab.

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