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»Die Rückkehr der großen Pflanzenfresser«: Landschaftspfleger auf vier Beinen

Wie wilde Pferde, Rinder und Hirsche seit Jahrtausenden die Landschaften Mitteleuropas gestalten und wie sie das in Zukunft wieder vermehrt tun könnten.

Die letzten in Deutschland wild lebenden Wisente wurden um 1750 geschossen. Den Elchen erging es ähnlich, und Rothirsche dürfen bei uns meist nur in eng abgegrenzten Zonen leben. Abgesehen vom Reh wurden bei uns fast alle größeren Pflanzenfresser ausgerottet oder zum Schutz von Landwirtschaft und Forsten weitgehend aus unseren Landschaften verbannt. Auf der anderen Seite verdeutlichen neuere Forschungsergebnisse, dass diese Tiere früher eine wichtige Rolle als Landschaftsgestalter gespielt und dabei Lebensräume für zahlreiche weitere Arten geschaffen haben. Aber es ist Besserung in Sicht. Zum einen gibt es Naturschutzprojekte, bei denen große Weidetiere als Landschaftspfleger eingesetzt werden. Und es wandern inzwischen immer wieder auch einzelne Wisente und Elche von Polen aus nach Deutschland ein. »Die Rückkehr der großen Pflanzenfresser« liefert einen umfassenden Überblick über die ökologische Bedeutung der »Megaherbivoren«, ihre aktuelle Verbreitung und die Voraussetzungen für ihre Rückkehr.

Das Buch ist in die fünf Themenkomplexe »Arten«, »Ökologie«, »Wildtiermanagement«, »Naturschutz« und »Beispiele aus der Praxis« gegliedert. Nach einer kurzen Einführung beginnt es mit der Vorstellung der »Big Five« – Elch, Rothirsch, Wisent, Auerochse und Pferd. Es folgt ein Kapitel zur ökologischen Rolle der großen Pflanzenfresser seit der letzten Eiszeit: Wie wirken sie auf den Wald? Wem dienen sie als Beute, und welchen Einfluss üben Dung und Kadaver auf den Nährstoffzyklus aus? Eine der im Buch erwähnten Studien fand etwa im Dung von Wildpferden und Wisenten in der Döberitzer Heide bei Berlin rund 50 000 Mistkäfer aus 36 verschiedenen Arten – ein Hinweis auf die enorme ökologische Bedeutung der großen Pflanzenfresser.

Das Kapitel »Wildtiermanagement« beschäftigt sich mit der Geschichte der Domestizierung, Konflikten zwischen Mensch und Wildtier, modernen Jagdkonzepten und anderen möglichen Lösungen für eine friedliche Koexistenz. Im Abschnitt »Naturschutz« geht es um die Bedeutung der großen Pflanzenfresser für den Schutz von Ökosystemen und Arten. Er handelt von »Wilden Weiden«, bei denen halbwilde Pferde und Rinder als ökologischer Ersatz für die ausgestorbenen Wildpferde und Auerochsen dienen, ihrer Bedeutung für den Klimaschutz, der Bedeutung der Waldweide für den Artenschutz und der Rolle von Renaturierungen, Nationalparks und Wildnisgebieten. Im letzten Themenkomplex »Beispiele aus der Praxis« wird anhand von sechs Beispielen anschaulich gezeigt, wie sich große Pflanzenfresser wieder in unsere Ökosysteme integrieren lassen. Unter anderem werden das Projekt »Rewilding Oder Delta« und das »Gut Klepelshagen« in Mecklenburg-Vorpommern vorgestellt.

Lohnende Rückkehr

Die einzelnen Themenkomplexe bestehen aus mehreren kurzen Kapiteln, die von insgesamt 60 Expertinnen und Experten verfasst wurden, die am Ende des Buchs kurz vorgestellt werden. Die Inhalte werden detailreich und in wissenschaftlichem Stil erörtert, sind aber auch für Laien gut verständlich. Quellenhinweise am Ende eines jeden Kapitels geben die Möglichkeit zur vertiefenden Lektüre. Ein übersichtliches Layout, viele Illustrationen, Fotos und Karten machen Lust, durch das Buch zu blättern oder es querzulesen. Ein Stichwortverzeichnis wäre dabei noch eine schöne Ergänzung gewesen.

Dem Buch gelingt der Spagat zwischen wissenschaftlich fundierter Theorie und den Erfahrungen aus langjähriger Praxis, und es präsentiert den aktuellen Wissensstand. In ihrem Ausblick räumen die Herausgeber ein, dass die Rückkehr der großen Pflanzenfresser ein komplexes Geschehen ist und auch Zielkonflikte mit sich bringt. Dennoch plädieren sie dafür, diese Herausforderungen anzugehen. Warum sich das für Natur und Gesellschaft lohnen würde, zeigt das Buch mit überzeugenden Argumenten und in vielen Facetten.

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