Direkt zum Inhalt

Physik: Chaos im Physik-Universum

Der ehemalige Astronaut Ulrich Walter präsentiert in seinem Buch »Die verrückte Welt der Physik« eine erratische Auswahl an Naturphänomenen.

Die Wissenschaft ist wie der Turmbau zu Babel. Mit jedem weiteren Stein, den wir dem Turm hinzufügen, wollen wir den ewigen Wahrheiten des Universums näherkommen. Aber wir werden nie ein Ende erreichen. Da ist sich Ulrich Walter, Physiker und ehemaliger Astronaut, sehr sicher.

Einige der Steine, die den Turm schon heute stützen, präsentiert Walter in seinem neuen Buch »Die verrückte Welt der Physik« einem breiten Publikum. Gleich zu Beginn warnt er: Ganz ohne Mathematik wird er nicht auskommen. Es werde einige Formeln zu seinen Erklärungen geben, die jedoch alle auf Schulwissen basieren.

Was muss man alles über Physik wissen?

Die Zusammenstellung der Themen des Buchs wirkt ein wenig so, als hätte sich ein sehr schlauer Physiker gedacht: Was müssen die Leute meiner Meinung nach unbedingt über das wissen, was die Welt zusammenhält? Und so wechselt der Autor scheinbar erratisch von der newtonschen Gravitation zur eher akademisch geprägten Teilchenphysik und dann wieder zu Astro-Phänomenen, die man von der Erde aus beobachten kann. Walter springt dabei von der Erklärung von Alltagsphänomenen wie die Frage, ob ein dicker oder ein dünner Mensch schneller von einem Sprungturm herunterfällt, gleich zur Bedeutung des Higgs-Teilchens für die Kosmologie und danach zur Stringtheorie auf der Suche nach der Weltformel. Zu guter Letzt unternimmt er dann einen Ausflug in die Epigenetik und beschäftigt sich mit der Frage, wie psychosoziale Belastungen unseren Lebensweg beeinflussen.

Strukturierter wird es dann im zweiten Teil des Buchs. Hier geht es um die »Physik im Großen«. Walter nimmt den Leser mit auf Exkursionen in den Weltraum. Mit diesem ist er zweifelsohne stark verbunden, war er doch selbst im Jahr 1993 an Bord des Spaceshuttles »Columbia«. Der Autor erzählt von der Suche nach Leben im All und erklärt, was es mit einem Supermond auf sich hat, den man von der Erde aus beobachten kann. Dann beschäftigt er sich mit der Dunklen Materie. Da ist es wie verhext, schreibt er. Seit mehr als 100 Jahren suchen wir nach einer exotischen Art von Materie, von der wir wissen, dass sie 84 Prozent unseres Universums ausmacht, weil sie die Drehung von Galaxien wesentlich beeinflusst.

Am Ende des Taschenbuchs unternimmt Walter einen Ausflug in die Technik des Alltags. Er erklärt, warum Flugzeuge fliegen, weshalb Eis glatt ist oder wie man Fußballergebnisse vorausberechnen kann.

Die Leserinnen und Leser erwartet eine unterhaltsame, durchaus spannende Lektüre. Der Autor versteht es, mit seinem Schreibstil zu fesseln, trotz einiger eingestreuter mathematischer Formeln, auf die man aber auch gut hätte verzichten können. Wer sich gern etwas chaotisch durch die unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen treiben lassen möchte, die, entgegen der Ankündigung im Titel, nicht unbedingt alle Physik zur Grundlage haben, verbringt durchaus eine kurzweilige Zeit. Spannung entsteht beim Lesen schon allein dadurch, dass man kaum erahnen kann, worum es im nächsten Kapitel geht. Das ist in etwa so unberechenbar, wie es – trotz aller Mathematik und allem Fachwissen – ein Fußballspiel immer bleiben wird, lieber Herr Walter.

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Geopolitische Orientierungssuche am Amazonas

Klimakonferenz: COP30 in Belém zeigt die geopolitische Neuordnung – die USA fehlen, China muss Position beziehen. Wer zahlt für den Regenwald? Und warum sorgt ein Fonds für Streit? Außerdem in »Die Woche«: Die Eisbachwelle macht schlapp, CO₂ soll in den Meeresboden und die Geschichte der Toilette.

Spektrum - Die Woche – Von der Entropie zur Quantengravitation

Die Verbindung von Schwerkraft und Quanten ist ein zentrales Rätsel der Physik. Die Informationstheorie liefert Antworten – und vielleicht den Schlüssel zur Quantengravitation. Außerdem: Eine Revolution des Bauens? Carbonbeton benötigt im Vergleich zu Stahlbeton nur einen Bruchteil des Materials.

Sterne und Weltraum – Raumzeit: Experimente zur Quantennatur

Die Relativitätstheorie Albert Einsteins ist das Meisterwerk zur Beschreibung der Schwerkraft. Seit Jahrzehnten steht aber die Frage im Raum, ob die Gravitation auf submikroskopischen Längenskalen modifiziert werden muss. Gibt es quantenhafte Austauschteilchen, die Gravitonen? In unserem Titelbeitrag stellen wir Überlegungen vor, wie man experimentell eine Quantennatur der Raumzeit testen könnte. Im zweiten Teil unseres Artikels zur Urknalltheorie beleuchten wir alternative Ansätze zur Dunklen Energie: das Local-Void- und das Timescape-Modell. Außerdem: Teil zwei unserer Praxistipps für die Astrofotografie mit dem Smartphone – Mond und Planeten im Fokus, die Ordnung im Chaos des Dreikörperproblems und woher stammen erdnahe Asteroiden?

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.