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»Die Wasserstoff-Wende«: Schöne neue Wasserstoff-Welt

Akteure in Norddeutschland, die rund um Wasserstoff arbeiten, stellt die Autorin lesenswert vor, auch wenn sie manchmal abschweift. Eine Rezension
Die chemische Formel für Wasserstoff

Alle Räder stehen still, lautet die Hymne eines Arbeiterlieds. Etwas Ähnliches sieht Monika Rößiger in Nordfriesland, als sie den Bürgerwindpark Ellhöft besucht. Alle Windräder stehen still, obwohl eine steife Brise weht, mit der sich die gewaltigen Windturbinen drehen und grünen Strom produzieren könnten. Nicht nur die Windräder, die die Autorin sieht, auch andere in der Umgebung wurden angehalten. Im Arbeiterlied sind es Menschen, die die Räder der Maschinenwelt aus Protest stoppen, hier ist es das Einspeisemanagement. Grund sind die Kern- und Kohlekraftwerke, »obwohl Ökostrom qua Gesetz vorrangig eingespeist werden soll«, moniert die Autorin. Zudem der nicht erzeugte Windstrom auch noch bezahlt wird.

Das Buch ist eine wertvolle Ergänzung zu anderen Texten

Diese »absurde Geschichte« ist für Rößiger der Grund, ein Buch über diesen und anderen Ökostrom zu schreiben, aus dem man unter anderem Wasserstoff herstellen könnte. Doch gibt es nicht schon genügend Bücher über Wasserstoff? Rößigers Werk ist eine wertvolle Ergänzung zu anderen Texten, die oft eher theoretisch über einige Möglichkeiten schreiben. Sie hat hingegen ein »Jetzt«-Buch verfasst, in dem sie vom Tatendrang der Macher und Macherinnen schreibt, die mit »Mut und Ehrgeiz« die Technologien im größeren Maßstab umsetzen – und zwar schon heute.

Ob in der Industrie, dem Verkehr oder der Wärmeerzeugung – Rößiger arbeitet heraus, was wichtig ist und wie konkret einige Akteure daran arbeiten: am Wasserstoff, den Offshore-Windrädern, dem klimaneutralen Stahl, einem Wasserstoff-Pipelinenetz, der Schifffahrt, am Biomethan aus Abwasser, an Kohlendioxidfängern, Vakuumtoiletten, der rußigen Erde Terra Preta der Inka und den Wärmepumpen. Ja, sie schweift manchmal etwas vom eigentlichen Thema Wasserstoff ab hin zu anderen Inhalten der Energiewende.

Dafür findet sie Akteure jenseits der oft schon bekannten. Es ist erfrischend, mal von Wasserstoff aus Windrädern im Hafenwasser einer Ostseeinsel oder einem Elektrolyseur an der Kaikante zu lesen. Oder zu erfahren, wie die Hamburger Hafenlogistik plant, mit Wasserstoff bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu werden. Die Autorin besucht nicht die üblichen Forschungsgesellschaften, sondern auch mal Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in Hamburg, die dort an klimarettenden Projekten arbeiten. Die Macher und Macherinnen stammen aus vielen verschiedenen Bereichen, räumlich allerdings bleibt Rößiger bei ihren Besuchen rund um die Hansestadt.

Ob allerdings das Beispiel der Kupferhütte Aurubis in Hamburg gut gewählt ist, erscheint zweifelhaft. Der Konzern erscheint in dem Buch sehr vorbildlich, wenn er ankündigt, dass er mit Wasserstoff an dem Standort mittelfristig 15 000 Tonnen CO2 einsparen könnte – mit Klimaschutz-Differenzunterstützung. Hier stützt sich die Autorin fast allein auf Pressemitteilungen des Konzerns. Doch in den Medien ist der Ruf von Aurubis durch die Arsen-Dioxin-Skandale aus den 1980er Jahren beschädigt. Den macht auch die von Rößiger angeführte neue Nisthilfe für einen Wanderfalken am Schornstein nicht besser.

Auch wenn es manchmal mehr Tatendrang als kritische Betrachtung der Projekte enthält, ist das Buch unterhaltsam und verständlich geschrieben. Die Autorin stellt nicht nur Daten vor, sondern berichtet stimmungsvoll von ihren Besuchen, wenn in Hamburg der »Himmel wie Blei, das Wasser wie Blei« ist oder von der Nordsee das Sturmtief Ylenia heranrauscht. Sie stellt die Menschen vor, die an der Energiewende arbeiten und mit denen sie spricht.

Rößiger macht eines klar: Wenn es der starke Arm der Menschen will, drehen sich die Räder für die Energiewende. Sie fordert von der Politik, den regulatorischen Rahmen dafür zu schaffen – damit es die Macher und Macherinnen auch weiterhin richtig machen können.

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