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»Die weibliche Angst«: Der Angst den Schrecken nehmen

Frauen leiden häufiger und anders unter Ängsten als Männer. Eine Psychologin und eine Ärztin erklären, warum das so ist und was betroffenen Frauen hilft.

Angststörungen sind weltweit die häufigste psychische Erkrankung. Allein in Deutschland sind 10 Millionen Menschen betroffen. Damit sind Angststörungen fast doppelt so häufig wie Depressionen. Ängste sind für viele Menschen extrem belastend, aber sie sind auch überlebensnotwendig: So gehört die Angst zusammen mit Wut, Ekel, Freude und Trauer zu den Basisemotionen und hat die Funktion, uns vor gefährlichen Situationen zu schützen. Manchmal verselbstständigt sie sich jedoch, meldet sich bereits in an sich harmlosen Situationen oder wird so übermächtig, dass Betroffene in ihrer Lebensqualität stark eingeschränkt sind. Dann ist es wichtig, sich Hilfe zu suchen.

Hierzu ermutigt das Buch der beiden Autorinnen Barbara Voigt und Beate Wagner. Erstere ist Psychologische Psychotherapeutin und Leitende Psychologin an der Medizinischen Klinik der Berliner Universitätsklinik Charité, Letztere ist Ärztin, Wissenschaftsjournalistin und Meditationstrainerin. Aber warum ein Buch, das sich ausschließlich der Angst von Frauen widmet? Ist nicht Angst gleich Angst? Nein, meinen die beiden Autorinnen und liefern dafür zwei wesentliche Argumente: Zum einen sind Frauen viel häufiger von Ängsten betroffen als Männer – auf jeden Mann mit einer Angststörung kommen zwei Frauen. Zum anderen beginnt dieses Ungleichgewicht erst mit der Pubertät: In der Kindheit sind Mädchen und Jungen im Wesentlichen gleich häufig betroffen. Dies deutet auf einen geschlechtsabhängigen Aspekt hin.

Ein wertvolles Buch mit kleinen Schwächen

Die Autorinnen nennen verschiedene Gründe für dieses Ungleichgewicht. Sie liegen in der Erziehung, in der gesellschaftlichen Rolle, aber auch in der Biologie – vor allem der Hormone und der Gehirnstruktur – von Frauen. Da Ängste hauptsächlich in so genannten Schwellensituationen des Lebens entstehen und Frauen mit Pubertät, Schwangerschaften und Menopause mehr hormonell bedingte Schwellensituationen durchlaufen als Männer, sind sie für das Auftreten von Ängsten naturgemäß anfälliger.

Das Buch gliedert sich grob in drei Teile. Im ersten Teil werden die Grundlagen der Angst vorgestellt. Hier geht es um ihre evolutive Entstehung, ihre biologischen Grundlagen sowie die sozialen und gesellschaftlichen Ursachen. Der zweite Teil widmet sich der alltäglichen Angst, also der »normalen« Angst, die zum Leben dazugehört. Der dritte Teil geht auf krankhafte Formen von Angst ein und behandelt zusätzlich Therapien und Selbsthilfestrategien.

Der Text ist informativ und unterhaltsam und wird regelmäßig durch Fallbeispiele aufgelockert. Manche der zur Molekularbiologie getroffenen Aussagen sind allerdings unpräzise oder ungünstig formuliert. So werden sicher nicht »durch das Monoaminoxidase-A-Gen Proteine in der DNA hergestellt«. Unwahrscheinlich ist auch, dass sich ein gesunder Lifestyle positiv auf die Methylierung der Gene unserer schon geborenen Nachkommen auswirkt (beides erwähnt auf S. 111). Hier hätte dem Buch ein besseres Fachlektorat gutgetan. Auch sind im Kapitel über die Vererbung von Angst über epigenetische Mechanismen die Zusammenhänge so stark vereinfacht dargestellt, dass Ausführungen dazu, wie wir mit unserem Lebensstil das Leben unserer Nachkommen beeinflussen können, möglicherweise allzu großen Druck auf zukünftige Eltern ausüben.

Das sind aber letztlich Kleinigkeiten, über die sich hinwegsehen lässt. Insgesamt ist »Die weibliche Angst« ein wertvolles Buch für Frauen jeden Alters, die unter Ängsten leiden. Indem es aufzeigt, dass Ängste in einem gewissen Maße »normal« und »gesund« sind, nimmt das Buch den Betroffenen etwas Druck und ermutigt sie, sich Hilfe zu suchen und sich Strategien zur Bewältigung der eigenen Ängste anzueignen.

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