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Wenn die Welt auf einmal grau in grau ist

Ein gelungenes Buch für Grundschulkinder mit einem psychisch erkrankten Elternteil.

Vogel Avi versteht die Welt nicht mehr: Sein bester Freund Muri, mit dem er sonst gemeinsam den Zauberwald unsicher macht, will auf einmal nicht mehr mit ihm spielen. Und auch sonst benimmt sich der kleine Kobold auf einmal ganz seltsam: Er wirkt niedergeschlagen, zieht sich mehr und mehr zurück, und die Blätter des sonst so bunten Baums, unter dem seine Koboldhöhle liegt, sind dunkel geworden. Was Avi zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnt: Eigentlich geht es gar nicht Muri schlecht, sondern dessen Vater. Der hockt die ganze Zeit nur noch deprimiert in seiner eigenen Höhle, schläft viel und backt gar keine Mooskekse mehr. Ein Gespräch mit der Lehrerin Frau Bolle liefert schließlich die Erklärung: Muris Vater ist krank – auch wenn man das auf den ersten Blick nicht unbedingt vermuten würde. Zum Glück gibt es im Wald die Eule, die eine Spezialistin für »Gedanken, Gefühle und Veränderungen im Verhalten« ist und Muris Vater wieder auf die Beine hilft.

Kein Schnupfen, sondern veränderte Gefühle und Gedanken

»Dunkle Farben im Wunderwald« ist Teil der Reihe »Psychologische Kinderbücher«, die im Rahmen einer Kooperation zwischen Psychologie- und Kunststudenten der Philipps-Universität Marburg entstanden ist. Es soll – so schreiben die Autoren – Grundschulkindern mit psychisch erkrankten Eltern, deren Familienmitgliedern, Freunden, Therapeutinnen und Therapeuten wichtige Informationen sowie praktische Aufgaben und Übungen an die Hand geben. Dabei werden die Leser zunächst spielerisch in Form der Geschichte von Avi und Muri mit der Tatsache konfrontiert, dass es Krankheiten gibt, die sich nicht wie ein Schnupfen äußern, sondern die Gedanken und Gefühle einer Person betreffen. Anschließend folgt ein Teil mit allgemeineren Informationen über psychische Erkrankungen, in dem unter anderem erklärt wird, was genau sich hinter ihnen verbirgt, wie sie entstehen und behandelt werden.

Die Erläuterungen im Buch sind stets einfach und kindgerecht formuliert. Besonders positiv ist, dass auch die Häufigkeit von psychischen Erkrankungen zur Sprache kommt. So erklärt die Eule Avi und Muri etwa: »Wenn ihr 100 Kobold- und Tierkinder nehmt, dann sind ungefähr 25 mit einem Elternteil dabei, der eine Krankheit der Gefühle und Gedanken hat.« Und Muri schließt daraus: »Dann bin ich ja gar nicht allein!« Ein wichtiges Signal für alle Betroffenen, da über psychische Störungen in der Gesellschaft nach wie vor zu selten gesprochen wird.

Der letzte Teil enthält Tipps, was Kinder tun können, wenn die Situation sie zu übermannen droht. Praktische Übungen wie das Formulieren von »Elternaufgaben« und »Kinderaufgaben« und der »Gemeinsame-Zeit-Vertrag« sollen allen Familienmitgliedern durch die schwere Zeit helfen. Und schließlich erhalten die Leser auch die Möglichkeit, Telefonnummern und Kontaktadressen von den Menschen zu notieren, die sie im Notfall benachrichtigen können.

Alles in allem ist das Buch damit ein rundes Werk für Familien, in denen ein Elternteil unter einer psychischen Erkrankung leidet.

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