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Maschinen verstehen

Die Informatikerin Katharina Zweig regt zum Mitdiskutieren über künstliche Intelligenzen an.

Wer fühlt sich nicht – zumindest ab und an – bei Diskussionen um Themen wie künstliche Intelligenz abgehängt? Mit diesem Buch versucht die Informatikprofessorin Katharina Zweig von der TU Kaiserslautern das zu ändern. Ihr zufolge kann und sollte sich jeder an aktuellen Debatten um die Digitalisierung beteiligen, denn dafür sei kein tiefgründiges Verständnis der Informatik nötig.

Dazu führt die Autorin ihre Leser durch das »ABC der Informatik« (Algorithmen, Big Data und Computerintelligenz), indem sie Begriffe, die uns inzwischen fast täglich begegnen, ohne je richtig definiert worden zu sein, verständlich und anhand vieler Beispiele erklärt. Zahlreiche Illustrationen zieren die Kapitel, die komplizierte Sachverhalte oft anschaulich darstellen. Immer wieder taucht die Figur »KAI« auf, eine künstliche Intelligenz, welche die Leser durch das gesamte Buch begleitet.

Gezielte Trennung

Zweig beschreibt, wo Algorithmen überall eingesetzt werden – und welche Folgen das hat. Sie nennt etliche Beispiele: Manche Airlines verwenden Algorithmen, um Personen, die wahrscheinlich zusammengehören, gezielt auseinanderzusetzen, damit sie gegen Gebühr einen anderen Sitzplatz wählen. Neben moralischen Bedenken nennt die Autorin weitere handfeste Nachteile, die ein solches Vorgehen haben kann. So ergaben Studien, dass sich die Notevakuierung einer Familie verzögern kann, wenn die Familienmitglieder nicht beisammensitzen.

Doch die Informatikerin betont, der Einsatz von künstlicher Intelligenz könne durchaus auch positive Effekte haben. Solche Systeme könnten etwa Ärzte dabei unterstützen, Tumoren in radiologischen Scans zu erkennen. Dass KIs jemals den Menschen ersetzen werden, glaubt die Autorin nicht. Die neuen Technologien stellen ihrer Ansicht nach ein zusätzliches Werkzeug dar, das die Arbeit in vielen Bereichen erleichtern könnte.

Immer wieder erzählt die Wissenschaftlerin persönliche Anekdoten, beispielsweise wie sie sich als Biochemiestudentin dazu entschloss, in die Informatik zu wechseln. In einem anderen Kapitel berichtet sie, ihr Ehemann sei kürzlich auf der Autobahn geblitzt worden – und wie man anhand eines Entscheidungsbaums herausfinden könne, mit welcher Strafe er zu rechnen hat.

Besonders interessant sind Zweigs Erfahrungen als Mitglied einer Enquete-Kommission, die seit 2018 für den Deutschen Bundestag über den Einsatz künstlicher Intelligenz debattiert. Zudem schildert sie, wie sie sich mit einem Wissenschaftler austauschte, der mit seiner Arbeitsgruppe einen Algorithmus für den österreichischen Arbeitsmarktservice entwickelt hat. Das Programm soll beurteilen, wie wahrscheinlich eine Arbeit suchende Person vermittelt wird. Anfangs zeigte Zweig sich skeptisch, doch im Lauf der Diskussion überzeugte der Informatiker sie, dass der Algorithmus durchaus positive Effekte bewirken könnte.

Zweig hat unter anderem eine »Risikomatrix« entwickelt, anhand derer sie den Einsatz von Algorithmen in bestimmte Kategorien einteilt. Kaufempfehlungen hält sie für harmlos, autonome Waffensysteme hingegen für bedenklich. Die Autorin schlägt vor, wie man die Programme einzelner Klassen regulieren sollte. Aus ihrer Sicht dürfte man Waffensysteme gar nicht automatisieren.

Obwohl die Autorin zu zahlreichen kontroversen Themen ihre eigene Meinung kundgibt, beleuchtet sie auch andere Standpunkte. Etwa dazu, ob es jemals eine starke KI (vergleichbar intelligent wie ein Mensch) geben könnte – falls so etwas überhaupt möglich ist. Insgesamt animiert Zweig ihre Leser, sich eine eigene Meinung zu bilden und für diese einzustehen – selbst wenn sie keine Experten sind.

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