»Ein Quantum Zukunft«: Und man versteht sie doch
Quantencomputing ist in aller Munde. Häufig liest man von neuen Errungenschaften, doch selten werden in den Beiträgen zur aktuellen Forschung die Hintergründe, Potenziale und auch Grenzen dieser Technologie ausführlich beleuchtet. Hier wollen die beiden jungen theoretischen Physiker Johannes Knörzer und Patrick Emonts Abhilfe schaffen – begeistert von ihrer Lehrerfahrung im Rahmen einer Schülerakademie und motiviert durch den Wunsch, ihren wissbegierigen Großmüttern zu erklären, was es mit Quantencomputern auf sich hat.
Dabei starten die Autoren nicht direkt bei der aktuellen Forschung zum Quantencomputing, sondern erläutern zunächst ausführlich die Grundlagen der Quantenphysik und konzentrieren sich dabei auf die vier Grundkonzepte von Diskretisierung, Superposition, Unschärferelation und Verschränkung. Dabei präsentieren sie nicht nur die naturwissenschaftlichen Fakten selbst. Sie gehen auch auf die Effekte ein, welche die neuen Entdeckungen innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft hatten, und auf den Prozess des wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns an sich, den sie als Zusammenspiel theoretischer und experimenteller Forschungsarbeit schildern.
Dann widmen sich Knörzer und Emonts dem Quantencomputing – und nehmen darüber hinaus mit Quantensimulation, Quantenkommunikation und Quantenmessung auch gleich weitere aktuelle Themen in den Blick, die zwar meist weniger öffentliche Aufmerksamkeit erfahren, aber bereits spannende Erfolge vermelden können.
Ausgezeichnete Didaktik
Ihrem Anspruch, Physik mit wenigen Formeln verständlich zu machen, werden die Autoren vollauf gerecht. Alle Fachbegriffe führen sie sorgsam ein, erklären sie, wo immer möglich, anhand von Alltagsbeispielen, veranschaulichen sie mit Grafiken und sammeln sie in einem Glossar. Die Struktur des Textes ist didaktisch durchdacht, durch regelmäßige Wiederholungen wirken die Autoren einer Überforderung entgegen. Physikalische Grundkonzepte werden zu Beginn des Buchs gesammelt erläutert, am Ende jedes Textabschnitts fasst eine Textbox die jeweils wichtigsten Erkenntnisse zusammen. Wenn bereits erläuterte Konzepte im Verlauf eines Textes für die Anwendungen relevant werden, werden sie dort erneut besprochen sowie teilweise noch ausgeweitet und vertieft. Vom Text abgesetzte Exkurse geben weiterführende Erläuterungen zu Nebenthemen. Auf diese Weise erhalten Leserinnen und Leser nie zu viel neue Information auf einmal, sondern werden behutsam durch das bisweilen unwegsame Terrain der Quantenphysik geführt. Der Stil ist dabei humorvoll, unterhaltsam und motivierend.
Auch wenn die Autoren didaktisch wirklich sehr gute Arbeit leisten, so bleibt die aktuelle Quantenforschung doch ein hochkomplexes Feld. Knörzer und Emonts beanspruchen daher nicht, aktuelle Forschungsvorhaben und -erkenntnisse bis ins letzte Detail zu erklären – dies wäre im Rahmen eines populärwissenschaftlichen Sachbuchs auch nicht möglich. Der Text geht demnach eher in die Breite als in die Tiefe. Man sollte also nicht erwarten, nach der Lektüre im Stande zu sein, einen Quantencomputer bauen, bedienen oder von Grund auf verstehen zu können.
Dennoch vermittelt dieses Buch Leserinnen und Lesern auch ohne Vorwissen ein Grundverständnis des Themas, das es ihnen nicht zuletzt erlaubt, Berichte über neue Forschungserkenntnisse besser beurteilen zu können. Expertinnen und Experten werden bei der Lektüre vermutlich keine neuen Erkenntnisse gewinnen, aber vielleicht durch die ausgezeichnete didaktische Aufbereitung inspiriert, sich selbst daran zu versuchen, ihren Großmüttern oder anderen Wissbegierigen die Quantenphysik näherzubringen.
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