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»Ein Scheiterhaufen der Wissenschaft«: Das Scheitern als Normalfall

Ob bei Einstein, Galilei oder Darwin: Ernst Peter Fischer zeigt eindrücklich anhand zahlreicher Beispiele, dass in Wissenschaft und Forschung bei Weitem nicht alles gelingt. Auch nicht den ganz Großen.
Ein verzweifelter Dreitagebartträger schreit vor dem Hintergrund einer formelbedeckten Schiefertafel seinen Frust über die Unzugänglichkeit der Zahlenwelt heraus

Der Physiker und Biologe Ernst Peter Fischer wurde mit zahlreichen populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen bekannt. Als Wissenschaftshistoriker legt er nun ein Buch über das Leben verschiedener bekannter Forscher vor. Wie der Untertitel »Die Großen an ihren Grenzen« sagt, geht es darum, dass oft auch Nobelpreisträger trotz exzellenter wissenschaftlicher Resultate manche ihrer selbst gesteckten Ziele nicht erreicht haben. Eines der vielen Beispiele ist Albert Einstein, der gegen Ende seines überaus erfolgreichen Lebens keine zufriedenstellende Antwort auf die Frage, was Licht eigentlich sei, geben konnte. In ähnlicher Weise konnte der Biochemiker Francis Crick als Mitentdecker der Struktur der DNA als Grundbaustein der molekularen Genetik einen ähnlich bahnbrechenden Erfolg mit seinen Ideen über die Funktionsweise des Gehirns nicht wiederholen.

Der Autor erzählt dies anhand vieler Beispiele von unerledigten, offenbleibenden und unüberwindlichen Problemen, um auf diese Weise einen neuen Zugang zum Abenteuer Wissenschaft zu ermöglichen öffnen. Um die Entwicklung der Wissenschaft und ihrer Ergebnisse zu verstehen, lohnt es sich, die Menschen dahinter zu kennen. Das vorliegende Buch illustriert, warum in der Forschung trotz großen Bemühens nicht immer alles gelingen kann. Dies liegt oft auch an den Rahmenbedingungen, wie die Biografien berühmter Forscherinnen und Forscher zeigen.

Auch die ganz Großen kennen das Scheitern

So werden 33 Lebensläufe von renommierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf jeweils 10 bis 20 Seiten kurz mit den wesentlichen Fakten dargestellt. Bei den allermeisten handelt es sich um Naturwissenschaftler wie Physiker (Isaac Newton, Galileo Galilei), Atomphysiker (Albert Einstein, Emmy Noether, Max Planck, Fritz Haber), Mathematiker (David Hilbert, Alan Turing), Chemiker und Biochemiker (Alfred Nobel, Linus Pauling) oder Genetiker und Entwicklungsbiologen (Gregor Mendel, Charles Darwin), aber auch die Geisteswissenschaften sind mit Namen wie Friedrich Nietzsche und Sigmund Freud vertreten. Viele der beschriebenen Forscher haben einen Nobelpreis für ihre langjährige wissenschaftliche Tätigkeit erhalten; sie waren also auf ihrem jeweiligen Forschungsgebiet durchaus sehr erfolgreich.

Die einzelnen Kapitel und Biografien sind in sich geschlossen dargestellt, und sie können unabhängig voneinander gelesen werden. So eignet sich das Werk als eine Art Lesebuch, aus dem der Leser sich die ihn interessierenden Themen auswählen kann. Der Text ist flüssig und ansprechend geschrieben, und Literaturangaben zu den einzelnen Personen ermöglichen eine weitergehende Beschäftigung mit ihnen. Insgesamt bietet Ernst Peter Fischer einen neuartigen und auch ungewöhnlichen Blick auf die großen Forscherpersönlichkeiten der vergangenen Jahrhunderte.

So wird in dem Buch den interessierten Lesern nahegebracht, dass nicht nur Geisteswissenschaften wie Philosophie, Geschichte, Literatur oder Musik, sondern auch Naturwissenschaften interessant sind und zur Bildung gehören. Diese grundsätzliche Frage wird in den letzten Kapiteln thematisiert. Autoren wie der Philosoph Jürgen Habermas, der die Belanglosigkeit der Naturwissenschaften proklamiert und meint, die wissenschaftlich erforschte Natur fiele aus dem sozialen Bezugssystem von erlebenden, miteinander sprechenden und handelnden Personen heraus, rufen Widerspruch hervor. Ernst Peter Fischer kritisiert eine solche Haltung zu Recht, und es ist zu wünschen, dass dieses Buch auch dazu beiträgt, die oft künstliche Trennung von Geistes- und Naturwissenschaften zu überwinden.

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