Direkt zum Inhalt

»(Fast) alles einfach erklärt«: Keine Scheu vor Wissenschaft

Einmal quer durch die Physik – von der Entstehung des Universums über die Relativitätstheorie bis hin zu einer Besiedlung des Mars.
Der Planet Mars

Der rote Faden, der sich durch das Buch zieht, ist die unbändige Neugier der Menschen, ihre Umwelt zu verstehen. So herrschte schon bei den Menschen der Bronzezeit eine Faszination für Himmelskörper, was unter anderem durch die bronzene Himmelsscheibe, die im Ziegelrodaer Forst gefunden wurde, belegt ist. Die Scheibe selbst wurde sogar Mittelpunkt internationaler Ermittlungen, weil sie von ihren Findern illegal weiterverkauft wurde.

Mit Analogien zum Alltag erleichtert es Kolorz dem Leser, den Erklärungen für komplexe Vorgänge zu folgen. So nutzt er den Vergleich mit einem nahenden und einem sich entfernenden Martinshorn zur Erklärung des Dopplereffekts und in weiterer Folge für die Rotverschiebung von Galaxien. Mit dieser Entdeckung gelang es Edwin Hubble, die Urknalltheorie und das expandierende Universum zu beweisen.

Über ebendiesen Hubble, nach dem auch das bekannte Weltraumteleskop benannt ist, erfährt man in Kolorz’ Buch nicht nur, dass er zu Schulzeiten eine Sportskanone war, sondern auch, dass er ursprünglich gar nicht Astronomie, sondern Rechtswissenschaften studierte.

Diese Anekdoten über legendäre Wissenschaftler, wie zum Beispiel, dass der große Physiker Isaac Newton wohl ein ziemlicher Exzentriker war, der auch vor dem Diebstahl von wissenschaftlichen Daten nicht zurückschreckte, lockern das Buch auf und machen es zu einer kurzweiligen Lektüre.

Hinzu kommen die klare Sprache des Grimme-Preisträgers sowie zahlreiche Illustrationen zum besseren Verständnis zum Beispiel von Mondphasen oder des Farbspektrums. Sogar die Quantenmechanik wird da »einfach« verständlich.

Um Einsteins Relativitätstheorie zu veranschaulichen, bedient er sich des Beispiels eines Zugs: Der Fahrgast im Zug merkt die Bewegung nicht, da er sich mit derselben Geschwindigkeit bewegt. Für einen Beobachter von außen bewegen sich allerdings sowohl der Zug als auch der Fahrgast. Alle Bewegungen sind also relativ, und nichts steht tatsächlich still. Dieser Gedanke, angewendet auf Zeit und Raum, liegt Einsteins Relativitätstheorie zu Grunde.

Auch der Frage, warum bei solch allgemein gültigen Erkenntnissen wie der Relativitätstheorie oder auch der Evolutionstheorie von »Theorie« gesprochen wird, geht Kolorz nach. Denn in der Wissenschaft geht es nicht darum, ein Ergebnis zu definieren und anschließend Experimente durchzuführen, die dieses untermauern. Im Gegensatz zur allgemeinen Auffassung, Wissenschaft versuche, Erkenntnisse zu verifizieren, geht es in Wahrheit um das genaue Gegenteil, die »Falsifikation«. Es wird also versucht, Beweise gegen eine Annahme zu finden. Und so wäre es theoretisch auch möglich, dass selbst nach tausenden fehlgeschlagenen Falsifikationen der Relativitätstheorie doch eines Tages Informationen aufkommen, die damit nicht vereinbar sind und zu einem nochmaligen Überdenken führen.

Neue Theorien brauchen in der Regel sehr lange, um allgemeine Akzeptanz zu erfahren. Bei der Urknalltheorie ging das erstaunlich schnell: Nach nur knapp 30 Jahren erfuhr sogar noch Georges Lemaître, ihr Urvater, dass durch die Entdeckung der kosmischen Hintergrundstrahlung seine Theorie untermauert wurde.

Das Weltall fasziniert auch heute noch die Menschen. So konnten wir in den letzten Jahren einen Wettstreit der reichsten Menschen der Welt mitverfolgen, wer es als Erster ins Weltall schaffen würde. Auch diesem Sichüberbieten der Superreichen widmet Kolorz ein Kapitel. Ebenso wie dem nächsten großen Ziel in der Raumfahrt, der Besiedlung des Mars. Nach seiner Einschätzung ist jener Mensch, der eines Tages als Erster den Mars betreten wird, bereits geboren. Allerdings sieht uns der Autor noch weit entfernt von einer Kolonialisierung des Roten Planeten im großen Stil.

Und auch das wohl brennendste Thema auf unserem Planeten, die Klimakrise, darf in einem Wissenschaftsbuch nicht fehlen. Kolorz erklärt, dass der Treibhauseffekt bereits Anfang des 19. Jahrhunderts vom Physiker Joseph Fourier entdeckt wurde, und Ende desselben Jahrhunderts fand der schwedische Chemiker Svante Arrhenius heraus, dass die Menschheit durch die Verbrennung von Öl, Gas und Kohle CO2 produziert und damit die Erwärmung der Erde ankurbelt. Die von Menschen verursachte Klimaveränderung, der wir aktuell gegenüberstehen, ist also keineswegs eine neue Erkenntnis.

Das Buch ist eine tolle Zusammenfassung wichtiger Erkenntnisse der Wissenschaft. Wer anschauliche Erklärungen der komplexesten Vorgänge der modernen Physik sucht, ist hier genau richtig.

Kennen Sie schon …

Spektrum der Wissenschaft – Teilchen aus dem Nichts

»Teilchen aus dem Nichts - Der Unruh-Effekt im Labor« befasst sich mit dem Unruh-Effekt, der besagt, dass sich für einen beschleunigten Beobachter das Vakuum plötzlich mit lauter Teilchen füllt. Dies könnte nun bald im Labor beobachtet werden. Daneben: Singvögel und ihre Wahrnehmung des Gesangs, sterbende Sterne, 2-D-Stoffe.

Spektrum - Die Woche – Wie Tiere Katastrophen erspüren

Tieren werden beinahe übersinnliche Fähigkeiten nachgesagt. Dass sie Erdbeben frühzeitig erspüren, hieß es schon in der Antike. Sind all diese wiederkehrenden Beobachtungen Unsinn? Das fragen wir in dieser »Woche«. Außerdem beackern wir das Feld der Phi-Mesonen, die ungeahnte Kräfte wirken lassen.

Spektrum - Die Woche – Das Rätsel um die Atemwegsinfekte bei Kindern

Bald drei Jahre ist das Coronavirus in der Welt – und noch immer ist vieles unklar. Etwa ob schwere Atemwegsinfektionen bei Kindern damit in Zusammenhang stehen. In Berlin läuft derweil ein Pilotprojekt zum Abwassermonitoring, denn: »Nicht jeder geht zum PCR-Test, aber alle müssen zur Toilette.«

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte