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Buchkritik zu »Gartenvögel«

Das Thema "Gartenvögel" ist nicht neu und bietet keine atemberaubenden Überraschungen. Gleichwohl haben die unterschiedlichen Kompetenzen des Autorenpaars ein überaus gelungenes Werk hervorgebracht: Der promovierte Biologe Norbert Schäffer, seit 1999 Leiter der Europa-Abteilung der britischen "Royal Society for the Protection of Birds" (RSPB), ist als Ornithologe und Naturschutzpolitiker am Aufbau von Naturschutzorganisationen sowie der Durchführung von Natur- und Artenschutzprojekten in zahlreichen europäischen und zentralasiatischen Ländern beteiligt. Seine Ehefrau Anita, Ingenieurin für Forstwirtschaft mit Schwerpunkt Umweltbildung, widmet sich bevorzugt der Naturerziehung von Vorschulkindern sowie der Entwicklung von Umweltbildungsmaterialien.

Von der besonderen Begeisterung der Briten für ihre Hausgärten und deren gefiederte Bewohner kann der deutsche Leser nicht nur lernen, die Vogelwelt vor der Haustür neu zu entdecken, sondern vor allem auch, wie man die eigenen Erfahrungen bei nationalen und internationalen Projekten einbringt. So sind auf der beigelegten CD-ROM nicht nur die Rufe und Gesänge ausgewählter Gartenvögel gespeichert, sondern auch ausdruckbare Formblätter zur Erfassung eigener Daten und Beobachtungen.

Zunächst wird erklärt, wie man Vögel am besten beobachtet und bestimmt. Übersichtlich gestaltete und gut bebilderte Textblöcke informieren über Körpermerkmale, Stimme, Lebensraum, Nest und Gelege sowie die Nahrungspräferenzen der 35 wichtigsten Gartenvögel von der Ringeltaube bis zum Gimpel (Dompfaff). Bemerkungen über Wintergäste wie Bergfink und Rotdrossel sowie einige der eher seltenen Gartenbesucher schließen sich an. Hinweise auf Besonderheiten im Verhalten, auf spezielle Anforderungen beim Artenschutz sowie einige Beobachtungstipps – etwa dass eine Art "Gesangswarten" hoch in den Bäumen einnimmt oder "Schlafgesellschaften" bildet – runden den einführenden Teil des Bandes ab.

Die nachfolgenden Kapitel widmen sich allen denkbaren Aspekten der Vogelwelt bis hin zur Ausbreitung der Vogelgrippe. Vor allem das Kapitel "Gartenvögel im Jahresverlauf" bietet Anfängern wertvolle Hilfen: Für jeden Kalendermonat werden die jeweils wichtigsten Ereignisse im Vogel- und Pflanzenleben dargestellt, womit sich oftmals ganz neue Perspektiven auf das eigene Gartenreich eröffnen. Wer nach den Vorschlägen der Autoren einen "vogelfreundlichen Garten" anlegt, wird bald erkennen, dass ein solcher auch für den Menschen – insbesondere für Kinder – die denkbar beste Umgebung bildet.

Was die systematische und standardisierte Beschäftigung mit Gartenvögeln im Sinne von citizen science ("Jedermannswissenschaft") zu leisten vermag, ist leicht einzusehen, wenn es um die Bestandsentwicklung bestimmter Arten geht. Aber sogar die ersten Anzeichen einer bedrohlichen Klimaveränderung lassen sich im eigenen Garten dokumentieren. Wie im Kapitel "Vögel und Klima" verdeutlicht wird, hat sich der Beginn der Vegetationsperiode an vielen Orten nach vorne verschoben, nicht aber die Zeit der Jungenaufzucht bestimmter Vogelarten, sodass diese Hunger leiden, weil ihre Beute-Insekten nicht mehr greifbar sind (Spektrum der Wissenschaft 4/2004, S. 56).

In diesem Ratgeber geht es also um weit mehr als den Bau von Nistkästen, die Anlage von Vogeltränken oder Sinn und Unsinn der Winterfütterung: Im Mittelpunkt steht die Vermittlung eines besseren Gesamtverständnisses für die Lebensweise der Vögel in unserer unmittelbaren Nachbarschaft. Ein glänzend konzipiertes Buch, das Vogelfreunde zu besseren Gärtnern und Gartenfreunde zu besseren Vogelkennern macht.

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  • Quellen
Spektrum der Wissenschaft 12/2006

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