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Buchkritik zu »Genetic Library Construction and Screening«

Schon als ich das Buch in die Hand nahm, war ich skeptisch: was kann heute noch Neues geschrieben werden über das Herstellen von Genbanken und deren Screening – im Zeitalter der kompletten Sequenz-Datenbanken sowohl des Menschen als auch vieler Modellorganismen sowie des Siegeszugs der Array-Techniken?

Die Herausgeber Bird und Smith versuchen, in 3 Abschnitten mit je 2-5 Kapiteln durch verschiedene Autorengruppen (zumeist aus den USA) darauf Antworten zu geben: PCR und Klonierungstechniken, Subtraktion und "differential display" Techniken, und am Schluss "Spezielle Klonierungs- und Screening-Strategien für Genbibliotheken". Die ersten beiden Abschnitte, immerhin 142 von 241 Seiten, erscheinen im Jahr 2002 doch nicht mehr ganz zeitgemäß. Für Kolleginnen und Kollegen, die statt der Kits die Puffer aber selbst mischen wollen, mögen zwar die entsprechenden Rezepte sinnvoll sein. Interessante Seitenaspekte sind sicher auch Bedingungen für "long-range" PCR und das Klonieren entsprechend großer PCR Produkte. Das Klonieren von PCR Produkten funktioniert mit den verschiedenen TA-Cloning Kits allerdings inzwischen so perfekt, dass es dazu eigentlich keines eigenen Handbuchs mehr bedarf. Als Pluspunkt mag man auch eine Art "Marktübersicht" über die verschiedenen Hersteller der Kits, Vektoren und Enzyme ansehen, was aber bei der hohen Frequenz von Firmenübernahmen, Insolvenzen und Neugründungen auch nur von einem zeitlich begrenzten Nutzen sein dürfte. So ist z.B. die Firma "Life Technologies (Gibco/BRL)" dieser Dynamik des Marktes inzwischen schon zum Opfer gefallen (z.B. S. 52, S. 67, S. 124, S. 165).

Das Erscheinungsdatum des Buches (2002) spiegelt auch an anderen Stellen nicht die Aktualität der Einzelbeiträge wider. Die entscheidenden Arbeiten, die im Kapitel des "Differential Display" Steroid-induzierte Zellen zitiert werden, wurden bereits 1998 publiziert. Ähnlich ist es in den beiden Abschnitten über das Klonieren von Genen aus "Two-Hybrid"-Experimenten; die entsprechenden Literaturangaben stammen aus den Jahren 1979-1997. Und außerdem: ein Agarosegel mit einem Marker ohne Größenangaben (S. 66) ist ein Fehler, der jedem Studenten und jeder Studentin im ersten Praktikum dick und fett angestrichen wird – er darf in einem Labor-Handbuch eines renommierten Verlages nicht vorkommen. Oder im Inhaltsverzeichnis: hier heißt das erste Kapitel "Strategies for cDNA Cling and Mapping RNA Transcripts" – man muss schon weiterblättern, um zu verstehen, dass "Cling" nicht etwas ganz Neues ist, sondern nur eine Deletion von 2 Buchstaben und eigentlich "Cloning" meint...

Mein Fazit: ein überflüssiges und schlecht editiertes Buch, das seine 80 ? nicht wert ist.

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  • Quellen
BIOspektrum 2/2003

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