»Gut essen, gut schlafen«: Gesund durch Tag und Nacht
Ingo Fietze ist Schlafmediziner und hat bereits einige Bücher zu »seinem« Thema veröffentlicht. In diesem Text widmet er sich dem Zusammenhang zwischen Ernährung und Schlaf – zwei für die Struktur unseres Alltags wesentlichen Faktoren. Denn unser Tagesablauf wird in der Regel durch die Zeiten bestimmt, zu denen wir essen und schlafen. Aktivitäts- und Ruhephasen wechseln sich ab. Dieser durch das Tageslicht gesteuerte Biorhythmus beeinflusst zahlreiche Prozesse in Körper und Gehirn und wirkt sich so auch auf unser Verhalten aus.
In den ersten Kapiteln erläutert Fietze auf etwa 100 Seiten, wie gesunder und normaler Schlaf aussieht und welche Schlafstörungen es gibt. Diese Beschreibungen sind grundsätzlich korrekt. Dennoch überrascht, dass die verschiedenen, wissenschaftlich anerkannten Schlafstadien vor allem anhand von Atemmustern, Muskelaktivität und Augenbewegungen charakterisiert werden und nicht anhand der Details der neurophysiologischen Veränderungen, welche die verschiedenen Schlafphasen maßgeblich definieren – Zusammenhänge, die gerade in der wissenschaftlichen Literatur zur Schlafforschung häufig betont werden.
Die folgenden Abschnitte widmen sich dem Thema Ernährung sowie ihrem Einfluss auf Gesundheit und Schlaf. Die zahlreichen Kapitel hierzu sind interessant, beschreiben sie doch konkret die Bedeutung von Milchprodukten, Fisch, Fleisch, Tofu und vielen anderen Lebensmitteln für unsere Gesundheit. Gleichzeitig wirken die Passagen unnötig fragmentiert, da sie häufig nur zwei bis vier Seiten umfassen – da hätten die Inhalte unter deutlich weniger Überschriften zusammengefasst werden können.
Generell richtet sich der Text in erster Linie an Laien und gibt Ratschläge für einen gesunden Lebensstil. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie unsere Ernährung unseren Schlaf beeinflussen kann. Dabei geht es nicht nur darum, dass Alkohol, Koffein oder reichhaltige, fetthaltige Mahlzeiten am späten Abend einen erholsamen Schlaf verhindern können. Fietze erklärt ganz allgemein, worauf man bei der Ernährung achten sollte, um einen guten Nachtschlaf zu fördern.
Schlafmangel und Heißhunger
Schlafstörungen sind weit verbreitet und äußern sich häufig als »chronische Insomnie« oder als Atem- und Bewegungsstörungen während des Schlafs. Viele Menschen kennen zudem Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus, etwa nach Fernreisen oder durch Nachtdienste und Schichtarbeit; rund 40 Prozent der Schichtarbeiter leiden unter ausgeprägten Schlafproblemen. Die Folgen sind gesundheitliche Beeinträchtigungen wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen, und auch die Wahrscheinlichkeit von Unfällen steigt. Zudem ändert sich das Ernährungsverhalten, wenn Mahlzeiten nicht zu den gewohnten Zeiten eingenommen werden können. Dies verdeutlicht den engen Zusammenhang zwischen Ernährung und Schlaf. Unter den Stichworten »Diät« oder »Intervallfasten« gibt der Autor hilfreiche Tipps dazu, wie die Leser den negativen Auswirkungen eines gestörten Schlafs entgegenwirken können.
Schlafdefizite, die durch »schlechten Schlaf« oder zu spätes Zubettgehen entstehen, beeinflussen unser Ernährungsverhalten erheblich. Schlafmangel führt nicht nur zu einem gesteigerten Hungergefühl, sondern erhöht auch häufig den Appetit auf kalorienreiche Lebensmittel. Dies wirkt sich wiederum negativ auf unser Körpergewicht aus. Auch Kinder und Jugendliche sind von diesen Effekten betroffen: »[E]ine Umfrage in den USA zu Ernährungs-, Bewegungs- und Schlafverhalten [...] ergab, dass 2013 noch 35 Prozent der Jungen [...] mindestens acht Stunden schliefen, verglichen mit nur 25 Prozent im Jahr 2023.« Gleichzeitig zeichnete sich »ein Trend ab zu einem Rückgang gesunder Essgewohnheiten.« Laut Fietze verdeutlicht dies den Zusammenhang zwischen Schlaf und Ernährung, den er immer wieder überzeugend als Wechselwirkung schildert.
Der Autor präsentiert viele wissenschaftliche Befunde, die den Zusammenhang zwischen Schlaf und Ernährung illustrieren. Diese Übersicht ist sowohl informativ als auch ansprechend. Allerdings vermisst man die Quellenangaben zu den zitierten Studien; gerade das eine oder andere Detail würde man gern vertiefend nachlesen. Auch ein Literaturverzeichnis sucht man leider vergebens.
So bewegt sich das Buch auf der Grenze zwischen Sachbuch und Ratgeber. Zwar werden viele Einzelbefunde aus Studien – also offenbar gesicherte Fakten – dargestellt, wie man es von einem guten populärwissenschaftlichen Sachbuch erwarten darf. Dieses sollte dann aber auch mit Information zur Originalliteratur aufwarten. Wie ein Ratgeber liest sich das Werk wiederum in den Passagen, in denen es praktische Tipps gibt oder, wie im Anhang, sogar Kochrezepte vorstellt.
Insgesamt ist »Gut essen, gut schlafen« aber sehr lesenswert. Denn es vermittelt spannende Zusammenhänge zwischen Ernährung und Schlaf und hilft uns so dabei, diese zentralen Aspekte unseres Lebens bewusster zu gestalten.
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