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Schwarzes Gold

Holzkohle ist den meisten vor allem in Zusammenhang mit Grillabenden ein Begriff. Doch welche Rolle spielte sie in der Menschheitsgeschichte? Ein Überblick.

Das Feuer war eng mit der Entwicklung der menschlichen Zivilisation verknüpft. Sich um eine Feuerstelle zu versammeln und sich auszutauschen, war von entscheidender Bedeutung für die Menschwerdung – genau wie die Fähigkeit, die Flammen entfachen zu können.

Doch welche Rolle spielte Holzkohle dabei, ein Brennmaterial, mit dem sich höhere Temperaturen erreichen lassen als mit Holz? Unter anderem dieser Frage geht der Fachbuchautor Helmut W. Rodenhausen auf 360 Seiten nach, illustriert mit mehr als 170 beeindruckenden Bildern von Holzkohle, von arbeitenden Köhlern am Meiler oder auch von Glutbrocken im Grill. Über den Dokumentarfilm »Köhlernächte« von Robert Müller, der im Buch mehrfach erwähnt wird, fand der ursprüngliche Werbetexter zum Thema Holzkohle.

Sein Buch beleuchtet den Wandel vom überlebenswichtigen Brennstoff zum trendigen Zusatz in Zahnpasta, Gesichtsmasken oder Speiseeis. Schon auf den ersten Blick wirkt das Buch mit seinem schwarzen Einband ansprechend, und auch wenn der schwarze Druck auf grauen Seiten zu Anfang ungewohnt erscheint, erweist er sich nicht als Lektürehindernis.

Fast nur Kohlenstoff

Eingangs erfahren die Leser in einer kurzen Übersicht, was sie in den einzelnen Kapiteln erwartet. Schon dort zeigt sich, dass man das Buch nicht unbedingt von vorn bis hinten lesen muss, sondern ohne Weiteres gleich in jene Kapitel springen kann, die einen am interessantesten erscheinen. Für linear Lesende ist diese Gestaltung nicht immer optimal, da sie Wiederholungen mit sich bringt, etwa wenn es um geschichtliche Entwicklungen geht. Rodenhausen versucht eine sehr breite Zielgruppe zu erreichen – so enthält sein Werk auch einige Tipps zu Holzkohleerzeugnissen für den klassischen Grillabend sowie mehrere Rezepte.

Der Autor vermittelt viele interessante Fakten über das »Schwarze Gold«. Schon dessen Erzeugung durch Verglühen von Holz unter gedrosselter Sauerstoffzufuhr, so dass am Ende fast nur noch (zu 90 Prozent) Kohlenstoff übrig bleibt, ist ein spannendes Thema – nicht nur für chemisch Interessierte. Als Brennmaterial wird Holzkohle bereits seit der Römerzeit verwendet. Ohne die damit erreichbaren Temperaturen wäre es den Menschen nicht möglich gewesen, Metalle wie Bronze, Silber und Gold einzuschmelzen und weiterzuverarbeiten. Aber auch in Form von Höhlenmalereien, angefertigt mit Holzkohle, oder Birkenpech, das schon vor Jahrtausenden die Befestigung von Speer- oder Pfeilspitzen an Schäften ermöglichte, ist die Holzkohle eng mit der Menschheitsgeschichte verknüpft. Besonderes Augenmerk legt Rodenhausen auf den Beruf des Köhlers. Dieses nur noch in wenigen Gebieten Österreichs, der Schweiz und Deutschlands praktizierte Handwerk schildert er derart anschaulich und faszinierend, dass man sich dem kaum entziehen kann.

Einige Aspekte der Holzkohle beschreibt der Autor jedoch zu ausführlich oder auch in nicht ganz nachvollziehbaren Zusammenhängen. So erscheinen die fünf seitenfüllenden Köhlersagen sehr langatmig. Der thematische Schwenk zu den ältesten Bäumen der Welt oder zum Erbmaterial früher Homininen lässt nur sehr undeutlich eine Verbindung mit Holzkohle erkennen. Der Klimawandel als momentan viel diskutiertes Thema kommt ebenfalls vor, allerdings erscheint manches in diesem Abschnitt etwas konstruiert, beispielsweise die schlichte Erwähnung der Klimaaktivistin Greta Thunberg.

Unterm Strich bringt das Werk viel Aufschlussreiches über das Brennmaterial Holzkohle. Es eignet sich für alle Interessierten, weitgehend unabhängig von Vorkenntnissen.

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