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Angst ist nicht die Bedrohung

Der Psychologe Fabian Grolimund und die Autorin Ulrike Légé haben ein Buch für Kinder und Eltern verfasst, damit aus Ängsten keine Angststörungen werden.

Es sieht aus wie eine pelzige Eule mit Hörnern, ein bisschen wie der Grüffelo, in einer eigentlich furchteinflößenden Pose, aber es verleitet dann doch eher zum Knuddeln: Schon das »Angstmonster« auf dem Titel des Ratgebers »Huch, die Angst ist da!« gibt einen Vorgeschmack auf die Botschaft, die im Innenteil wartet: Angst ist weniger gefährlich, als sie manchmal erscheint, und wenn man sich mit ihr beschäftigt, statt gegen sie anzukämpfen, kann sie sogar ganz umgänglich werden. In dem liebevoll von René Amthor illustrierten Buch geben der Psychologe Fabian Grolimund und die Autorin Ulrike Légé Familien ein fachlich wie methodisch überzeugendes Werkzeug an die Hand, um kindliche Ängste abzufangen.

Wie Eltern ihre Kinder richtig begleiten

Gegliedert ist das Buch in zwei Teile: Der hintere Teil liefert Eltern ein modernes und gut verständlich aufbereitetes Wissen darüber, was Angst ist, wie sie funktioniert, was in Kindern dabei vor sich geht und was in solchen Momenten hilft oder auch schadet. Damit ist man für den ersten Teil gerüstet, denn darin erkundet das Kind selbst (begleitet von den Eltern), was Angst ist und wie es damit umgehen kann. So bleiben Ängste beherrschbar und können sich mit der Zeit abbauen, anstatt sich zu einer Angststörung auszuweiten.

In kurzen Texten und anschaulich visualisiert lernen Kinder, dass Ängste ihre Urahnen haben überleben lassen und sie deshalb ihnen selbst weitergegeben wurden. Sie lernen, welches Verhalten Ängste befeuert: »Wenn wir unserer Angst ausweichen, fühlen wir uns zunächst erleichtert, aber dann wird unsere Angst noch größer!« Deshalb lehrt das Buch, mit welchen Methoden man die Angst schmälern kann, etwa indem »wir einen Plan erstellen und vorher üben, was uns schwerfällt« oder »wir uns der Angst in kleinen Schritten stellen und spüren, wie unser Mut mit jedem Erfolg wächst«. Angeleitet durch die Eltern können Kinder Atemübungen oder Methoden wie das expressive Schreiben erproben. Außerdem bietet jedes Kapitel Übungen, bei denen Kinder sich in Worten oder Bildern mit ihrer Angst und dem eben darüber Erfahrenen beschäftigen können.

Nicht minder bedeutsam sind die Informationen für Eltern, denn nicht immer ist das intuitive Verhalten gegenüber einem ängstlichen Kind das richtige. So lernt man, was amygdalabasierte Ängste sind und dass dort nur neue, positive Erfahrungen helfen: »Typisch für amygdalabasierte Ängste ist: Sie werden direkt durch eine Sinneswahrnehmung ausgelöst.« Bei kortexbasierten Ängsten gilt hingegen: »Typisch für kortexbasierte Ängste ist: Sie entstehen vor allem durch unser Denken. Zum Beispiel, wenn wir eine Situation als bedrohlich interpretieren oder uns Sorgen machen über etwas Zukünftiges.« Hier helfe es, sich mit der Angst näher zu befassen – wie, erklärt das Buch.

Auch Eltern können und sollen Denk- und Schreibübungen durchführen, sich mit eigenen vergangenen und aktuellen Ängsten auseinandersetzen. Gerade wer sich bislang wenig mit der Psychologie der Angst befasst hat, wird davon profitieren. Hilfreich sind zudem die Infoboxen, in denen die Autorin und der Autor eigene Erfahrungen schildern und einordnen. Zudem enthält das Buch auch Hinweise, wie man Ängste und Angststörungen unterscheidet und wie wichtig es ist, bei Letzteren frühzeitig professionelle Hilfe zu suchen.

Einige entscheidende Botschaften finden sich recht weit hinten: »Vielen Eltern fällt es schwer, Ängsten ihrer Kinder mit einer akzeptierenden Haltung zu begegnen. (…) Da sie dem Kind unangenehme Gefühle ersparen möchten, reagieren sie stattdessen mit Sätzen wie ›Davor brauchst du doch keine Angst zu haben!‹ (…) Das hilft dem Kind nicht, denn es kann seine Gefühle nicht abstellen. Oft lernen Kinder dadurch nur, dass ihre Eltern sie nicht verstehen. In der Folge sprechen sie weniger über ihre Gefühle und fühlen sich damit alleingelassen.« Oder zur Prüfungsangst: Dahinter stecke nicht die Angst vor einer schlechten Note, sondern infolge dieser weniger geliebt zu werden. Sätze wie »Du schaffst das schon« wirkten daher angstverstärkend.

Am Ende des Buchs hat man nicht nur eine Menge über Angst, sondern vor allem über die Kinder und sich selbst gelernt. In ihrem Schlusswort schreiben Grolimund und Légé: »Wenn wir selbst in sicheren Bindungen aufgewachsen sind, haben wir als Erwachsene gute Chancen, mit unseren Ängsten offen und konstruktiv umzugehen.« Das Werk kann einen Beitrag dazu leisten, dass mehr Menschen diese Erfahrung machen dürfen.

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