Direkt zum Inhalt

Bereit zum Abheben

Die Psychologin Verena Kantrowitsch erklärt in ihrem Buch, wie flugängstliche Menschen künftig entspannter ans Ziel kommen.

Ihnen tritt bereits beim bloßen Gedanken, in ein Flugzeug zu steigen, der Schweiß auf die Stirn und Ihr Herz beginnt zu rasen? Dann dürften Sie sich bei Verena Kantrowitsch gut aufgehoben fühlen. Gleich im Vorwort schildert die Psychologin, dass sie lange Zeit ebenfalls unter Flugangst litt – bis sie begann, sich näher mit dem Thema zu beschäftigen und ihre Furcht zu überwinden. Wie das anderen ebenfalls gelingen kann, will sie in ihrem Sachbuch »Ich kann fliegen!« vermitteln.

Was sind die wahren Beweggründe?

Das Werk ist in vier Abschnitte unterteilt. Im ersten Teil »Ready for planning« regt die Autorin ihre Leser dazu an, darüber nachzudenken, warum sie überhaupt »fliegen lernen« möchten. Weil man selbst auf das kristallklare Wasser am weit entfernten Urlaubsstrand nicht verzichten mag? Oder weil der Chef, der Partner oder Freunde einen dazu drängen, an Flugreisen teilzunehmen – obwohl man selbst mit einem Nordsee-Urlaub eigentlich ganz zufrieden wäre? Letzteres, so schreibt Kantrowitsch, sei eher eine schlechte Motivation. Denn wer aus sich selbst heraus seine Angst überwinden möchte, dem gelinge es besser, ein klares Ziel zu formulieren – und schließlich über seinen Schatten zu springen.

In diesem Zuge stellt die Psychologin gleich vier verschiedene Typen von Flugangst vor. Hängt das eigene Unbehagen damit zusammen, dass man Angst vor einem Absturz hat? Oder fürchtet man sich vor Kontrollverlust, einer Panikattacke oder einem Terroranschlag an Bord?

Im Abschnitt »Ready for booking« präsentiert Kantrowitsch ihren Lesern nützliches Wissen aus der Physik, Psychologie und Medizin, das je nach Angstschwerpunkt dabei helfen soll, die Furcht vor dem Fliegen zu mindern. So erfährt man etwa, warum wir dazu neigen, Fakten und Statistiken auf ganz bestimmte Art und Weise zu interpretieren, was in unserem Körper passiert, wenn wir Angst haben, und warum es eben nicht wider die Natur ist, dass ein tonnenschweres Flugzeug vom Boden abhebt – sondern vielmehr ein Naturgesetz!

Konkrete Entspannungsübungen und Techniken, die an Bord und zuvor helfen können, vermittelt das dritte Kapitel »Ready for Check-in«. Außerdem schildert die Autorin in einer Art »Flugsimulation«, was beim Start im Flugzeug passiert, welche Geräusche, Bewegungen und körperlichen Symptome auftreten können (etwa Ohrenschmerzen oder ein plötzlicher beschleunigter Puls). Dabei agiert sie stets nach der Devise, dass sich Angst am besten mit Wissen bekämpfen lässt.

Wertvolle Hilfe für den nächsten Flug

Im letzten Teil »Ready for boarding … and ready for take-off!« rät die Autorin schließlich dazu, Erfolge auf dem Weg zur überwundenen Flugangst zu feiern, und gibt Tipps, wie man mit Unsicherheiten und Rückschlägen am besten umgeht.

Insgesamt ist das Buch unterhaltsam, kurzweilig und sehr verständlich geschrieben. Eine Therapie bei schwerer Flugangst wird es vermutlich nicht ersetzen können. Für alle Menschen, die sich hin und wieder auch ohne Beruhigungsmittel überwinden können, in ein Flugzeug zu steigen, liefert es aber wertvolle Hilfestellungen. Und von ihnen gibt es gar nicht so wenige: Umfragen zufolge setzt sich tatsächlich nur eine Minderheit völlig ohne Unbehagen in den Flieger. Ich werde das Buch in jedem Fall vor meinem nächsten Flug noch einmal zur Hand nehmen – wann auch immer der coronabedingt sein mag.

Kennen Sie schon …

Gehirn&Geist – Verbrechen: Die Psychologie des Bösen

Warum faszinieren wahre Verbrechen? True Crime ist ein Spiegel unserer psychologischen Neugier: Was macht Menschen zu Tätern – und wie gelingt es Ermittlern, die Wahrheit ans Licht zu bringen? In dieser Ausgabe geht es um die Kräfte, die Menschen in den Abgrund treiben oder zurückholen. Wir zeigen, warum Rache selten Frieden bringt, wie gefährliche Häftlinge in Sicherungsverwahrung leben, was das Stockholm-Syndrom über Überlebensstrategien verrät und mehr.

Gehirn&Geist – Multiple Persönlichkeit: Was hinter der dissoziativen Identitätsstörung steckt

Manche Menschen scheinen verschiedene Ichs in sich zu tragen, die im Wechsel die Kontrolle über den Körper übernehmen – mit jeweils eigenem Alter, Namen und Geschlecht. Unsere Experten, die zu dissoziativen Phänomenen forschen, stellen die wichtigsten Fakten zur »Multiplen Persönlichkeit« vor. Ergänzend dazu geht die Psychologin Amelie Möhring-Geisler der Frage nach, ob rituelle Gewalt in der Kindheit gezielt Persönlichkeitsspaltungen herbeiführt. In dieser Ausgabe beginnt zudem eine neue Artikelserie zum Thema »Long Covid und ME/CFS«. Im Interview spricht Carmen Scheibenbogen von der Berliner Charité über Ursachen von ME/CFS, den Versorgungsmangel in Deutschland und Hoffnung auf Medikamente. Darüber hinaus berichten wir über das Glücksparadox, das besagt: Je mehr wir dem Glück hinterherjagen, desto weiter entfernt es sich. Wir stellen das Thema psychotherapeutische Patientenverfügung vor, die im psychischen Krisenfall eine große Hilfe sein kann, sowie die noch immer rätselhafte Schmerzerkrankung Fibromyalgie, über deren Ursachen noch viel spekuliert wird.

Spektrum - Die Woche – »Zeiten ohne Handy machen uns freier«

Wie wirkt sich die digitale Reizüberflutung durch Handy und Social Media auf unsere Konzentration und mentale Gesundheit aus? Antworten dazu in unserem Interview mit der Neurowissenschaftlerin Maren Urner. Außerdem: Katzen-Qubits – neue Hoffnungsträger für Quantencomputer. Jetzt in »Die Woche«.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.