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Ein Buch über alles

Klaus Mainzer ist Philosoph und Wissenschaftstheoretiker mit dem Schwerpunkt Komplexitätsforschung. Zwischen unterschiedlichen Forschungsbereichen stellt er Zusammenhänge her, die sich offenbaren, sobald man deren inneren Aufbau, Struktur oder Organisationsform analysiert und miteinander vergleicht. In mehreren Büchern hat Mainzer so gleichsam Aufrisse des Wissenschaftsgebäudes skizziert – von den Grundlagen der Quantenphysik über biologische Systeme bis zu gesellschaftlichen Strukturen.

So geschehen beispielsweise in Mainzers Werk "Der kreative Zufall" (2007). Aus ihm geht hervor, dass die Quantenmechanik eine Theorie ist, die nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Aussagen über das Ergebnis eines Experiments trifft; dass winzige Zufallsschwankungen in der Nichtgleichgewichtsthermodynamik auf unvorhersehbare Weise spontane Ordnung erzeugen; dass der Zufall im Gehirn wie in der Wirtschaft eine wesentliche Rolle spielt.

Zahlen und Zeichen

Im vorliegenden Buch versucht Mainzer das Gleiche anhand des Informationsbegriffs. Er stellt mathematische, wahrscheinlichkeits- und komplexitätstheoretische Definitionen der Information vor. Daran verdeutlicht er, dass es wenig Sinn hat, den Begriff salopp zu gebrauchen, als wüsste man von vornherein, was mit dem abgenutzten Modewort gemeint ist. Dann geht die Reise auf der Komplexitätsskala aufwärts zu immer komplizierteren Systemen – von der in Quantenexperimenten gewonnenen Information über die DNA-Sequenz und die neuronale Informationsverarbeitung bis hin zu Internet und Big Data.

Erstaunlich, was der Autor da alles auf relativ engen Raum packt. Das meiste ist erhellend, Infokästen organisieren den oft nicht leichten Stoff, man liest mit Gewinn. Das Buch ist ein Zwischending zwischen populärer Darstellung des Wissensstands und anspruchsvollem Fachbuch. So ist es gut brauchbar als Wegweiser, mit dem man sich orientieren und, falls gewünscht, anhand des Literaturverzeichnisses hier und da in die Tiefe gehen kann.

Sehr unbefriedigend mutet allerdings die spartanische Bebilderung an, die meist aus Mainzers früheren Büchern übernommen wurde. Abbildung 7 illustriert die Bénard-Zellen mit dreieckigen Pfeilspitzen, die überallhin weisen könnten. Abbildung 16 kopiert eine Tabelle aus Mainzers Buch über den Zufall unvollständig, so dass das NICHT-Gatter keinen Sinn ergibt.

Brutal verkleinert

Wirklich ärgerlich ist Abbildung 10. Sie soll eine komplexitätstheoretische Entdeckung verdeutlichen, die Mainzer mit Koautor Leon Chua 2013 publiziert hat: Zur spontanen Strukturbildung sind stets so genannte lokal aktive Zentren unerlässlich, während Koryphäen wie der Physikochemiker Ilja Prigogine (1917-2003) und der Physiker Erwin Schrödinger (1887-1961) noch glaubten, ein System müsse sich bloß nichtlinear verhalten, um Strukturen hervorbringen zu können. Doch just jene – im Original vermutlich farbige – Abbildung, welche die originellste Aussage des ganzen Buchs erklären soll, ist dermaßen brutal verkleinert und grau abgedruckt, dass der neugierige Leser partout nichts erkennen kann. Schade!

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