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»Kopfarbeit«: Faszination Gehirn

Anschaulich schildert Neurochirurg Peter Vajkoczy seine Arbeit. Seine Begeisterung wirkt ansteckend, sein Buch ist informativ und unterhaltsam.
Seitenansicht eines diffus leuchtenden Gehirns unter einer Glaskuppel

Die Vorstellung, sich einer Operation des Gehirns unterziehen zu müssen, ängstigt wahrscheinlich jeden. Trotzdem wurde dieses Buch über Neurochirurgie zum Bestseller. Das Gehirn übt eine besondere Faszination auf uns Menschen aus. Viele Fähigkeiten, die uns ausmachen, sind hier verankert. Anziehend mag auch wirken, dass das Gehirn mitunter als Sitz der Seele angenommen wird. Doch in seiner Einleitung stellt der Autor, Direktor der Klinik für Neurochirurgie der Berliner Charité, klar: »Sollte sich jemand erhoffen, ich würde die Frage beantworten, ob die Seele im Gehirn zu finden ist – und falls ja, wo dort –, dann muss ich ihn enttäuschen.«

Die Kapitel des Buches sind an Krankheitsbildern wie Meningeom oder Aneurysma ausgerichtet, wobei die Schilderung der damit verbundenen Eingriffe jeweils einen großen Teil ausmacht. Vajkoczy beschreibt die Operationen mindestens so spannend, wie es in einem Krimi geschehen würde, so dass der Leser mitfiebert, wie die Operation ausgehen mag, und immer das Beste für die jeweiligen Patienten hofft. Schritt für Schritt erklärt der Chirurg, wie er den Schädel öffnet, die Hirnhäute aus dem Weg räumt und sich dann vortastet. Dabei kann immer etwas geschehen, das bei der Planung der Operation so nicht vorauszusehen war. Dann berichtet der Autor von den Überlegungen, die in solchen Fällen unter Zeitdruck angestellt werden müssen. Er erläutert mögliche Optionen für das weitere Vorgehen und wägt ab, welche Risiken für mögliche Schädigungen des Patienten gerechtfertigt sind.

Aus Misserfolgen lernen

Die Spannung des Buches entsteht nicht zuletzt dadurch, dass Vajkoczy von seinen Operationen aus der Ich-Perspektive berichtet und dabei das Präsens als Erzählzeit wählt. Man hat den Eindruck, als sei man unmittelbar am Geschehen beteiligt. Die Beschreibungen sind lebendig und in leicht verständlicher Sprache verfasst. Die medizinischen Fachausdrücke werden erklärt, so dass sie kein Hindernis für die Lektüre darstellen. Hilfreich für das Verständnis ist auch, dass zusätzlich anatomische Grundlagen vermittelt werden, so zum Beispiel der Aufbau der Hirnnerven.

Besondere Glaubwürdigkeit verleihen dem Buch die Schilderungen von Eingriffen, die nicht den geplanten, erwarteten oder wünschenswerten Ausgang hatten. Vajkoczy berichtet von seinem Hadern und seiner Frustration angesichts solcher Misserfolge. Die Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen, ein Besprechungsformat zur retrospektiven Aufarbeitung besonderer Behandlungsverläufe, werden dabei zwar kurz erwähnt, aber als Leser würde man auch gern genauer erfahren, wie aus Fehlschlägen systematisch gelernt wird und wie Abläufe im Sinn eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses angepasst werden.

Mit der ausführlichen Darstellung seines beruflichen Werdegangs, seines Denkens und Handelns gibt Vajkoczy Einblicke in seinen Berufsalltag in der Klinik für Neurochirurgie der Charité. Er selbst spielt zwar im Buch als sein Protagonist eine zentrale Rolle, gleichzeitig betont er immer wieder, dass neurochirurgische Eingriffe nur in Teamarbeit zu bewältigen seien – sowohl am Operationstisch selbst als auch bei internationalen Kooperationen.

Das informative und kurzweilige Buch dokumentiert die aktuellen Möglichkeiten und Perspektiven der Neurochirurgie. Doch Vajkoczy rühmt den technischen Fortschritt nicht unreflektiert, sondern stellt immer den Menschen mit seiner Krankheit ins Zentrum seiner Arbeit.

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