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Von Steinzeitkämpfern und Söldnern

Erstmals zeigt das Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle eine große archäologische Ausstellung zum Phänomen Krieg (bis zum 22. Mai 2016). Das Thema erlebt seit rund zehn Jahren einen immensen Aufschwung in der deutschen Archäologie. Vor allem die Untersuchung von Massengräbern und Schlachtfeldern, sowohl des Dreißigjährigen Kriegs als auch der Bronzezeit, haben seit 2006 diese Entwicklung vorangetrieben.

Im Mittelpunkt der Ausstellung und des vorliegenden Begleitbands steht das Schlachtfeld von Lützen. Dort trafen im Jahr 1632 drei wichtige Akteure des Dreißigjährigen Kriegs mit ihren Truppen aufeinander. Schwedenkönig Gustav II. Adolf (1594-1632) wurde im Getümmel erschossen, General Gottfried Heinrich Graf zu Pappenheim (1594-1632) erlag bald nach der Schlacht seinen Verletzungen, nur Kriegsunternehmer Wallenstein (1583-1634) blieb unversehrt. Von rund 40 000 Kämpfern fielen damals mehr als 6000.

Seit dem Jahr 2006 haben Wissenschaftler große Teile des Kampfplatzes mit Metalldetektoren abgesucht und ausgegraben. Dabei kamen auf 111 Hektar mehr als 11 000 Einzelobjekte zu Tage, davon rund 3000 Bleikugeln. Inzwischen sei das Schlachtfeld von Lützen das größte weltweit, das systematisch archäologisch untersucht wurde, schreiben die Ausstellungsmacher.

Keine Gräben gefunden

Die Auswertung der Befunde offenbarte im Detail erhebliche Abweichungen zum historisch überlieferten Schlachtverlauf. So fanden sich keinerlei Hinweise auf ein Grabensystem, das Wallenstein laut Kupferstichen ausheben ließ. 2011 stießen die Archäologen zudem auf ein Massengrab, das mit Erdreich und menschlichen Überresten "en bloc" ins Landesmuseum nach Halle verbracht wurde. Dort legten Spezialisten 47 Skelette frei. Die Untersuchung der sterblichen Überreste zeigte unter anderem, wie auszehrend das Leben der damaligen Krieger war. Karies, Rachitis, Parasitenbefall und mannigfaltige Entzündungen im Kopfbereich waren häufig – ebenso wie Spuren früherer Verletzungen, welche wohl gewaltsam entstanden waren.

Ausgehend von den Untersuchungen in Lützen konzentrieren sich die Autoren auf die Ursprünge des Krieges. Schon früheste Schriftquellen dokumentieren Kriege in weit entwickelter Form. Der Beginn solcher Gewaltkonflikte ist somit in vorgeschichtlichen Zeiten zu suchen. Daher obliege es vor allem Archäologen, handfeste Indizien zu finden, mit denen sich dieser Entstehungsprozess nachvollziehen lässt, so die Herausgeber.

Besitz weckt Begehrlichkeit

Zwar gibt es bereits aus der Altsteinzeit Relikte, die auf zwischenmenschliche Gewalt hindeuten. Doch eindeutige Hinweise auf Krieg finden sich erst in der Jungsteinzeit, als die Menschen Ackerbauern und Viehzüchter geworden waren. Vermutlich habe die neue Lebensweise mit starkem Bevölkerungswachstum, Sesshaftigkeit, Vorratshaltung, Besitzanhäufung und Sozialhierarchie zu organisierter Massengewalt geführt, schreibt Harald Meller, Landesarchäologe von Sachsen-Anhalt. Darauf deuten in Mitteleuropa mehrere jungsteinzeitliche Massengräber mit den Überresten zahlreicher brutal getöteter Menschen hin.

Nicht-archäologische Indizien sprechen ebenfalls für eine späte Genese des Krieges. So legt etwa der Ethnologe Jürg Helbling dar, dass Kriege bei ackerbautreibenden, nicht-industrialisierten Ethnien häufig vorkommen – nicht aber bei Wildbeutern. Der Band stellt noch weitere solcher nicht-archäologischen Befunde zum Thema vor.

"Krieg" ist opulent bebildert, vermittelt in 100 Beiträgen einen profunden Überblick und präsentiert dabei wichtige, neue Erkenntnisse. Nicht Militärgeschichte, sondern Kriegsschicksale und Ursachenforschung stehen im Fokus des Bandes. Obwohl sich das Werk im Wesentlichen auf das Schlachtfeld von Lützen und die Frühzeit des Krieges konzentriert, ist es voll zu empfehlen.

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