Direkt zum Inhalt

Damit die Liebe bleibt

Zwei Paartherapeuten vermitteln konkrete Strategien, um an der Beziehung zu arbeiten.

»Jedes Paar hat grundsätzlich alle Ressourcen in sich, die es braucht, um ein gelungenes Beziehungsleben (…) zu leben.« Das ist nicht nur eine der zahlreichen bestärkenden Botschaften, die sich im Buch von Sabine und Roland Bösel wiederfinden, sondern auch einer der Grundsätze der Imagotherapie, welche die beiden ins Rampenlicht rücken. Die Autoren, die seit rund 30 Jahren als Psychotherapeuten tätig sind, teilen ihren Erfahrungsschatz mit Paaren sowie mit Singles, die sich selbst besser kennen lernen möchten.

Thematisch spannen sie dabei einen weiten Bogen: vom Umgang mit den Eigenheiten des Partners über Gesprächstechniken und Sexualität bis hin zum Auflösen von Konflikten. Jeder der 52 Impulse im Buch beginnt mit einem Beispiel aus dem Alltag, etwa einem Streit oder konstruktiven Paargespräch. Viele jener exemplarischen Konversationen haben sich zwischen Sabine und Roland Bösel zugetragen. Die beiden machen keinen Hehl daraus, dass sie selbst schon kurz vor der Trennung standen. Ehrlichkeit und Optimismus zählen definitiv zu den Stärken des Buchs – zudem belehren die Autoren den Leser nicht, sondern vermitteln ihre Gedanken und Erfahrungen auf Augenhöhe.

Mitunter scheint aber ein gewisser Idealismus durchzuschlagen. Die Behauptung, dass sich prinzipiell immer »Seelenverwandte« in einer Beziehung zusammenfänden, wirkt auf schon häufig Verlassene problematisch und wird nur vage untermauert: »Die Wissenschaft« sei sich einig, dass die Seelenverwandtschaft bei der Partnerwahl der entscheidende Faktor wäre. Wenn man jedoch einmal vom Begriff der Seelenverwandtschaft absieht, ergibt sich eine recht stimmige Theorie. Die Autoren gehen davon aus, dass Personen miteinander Beziehungen eingehen, die einerseits Ähnliches erlebt haben – zum Beispiel streitende Eltern –, andererseits unterschiedliche Strategien gefunden haben, mit solchen Situationen umzugehen. Während die einen sich vor Konflikten scheuen, suchen die anderen die Konfrontation. Insgesamt soll jeder Mensch eines von vier Reaktions- beziehungsweise Schutzmustern verfolgen, wenn es zu Konflikten kommt: Angriff, Flucht, Erstarren/Totstellen sowie Unterwerfung. In der Imagotherapie werden die ersten beiden Strategien, bei denen Energie aufgewandt wird, auch als Hagelsturm veranschaulicht, die letzten beiden (Energie sparenden) hingegen unter dem Sinnbild der Schildkröte zusammengefasst.

Von Unterschieden profitieren

In Beziehungen finden sich laut Sabine und Roland Bösel meist beide Typen wieder. Die Unterschiede können dann zur Herausforderung werden. Sie bieten aber auch die Chance, von der Strategie des anderen zu lernen. Somit rücken die Autoren sogar Streit in ein positives Licht.

Hat man also seinen Seelenverwandten gefunden und kommt es zu einem Konflikt, hilft die Imagotherapie dabei, das zu ergründen, was unter der Oberfläche schlummert. So besagt ein weiterer Grundsatz jener therapeutischen Disziplin, dass nur zehn Prozent des Streitthemas auf die aktuelle Situation zurückzuführen sind – die restlichen 90 Prozent haben mit der Vergangenheit (und hier oftmals mit der Kindheit) einer Person zu tun. Eine Beziehung stellt demnach immer auch eine Entdeckungsreise in Bezug auf die eigenen wunden Punkte und deren Ursprung dar.

»Liebe ist eine Aktivität und bleibt nicht von alleine«

Alles in allem bieten Sabine und Roland Bösel Paaren 52 stimmige und durchdachte Impulse an, um an der eigenen Beziehung zu arbeiten. Die Lösungsstrategien reichen von einfachen Vorschlägen, wie beim Sprechen über Beziehungsthemen einen Spaziergang zu machen oder böse Worte nicht zu verschriftlichen, bis hin zu konkreten Methoden aus der Imagotherapie wie dem Spiegeln oder Mentalisieren. Sich darauf einzulassen, ist ein erster Schritt, um zu verstehen, wie es die Autoren ausdrücken, »dass Liebe eine Aktivität ist und nicht von alleine bleibt«.

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Der Umbau der Chemieindustrie

Täglich entstehen in riesigen Fabriken zahllose Stoffe, die wir in unserem Alltag nutzen – allerdings nur dank fossiler Rohstoffe und eines extrem hohen Energieverbrauchs. In dieser »Woche« geht es um den Umbau der Chemieindustrie hin zur Klimaneutralität. Außerdem: Gibt es sie, die »Zuckersucht«?

Spektrum - Die Woche – Der Tischtennis-Effekt

Steife Muskel, verlangsamte Bewegungen, unkontrollierbares Zittern - und trotzdem Tischtennis-Profi? Was es mit dem Tischtennis-Effekt bei Parkinson auf sich hat, lesen Sie in der aktuellen »Woche«. Außerdem: Eine neue Form von Kohlenstoffatomen krempelt das Konzept der Aromatizität um.

Spektrum - Die Woche – Welche Psychotherapie passt zu mir?

Studien zufolge erkrankt jeder fünfte bis sechste Erwachsene mindestens einmal in seinem Leben an einer Depression. Doch wie finden Betroffene eine Therapie, die zu ihnen passt? Außerdem in dieser Ausgabe: Kolumbiens kolossales Problem, der Umgang mit Polykrisen und die Übermacht der Eins.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.