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»Liegt die Antwort in den Sternen?«: Götter, Gräber, Außerirdische

Warum E.T. wohl nie auf der Erde war
Eindrucksvoller Nachthimmel über Deutschland

Achtung, zwar geht es in diesem Buch auch um Astrophysik, doch oft ist sie nur ein Schlenker auf einer Achterbahnfahrt durch die bunte Welt jener Rätsel, die von einer »alternativen Archäologie« gern mit dem Besuch Außerirdischer erklärt werden. Was Archäologen und Naturwissenschaftler dazu zu sagen haben, liest sich auch dann spannend und interessant, wenn man keinen Hang zu derartigen Spekulationen hat.

In diesem Buch herrscht Arbeitsteilung, durch entsprechende Icons kenntlich gemacht. Die Publizistin Gisela Graichen, Schöpferin etwa der Dokumentarserie »Schliemanns Erben«, erklärt die archäologischen Aspekte; der ebenfalls aus dem Fernsehen bekannte Astrophysiker und Naturphilosoph Harald Lesch die naturwissenschaftlichen. Dabei holt er gern weit aus.

Beispiel Arkaim, eine vor etwa 4000 Jahren errichtete Siedlung in der Uralsteppe, die aus der Luft einer Spirale ähnelt. Der russische Grabungsleiter verglich es mit Stonehenge, schreibt Graichen, mehr noch als »begehbares magisches Mandala, errichtet nach exakten Gesetzen der Astronomie«. Lesch nutzt die Gelegenheit und erklärt das komplexe Entstehen von Spiralgalaxien. Spannend, aber nicht zwingend. Am Ende der Ausführungen dann der entscheidende Satz: »Bei genauem Hinsehen ist Arkaim aber keine Spirale.«

Das sieht auch der Prähistoriker Rüdiger Krause so, den Graichen getroffen hat. Zwei ineinander liegende Kreise um einen runden Platz, so lautet die korrekte Beschreibung, eine kompakte, stark befestigte Anlage. Denn es gab etwas zu verteidigen: Kupfer und Gold. Beides baute man wohl im nahen Ural ab, Krause hat entsprechende Gruben entdeckt. Lesch zufolge wurden Erze und verarbeitete Metalle analysiert, sie stimmten in ihrer chemischen Elementzusammensetzung überein.

Unbeeindruckt von solchen Befunden pilgern Tausende alljährlich zur Sommersonnenwende in die »Spiralstadt« Arkaim, auch Wladimir Putin war schon dort. Und es gab Wunderheilungen. Sind diese nicht Beweis genug, dass dort kosmische Energien gebündelt werden? Lesch bleibt skeptisch: »Die Erwartungshaltung von Erkrankten, dass ihnen an einem besonderen Ort eine besondere Heilung geschehen wird, kann höchst bemerkenswerte psychosomatische Wirkungen entfalten.«

Beispiel Dogon: Bis 1931 hatte dieses westafrikanische Volk nur wenig Kontakte zu Europäern, dann kam eine Expedition der französischen Kolonialmacht, dabei auch der junge Ethnologe Marcel Griaule. Er war fasziniert und kam immer wieder, das wurde belohnt: Ein Weiser offenbarte ihm geheime Lehren seines Volkes. Und dazu gehörte offenbar die Kenntnis von Sirius B, einem weißen Zwergstern, der mit bloßem Auge gar nicht zu sehen ist. 1976 postulierte der amerikanische Orientalist Robert Temple nicht nur, dieses Wissen hätten aus dem Sirius-System stammende Wesen gelehrt. Er verortete deren Landung auch im alten Ägypten. Doch Vergleiche von Kultur und Technologie zeigen laut Graichen, dass die Dogon wohl eher aus dem heutigen Grenzgebiet zwischen Südmali und Guinea stammen dürften.

Apropos Sirius B, wie ist er so im Vergleich zur Sonne? Lesch kurvt durch die Physik der Sterne und landet hart: Das Sternsystem Sirius ist mit 200 Millionen Jahren Strahldauer viel zu jung für belebte Planeten. Gemeint ist (laut dem letzten Buchkapitel): Fast 4 Milliarden Jahre existierten auf der Erde nur Einzeller und primitive Mehrzeller, bevor die Evolution vor rund 541 Millionen Jahren Fahrt aufnahm. Raumfahrende Siriusianer? Das wird knapp!

Wie aber erlangten die Dogon dann Kenntnis von Sirius B? Antwort: gar nicht! Übersetzungsfehler und Suggestivfragen verleiteten Griaule, der auch Astronomie studiert hatte, vermutlich dazu, Auskünfte seines Gesprächspartners falsch zu interpretieren.

Häufig sind methodische Fehler der Grund für die »Beweise« für Kontakte mit Aliens. Oft sind es auch einfach aus dem Zusammenhang gerissene Details wie die angeblichen altägyptischen Raketendarstellungen. Doch was ist mit den »Out of Place Artifacts«? Das sind Grabungsfunde, die nicht ins materielle Repertoire einer Kultur zu passen scheinen und an moderne Objekte erinnern. Da wäre zum Beispiel eine 5000 Jahre alte Scheibe, entdeckt im Grab des ägyptischen Prinzen Sabu. Sie ähnelt heutigen technischen Bauteilen, besteht aber aus poliertem Schiefer. Hatten die Ägypter bei E.T. etwas gesehen, das sie mit ihren Werkstoffen nachbauten? Man nennt dieses Phänomen »Cargo-Kultur«: Inselbewohner Melanesiens schnitzten sich nach dem Zweiten Weltkrieg Kopfhörer aus Holz, weil die von US-Flugzeugen abgeworfenen Hilfsgüter (englisch »cargo«) ausblieben – sie hatten amerikanische Funker beobachtet und wollten Nachschub ordern.

Der Flugzeugingenieur Peter Sander hat die Sabu-Scheibe im 3-D-Drucker nachgebaut, untersucht und im Windkanal getestet. Für ein Antriebselement tauge sie ihrer Geometrie wegen nicht, vielleicht eine Art Frisbee? Hatten die Ägypter Kenntnisse in Aerodynamik? Woher?

Wohl kaum von den Sternen, erklärt Lesch. Denn überall im Kosmos herrschen die gleichen physikalischen Gesetze. Wer fast mit Lichtgeschwindigkeit im All unterwegs ist, wird laut der einsteinschen Relativitätstheorie frontal von sehr harter Gammastrahlung getroffen. Eine Reise zu anderen Sternen dauere aber Jahre. Viel Zeit für Unfälle und Strahlenschäden. Und wozu diese Gefahr eingehen? Denn auf dem Heimatplaneten würden bis zur Rückkehr Hunderte von Jahren vergehen, auch das ein relativistischer Effekt. Lesch spekuliert ganz gegen seine Gewohnheiten und vergleicht die hypothetischen Aliens mit jenen Europäern, die in vorigen Jahrhunderten aufbrachen, neue Kontinente zu entdecken. Stets hatte das die gnadenlose Unterwerfung der Entdeckten zur Folge. Ein Alienkolonialismus aber hätte sicher weit mehr Niederschlag in der materiellen Kultur unserer Altvorderen gefunden als ein paar wenige, zugegeben rätselhafte Artefakte.

Zu guter Letzt lösen sich die Autoren von der Archäologie und fassen zusammen, was zum Thema Ufos und Leben im All seriös bekannt ist. 2020 hat das Pentagon zugegeben, was Verschwörungstheoretiker schon lange »wussten«: Das Ministerium betrieb eine Taskforce, die »Unidentified Aerial Phenomena« untersuchte. 2021 erschien ihr offizieller Bericht: 144 Sichtungen wurden geprüft, aber nur eine konnte geklärt werden. E.T.-Fans jubelten, aber tatsächlich bedeutete das Ergebnis lediglich: Die Existenz außerirdischer Flugsysteme lässt sich weder beweisen noch widerlegen. Die traurige Wahrheit ist: Obwohl es in unserer Milchstraße und anderen Galaxien unzählige Planeten geben mag, sind die Bedingungen für die Entwicklung intelligenten Lebens doch äußerst vertrackt. Da muss sehr vieles stimmen und zusammenpassen. Oder wie Graichen und Lesch es formulieren: »Bereits unsere eigene Existenz muss uns völlig unmöglich erscheinen.«

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