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Wir Transhumanisten

Maschinelles Lernen findet in vielen Bereichen unseres Lebens Platz. Welche Rolle werden die Algorithmen in Zukunft spielen – und was bedeutet das für uns Menschen?

»Wohin mit der Sozialbrache?« – das fragt der ehemalige Wirtschaftsprofessor von der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt Günter Cisek im Titel eines der acht Kapitel seines neuen Buchs »Machtwechsel der Intelligenzen«. Aber wen meint er damit? »Früher gab es genug Dorftrottels – die mussten dann halt Gänse hüten (…) Es ist nicht bekannt, dass es heutzutage weniger dumme Leute gibt (…), aber Industrie 4.0 bietet keine dummen Jobs mehr.« Diese Zitate machen die Einstellung des Autors und die Botschaft seines Werks deutlich.

Die Armen bleiben auf der Strecke

Als »Industrie 4.0« bezeichnet man eine digitalisierte Industrie. Computergestützte Modelle sollen dabei die Herstellung steuern und gegebenenfalls in der Lage sein, Veränderungen am Produkt nach Wünschen des Konsumenten vorzunehmen. Die Modelle beruhen auf Algorithmen der künstlichen Intelligenz (KI), die zum Beispiel über ein Thermometer eine Heizung steuern. Sie werden ständig verbessert, damit sie in großen Datenmengen Muster erkennen – damit wurden unter anderem schon Zusammenhänge bei Krebserkrankungen entdeckt.

Diese Technologie werde immer stärker die Lebenswelt der Menschen beherrschen, prognostiziert der Autor, doch momentan hätten wir es noch mit einer schwachen KI zu tun. Sie befinde sich jedoch auf dem Sprung zu einer starken Intelligenz, die letztlich verselbstständigt die Menschen lenken werde. Damit stelle sich wieder die Frage: »Wohin mit der Sozialbrache?« Wenn die Dummen nicht ganz dumm seien, bekämen sie noch Aufträge, die die KI allerdings immer weiter fokussiere: »Die Kategorie Microtasking beschreibt die Verrichtung von Kleinstaufgaben zu Kleinstbeträgen.«

Zwar ließen sich durch KI Versorgungsprobleme lösen, und durch ein Grundeinkommen könne man auch eine Verteilung von Grundgütern regeln. Trotzdem sieht Cisek das Sozialsystem vor »disruptiven Einschnitten, die in absehbarer Zeit die KI verursachen wird«. Dabei deute sich eine Lösung für das »Sozialbrachen«-Problem an. Zwar werde die Medizin durch KI Krankheiten schneller erkennen und behandeln. Aber Cisek erwartet offenbar nicht, dass deren Leistungen auf alle gleich verteilt werden. Die Dummen würden folglich nicht so alt wie die Reichen: »Die schon heute beklagte Spaltung der Gesellschaft wird sich also weiter manifestieren, schon gar, wenn es am Ende (…) ums eigentliche ›Weiterleben‹ geht.« Den Reichen werden »Naturwissenschaftler und Ingenieure« die Tür zur »Unsterblichkeit« öffnen, den Armen nicht.

Diese hätten zudem keine Chance, demokratisch um ihre Rechte zu kämpfen. Stattdessen scheint es »unausweichlich« für Cisek, dass die oligarchisch strukturierten Big Player der KI »im Wege einer ›Algokratie‹ (…) die Welt zunehmend beherrschen werden«. Da die starke KI bis zum Ende des Jahrhunderts »die menschliche Intelligenz übertrifft«, habe dann der Machtwechsel der Intelligenzen von der menschlichen zur künstlichen Intelligenz stattgefunden. Sollten sich ängstliche Europäer dagegen noch eine Zeit lang wehren, dann würden sie »die Aborigines der Neuzeit«.

Mit dem Buch erfährt man, was der Transhumanismus will, zu dem sich Cisek bekennt (»wir Transhumanisten«, schreibt er kurz vor Schluss). Nebenher erfährt man ein wenig über die Geschichte der KI und auch, wie sie ansatzweise funktioniert. Leider enthält das Werk viele Tippfehler, sogar mehrere falsche Zeilenrückläufe.

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