»Mars«: Von Staubteufeln und Schnee auf dem Mars
Das Buch gliedert sich in fünf große Hauptkapitel, die sich je einem Themenkomplex widmen. Den Anfang macht »Mythos Mars«; hier geht es um die ersten teleskopischen Beobachtungen des Roten Planeten, und natürlich dürfen hier die berühmten »Marskanäle« nicht fehlen, die letztlich auf optische Täuschungen zurückgehen. Das zweite Kapitel, »Der unruhige Planet«, bietet grundlegende Informationen über den Mars, seine physikalischen Eigenschaften und geologischen Besonderheiten, die eigentlich areologische sind. Hier werden unter anderem die riesigen Schildvulkane der Regionen Tharsis und Elysium vorgestellt, das gewaltige Grabenbruchsystem der Valles Marineris und die Polkappen aus Wassereis und Trockeneis, also gefrorenes Kohlendioxid. Der Autor steigt somit sofort tief ins Thema Roter Planet ein und hält sich nicht mit einer Beschreibung aller möglichen Marssonden auf. Besonders lobenswert ist, dass Thorsten Dambeck sich große Mühe gemacht hat, die bildlichen Resultate der Marssonden aus Europa, Indien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und China zur Geltung zu bringen. Diese stehen qualitativ nicht hinter den Aufnahmen der NASA-Marssonden zurück, sieht man von den Bildern der fünf erfolgreichen NASA-Marsrover einmal ab.
Das Kapitel »Die Mars-Atmosphäre« setzt sich mit der äußerst dünnen Lufthülle und ihrem Wettergeschehen auseinander. Obwohl die Luftschicht nur einen mittleren Druck von etwa sieben Millibar (Erde: 1013 Millibar) aufweist, besitzt der Rote Planet ein ausgeprägtes Wetter. Es bietet Staubstürme, die manchmal sogar den gesamten Planeten einhüllen, kleine Staubteufel, die über die Oberfläche rasen und Wolken aus Wassereis und Kohlendioxid. Tatsächlich bildet sich nicht nur Reif, sondern es gibt sogar Schneefall auf dem Mars. Vor allem an den Polkappen kann sich der saisonale Kohlendioxidschnee über zwei Meter hoch auftürmen.
Forschungserfolge und ein Kostenthema
Das Kapitel »Mars-Landschaften« ist das ausführlichste in diesem Werk und behandelt auf 60 Seiten eine Vielzahl von Themen. Zu Anfang wird eine globale Karte des Mars präsentiert, auf der die wichtigsten Formationen eingezeichnet sind, so dass man sich orientieren kann, wo die Vulkane, Täler oder Landegebiete auf dem Roten Planeten zu finden sind. Hier wird dann zum Beispiel auch der chinesische Marsrover Zhurong in Wort und Bild vorgestellt, oder es werden die Fahrten und Erkundungen der NASA-Marsrover Curiosity und Perseverance beschrieben, die beide in sehr abwechslungsreichen Regionen unterwegs sind.
Den Schluss des Buchs bildet das Kapitel »Leben auf dem Mars?«, in dem der Autor in erfreulich sachlicher Form das Für und Wider von Leben auf dem Roten Planeten abwägt. Natürlich darf der in der Antarktis gefundene Marsmeteorit ALH 84001 nicht fehlen, dessen angebliche Mikrofossilien im Jahr 1996 für großes Aufsehen sorgten. Heute gelten diese seinerzeit als fossile Bakterien aufgefassten Strukturen als anorganische Bildungen, die in den Gesteinen unter der Einwirkung von flüssigem Wasser entstanden sind. Auch die Experimente der beiden Viking-Lander, die 1976 und 1977 durchgeführt wurden und kontroverse, nicht eindeutige Resultate lieferten, werden angesprochen.
Viele Fragen zum Mars werden sich erst nach der kontrollierten Rückführung von Gesteinsproben beantworten lassen, deren geologischer Kontext geklärt ist. Zwar sind rund 400 verschiedene Meteoriten vom Mars mit einer Masse von mehr als 200 Kilogramm bekannt. Aber bei all diesen Steinen weiß man nicht, von wo genau auf dem Roten Planeten sie stammen. Die NASA plante zwar in den 2030er Jahren eine Mission zur Rückführung von Gesteinsproben, die der Rover Perseverance gesammelt hatte. Aber diese Pläne stehen nun völlig in Frage, weil die Kosten für die Probenrückführung explodiert sind und man nun von vorn anfängt.
Das Buch ist in einer klaren und gut verständlichen Sprache geschrieben, und die Druckqualität der Bilder ist ausgezeichnet. Nur gelegentlich fällt mal ein kleiner Fehler oder eine Ungenauigkeit auf: So ist Phobos nicht der einzige Mond im Sonnensystem, der seinen Planeten schneller umläuft, als dieser rotiert; dies schaffen auch einige der innersten kleinen Uranusmonde. Auf Asteroiden findet man sehr wohl auch basaltische Gesteine, zum Beispiel auf dem Kleinplaneten (4) Vesta, von dem uns Stücke in Form der seltenen Meteoritenklasse der Eukrite bekannt sind. Manchmal ist das Layout ein wenig unübersichtlich geraten, zum Beispiel auf den Seiten 24 und 25, dort kann man den Haupttext mit der Bildlegende in der Seitenmitte verwechseln, so dass man sich »verlaufen« kann.
Insgesamt ist das Buch aber sehr empfehlenswert und bietet auch dem fortgeschrittenen Marsfan noch eine Fülle an Informationen und selten gesehenen Bildern.
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