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»Mission Fühlen«: Über die Psyche von Astronauten

Die Raumfahrt bringt Menschen in Extremsituationen – und stellt sie zugleich vor Herausforderungen, die uns auch auf der Erde begegnen. Was wir davon lernen können.

Alexandra de Carvalho ist psychologische Psychotherapeutin. In ihrem Buch schildert sie ihre Erlebnisse als Teampsychologin für »Analog-Astronauten«. Diese testen auf der Erde, »was Menschen brauchen, um eine lange Zeit abseits der Erde psychisch und körperlich zu überleben und zurechtzukommen«. Damit liefern sie wertvolle Daten für die Raumfahrt. Während Wochen oder Monaten, die sie isoliert auf Tiefseemissionen oder Bergexpeditionen verbringen, führen die Analog-Astronauten Experimente durch, testen Geräte oder simulieren die zeitverzögerte Kommunikation zur Erde. Häufig werden sie dabei bewusst unter Stress gesetzt.

Die Autorin ist für das seelische Wohl der Teilnehmenden zuständig. Dabei betritt sie aus wissenschaftlicher Sicht häufig Neuland, denn die Bedingungen der Raumfahrt waren lange Zeit kein Gegenstand ziviler psychologischer Forschung – ist die Raumfahrt doch meist in militärische Strukturen eingebunden.

Strategien gegen den Stress

Die Teilnehmenden müssen sehr gute Strategien entwickeln, um den extremen Testbedingungen standzuhalten, zu denen oft räumliche Enge gehört. Können wir aus ihren Erfahrungen lernen? Immerhin müssen wir nicht nur unseren Alltag meistern, sondern dabei auch mit schwierigen Rahmenbedingungen und den Krisen der Welt umgehen. Ja, sagt die Autorin, nachdem sie mit zahlreichen Raumfahrenden sowie mit anderen Psychologinnen und Psychologen gesprochen hat. Es gibt Tricks, die auch jenseits der Raumfahrt dabei helfen können, mit herausfordernden Bedingungen zurechtzukommen. So hilft es etwa im Umgang mit Belastungen, einen Rhythmus und Routinen zu entwickeln und sich stets aktiv zu halten.

Emotionen sind universell

Die Autorin hat ihre Erlebnisse und die daraus abgeleiteten Tipps in thematische Schwerpunkte unterteilt. So dreht sich etwa in einem Kapitel alles um »Einsamkeit«, in anderen Kapiteln geht es um »Kommunikation« oder »Motivation«. Dabei lässt Alexandra de Carvalho die Erfahrungen einfließen, die sie als Therapeutin mit Analog-Astronauten gesammelt hat.

Eines macht die Autorin deutlich: Raumfahrer sind keinesfalls abgebrühte Überflieger, denen Angst grundsätzlich fremd wäre. Vielmehr sind es Menschen wie du und ich, sie stehen vor den gleichen Herausforderungen. Das bedeutet umgekehrt auch, »dass wir keine Helden sein müssen, um Probleme und Sorgen zu bewältigen«.

Die Autorin erschließt einen immensen Wissens- und Erfahrungsschatz. Sie zitiert aus Interviews, beschreibt persönliche Erfahrungen und Begegnungen, erläutert Fachliteratur und Studien oder verknüpft Alltagsthemen mit Anekdoten aus der Raumfahrt. Alexandra de Carvalho kommt dabei ohne Fachbegriffe aus, so dass für die Lektüre kein Vorwissen nötig ist. Das macht das Buch zu einem abwechslungsreichen Leseerlebnis, bei dem man viel lernt. Gleichzeitig fällt es mitunter schwer, beim Erzähltempo der Autorin mitzuhalten. Konzentriertes Lesen ist also die Voraussetzung dafür, den Gedankensprüngen und Themenwechseln der Autorin folgen zu können. Es lohnt sich.

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