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Handbuch der gesunden Ernährung

Ein Arzt für Naturheilkunde erklärt, wie man mit Fasten und bewusster Ernährung vielen Krankheiten vorbeugen oder ihre Behandlung unterstützen kann.

Viel Gemüse und Hülsenfrüchte, viel gesunde Fette aus Olivenöl und Nüssen, wenig bis kein Fleisch, Fisch oder Milchprodukte – das scheint nach aktueller Studienlage die Quintessenz einer gesunden Ernährung zu sein. Da diese Ernährungsweise traditionell vor allem in Italien und Griechenland praktiziert wurde, bezeichnet man sie als mediterran. Andreas Michalsen, Professor für Naturheilkunde unter anderem an der Charité Berlin, schwört auf mediterrane Ernährung – nicht in erster Linie, um abzunehmen, sondern vor allem für die Gesundheit von Herz und Kreislauf. Naturheilkunde ist dabei nicht gleichzusetzen mit so genannter Alternativmedizin, speziell nicht mit Homöopathie, auch wenn diese immer wieder gern und fälschlich für sich in Anspruch nimmt, Naturheilkunde zu sein.

In seinem neuen Buch »Mit Ernährung heilen« hat Michalsen sein umfangreiches Wissen über Fasten und gesunde Ernährung zusammengefasst. Das Werk ist kein reiner Ratgeber, sondern ein Handbuch, das neben theoretischen Ausführungen etwa über die Wirkung bestimmter Lebensmittel auf den menschlichen Stoffwechsel auch viele praktische Tipps enthält. Im ersten von vier Teilen geht der Autor auf die Evolution des Menschen und Ernährungsweisen unserer Vorfahren ein, bei denen vor allem Früchte und Pflanzenteile eine Rolle spielten, Fleisch hingegen weniger. Auch wechselten sich etwa in der Steinzeit vermutlich Phasen der Nahrungsaufnahme mit langen Fastenperioden ab, und es wird diskutiert, ob diese Lebensweise physiologisch günstig ist.

Die sich nie satt essen

Im zweiten Teil stellt der Autor verschiedene Ernährungsweisen vor, die ein langes und gesundes Leben zu fördern scheinen. Dabei wird deutlich, dass es durchaus mehrere Möglichkeiten gibt, gesund zu essen, manche sogar kontraintuitiv wie die weitgehend obstfreie Ernährung der Japaner auf der Insel Okinawa. Diese verzehren allerdings kaum Fleisch und essen sich aus religiösen Gründen niemals vollständig satt. Weiterhin behandelt Michalsen detailliert die großen Nährstoffgruppen. So erfährt man etwas über »gute« und »schlechte« Fette oder darüber, warum Proteine mehr sättigen als Fette. Viel Gemüse und Vollkorngetreide, kaum Zucker, viele Ballaststoffe, regionale, naturbelassene Produkte – so lauten Michalsens Empfehlungen für eine vollwertige Ernährung.

So weit, so erwartbar. Doch das Buch birgt auch einige Überraschungen. So hält der Autor vor allem Fisch und Milchprodukte für weit weniger gesund als gemeinhin propagiert – Ersteren vor allem wegen der hohen Belastung mit Umweltgiften, Letztere auf Grund ihres hohen Protein- und Signalstoffgehalts. Milch hat von Natur aus den »Zweck«, das Wachstum der Jungtiere zu fördern; bei Erwachsenen ist dieser Effekt unerwünscht und kann möglicherweise die Krebsentstehung begünstigen. Während Michalsen eine weitgehend vegetarische/vegane Lebensweise befürwortet, kritisiert er die meisten Diäten wie die proteinreiche Atkins-Diät oder die so genannte Paläodiät. Vermeintlich besonders gesunden Lebensmitteln, speziell dem »Superfood«, und ihren Inhaltsstoffen widmet er ein ausgiebiges Kapitel.

Im dritten Teil dreht sich alles rund ums Fasten, laut Michalsen ein wichtiges Mittel zur Vorbeugung oder Besserung vieler Leiden, vor allem vieler Zivilisationskrankheiten. So zeigten Tierversuche, dass eine Kalorienreduktion die Lebensspanne um bis zu 40 Prozent verlängern kann. Die verschiedenen Fastenarten und ihre Wirkung auf molekularer Ebene stellt der Autor auf Basis gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse und Studien dar. Letztere sind im Literaturverzeichnis aufgeführt. Als Handreichung liefert er außerdem konkrete Tages- und Einkaufspläne mit.

Im letzten Abschnitt geht Michalsen darauf ein, welche Ernährungsweisen bei verschiedenen Krankheiten angezeigt sind. Eine gesunde Diät, die für alle und in jeder Situation gilt, gibt es demnach nicht. In diesem Zusammenhang zeigt der Autor die Grenzen der naturheilkundlichen Behandlung auf und legt dar, welche Personengruppen nur unter ärztlicher Begleitung oder gar nicht fasten sollten.

Eingestreute Geschichten von Patienten, die von einer naturheilkundlichen Therapie profitiert haben, machen deutlich, was eine Ernährungsumstellung therapiebegleitend bewirken kann. So konnten viele Betroffene die Medikamenteneinnahme reduzieren und lebten sowohl gesünder als auch zufriedener. Der Text ist dank vieler stichwortartiger Zusammenfassungen und Tabellen leicht zu lesen und gut verständlich. Wer lediglich einen Ratgeber zum Abnehmen sucht, ist mit dem umfangreichen Werk eher nicht gut bedient. Wer dagegen seine Ernährung nachhaltig umstellen möchte, um länger und gesünder zu leben, wird darin viele wertvolle Anregungen erhalten.

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