»Miteinander reden«: Weil Eltern auch Paare sind
Der Übergang zum Elternsein ist für viele Paare eine große Herausforderung. Häufig wird die Rollenverteilung nach der Geburt eines Kindes wieder traditioneller: Mütter bleiben öfter zu Hause und kümmern sich um den Nachwuchs, während Väter mehr Zeit in die Erwerbstätigkeit investieren. Gleichzeitig nehmen die Pflichten für beide Partner zu, denn für Eltern ist – vor allem solange die Kinder klein sind – kaum mal wirklich Feierabend. Dies und die Notwendigkeit, Aufgaben zu verteilen, führt oft dazu, dass kaum noch Zeit gemeinsam verbracht wird. Eltern verlieren sich als Paar aus den Augen und verlernen, sich – jenseits von Absprachen zu Alltagsfragen – vertieft und in Ruhe zu unterhalten. Da der Alltag selbst so fordernd ist, kommt auch der Austausch über persönliche Haltungen und Erziehungsfragen oft zu kurz.
Während für Paare generell viele Angebote wie etwa Fragenkarten existieren, um (wieder) miteinander ins Gespräch zu kommen, gibt es kaum Entsprechendes für Eltern. Doch gerade bei ihnen sei es wichtig, dass sie auf ihre Bedürfnisse als Paar achten und dabei auch ihre Rollen als Partner und Eltern reflektieren, so die Entwicklungspsychologin Patricia Lannen und der Kinder- und Jugendarzt Oskar Lenni. Die beiden Schweizer haben deshalb 101 Fragen gesammelt, die Eltern solche wertvollen Gespräche ermöglichen sollen. Erschienen ist diese Fragensammlung beim Züricher Verlag Kein & Aber, der hier und generell Wert auf eine ansprechende und individuelle Gestaltung seiner Bücher legt.
So ist »Miteinander reden« ein Buch, das man gerne in die Hand nimmt – und dies im wörtlichen Sinne, denn das Format ist so gewählt, dass es gut in der Hand liegt und in jede Tasche passt. Die Fragen sind in die Themengebiete »Fragen zum Paarsein«, »Fragen zum Elternsein«, »Fragen zum Kind« und »Fragen zur Familie« untergliedert und hier jeweils auf eine unterschiedliche Hintergrundfarbe gedruckt, so dass die Orientierung sehr leicht fällt. Auch die Gesprächsanregungen selbst bestehen jeweils aus einem einzigen Satz; so können die Fragen in fast jeder Alltagssituation gestellt und beantwortet werden. Die Autoren möchten diese Fragen als Leitfaden verstanden wissen, der ein Gespräch in Gang bringen kann. Um einen Ratgeber handelt es sich bei »Miteinander reden« ausdrücklich nicht, und so bietet das Buch auch keine Antworten.
Vorbild sein
Laut Vorwort ist das Buch für alle Menschen geeignet, die gemeinsam für die Erziehung von Kindern Verantwortung übernehmen. Dabei ist es egal, ob es sich um die biologischen Eltern handelt, ob die Beziehung gegen- oder gleichgeschlechtlich ist oder ob sich gerade erst eine Patchworkfamilie zusammenfindet. Selbst langjährige Partner mit bereits älteren Kindern können profitieren, denn Einstellungen können sich mit der Zeit verändern, wie die Autoren schreiben. Aus diesem Grund kann das Buch auch immer wieder verwendet, können einzelne Fragen mehrmals gestellt werden. Es feste Reihenfolge gibt es dabei nicht.
Zu Beginn des Buchs erläutert eine »Gebrauchsanweisung« unter anderem die Regeln für eine gute Kommunikation. Auch zu jedem Themenbereich gibt es eine kurze Einführung. Die Literaturliste im Anhang führt neben englischsprachiger Originalliteratur auch deutschsprachige Buchtitel auf, die zur Vertiefung des Themas »Kommunikation in der Familie« herangezogen werden können. Gesprächspartner bleiben jedoch immer die Eltern – gemäß dem Motto: »starke Eltern haben glückliche Kinder«. Denn, so die Autoren, im Idealfall lernen die Kinder durch die Beobachtung ihrer Eltern, wie man einfühlsam und rücksichtsvoll miteinander umgeht.
Wenn es, wie dieses Buch zeigt, hilfreich ist, dass sich Elternteile regelmäßig über ihre Kinder und den Umgang mit ihnen austauschen, könnte auch ein eigener Fragenkatalog für das Gespräch der Eltern mit ihren Kindern sinnvoll sein. Aber vielleicht ist dafür ja schon ein weiteres Buch in Planung …
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