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»Miteinander«: Ein wertvolles Buch über das Miteinander in der Natur

Blütenwiese im Garten

Es ist sehr selten, dass ein Bildautor als Erster genannt wird, wenn es noch weitere Buchautoren gibt. Johann Brandstetter ist allerdings nicht irgendein Illustrator, sondern ein außergewöhnlich guter und sicher manchen schon bekannt durch seine Schmetterlingsbilder oder die Zusammenarbeit mit dem Münchener Zoologen Prof. Dr. Josef H. Reichholf in mehreren Büchern.

Als ausgebildeter Kirchenmaler und Restaurator hat er in die Kunst des Zeichnens gewechselt, und das mit großem Erfolg. Seine Textpartnerin Dr. Elke Zippel ist Mitarbeiterin am Botanischen Garten und Botanischen Museum Berlin, zuständig für die Saatgutsammlungen. Sie sind ein gutes Gespann und herausgekommen ist ein – im Sinne des Wortes – schönes Buch: der Text ist einfühlend erzählend, die Zeichnungen von geradezu hinreißender Präzision.

Der Titel könnte dazu verleiten zu glauben, es ginge um Symbiosen. Aber das stimmt nicht. Wer sich jedoch nach dem Genuss dieses Buches auch für dieses Thema interessiert, wird unter Brandstetter und Reichholf unter dem Titel »Symbiosen« auch bei der Konkurrenz fündig. Es war sogar »Schönstes Wissenschaftsbuch des Jahres 2017« .

»Miteinander« meint hier nur das Zusammenleben von Tieren und Pflanzen als Ergebnis ähnlicher Lebensbedingungen, ohne dies streng soziologisch bis zum letzten Buchstaben durchzuhalten. Aus insgesamt fünf Lebensräumen – Feld und Flur, Wiesen, Feuchtgebiete, Wälder und Hochgebirge – werden einzelne typische, häufige und seltene, besonders schöne und interessante Tiere und Pflanzen ausgewählt. Der dazu passende Text mit Erzählungen zu deren Biologie steht fast immer unmittelbar daneben. Nicht belehrend, aber aktuell und beeindruckend im Stil und Inhalt.

Die doppelseitigen Tafeln verschaffen einen Überblick. Sie sehen ein wenig so aus, wie man etwa zu Humboldts Zeiten auf den Reisen in ferne Länder ein Feldbuch führte mit Zeichnungen, Skizzen und auch Text, alles nebeneinander. Beim Verkleinern der Vorlagen für den Druck haben allerdings die Texte gelitten: Sie sind sehr klein geworden und Brandstetters Schrift ist eine ausgeschriebene Klaue. Es macht aber Spaß, mit einer Lupe zu erraten, was da steht. Besonders gefallen hat mir die doppelseitige Tafel für das Hochgebirge. Die einseitigen Tafeln sind fast ausnahmslos einzelnen Arten gewidmet und ihre Genauigkeit ist so hoch, dass ich das Bild einer blühenden Wiese auf der Rückseite des Schmutztitels (S. 4) für eine Fotografie hielt.

Unabhängig von Jahreszeiten und ohne systematisches Vorgehen folgen nun in der oben angegebenen Reihenfolge wie auf einem Spaziergang die einzelnen Arten in ihren Lebensräumen. Die zugehörenden Abbildungen sind von so fantastischer Qualität, dass sie allein reichen, den Kauf des nicht gerade billigen Buches zu rechtfertigen. Brillant die Wiese mit Schwerpunkt auf der Bestäubung von Salbei, der Biologie des Ölkäfers, Großtrappe und Kampfläufer bei der Balz. Aus den feuchten Gebieten gibt es Bilder von Kranichen im Flug, aus dem Leben der Zwergmaus und vom Sonnentau, im Wald von Pilzen, dem Aronstab und dem Ziegenmelker, von den alpinen Matten den Gelben und den Frühlings-Enzian. Dass die zweiseitigen Tafeln ein wenig wie »Wimmelbilder« aussehen, macht das Buch zusätzlich für Kinder interessant, die es mit Sicherheit gerne anschauen. Erzählen kann man dazu ganz leicht, wenn sie noch nicht lesen können, denn der Text steht eigentlich immer ganz in der Nähe.

Die Schönheit der abgebildeten und besprochenen »Vielfalt« ist stellenweise bereits extrem selten oder ganz verloren, z. B. Frauenschuh oder Ziegenmelker. Man begreift hier die Zerbrechlichkeit ihrer Lebensräume und erkennt vielleicht, dass es sich lohnen würde, sie allein um dieser Schönheit willen zu schützen. Es gibt aber auch Erfolge durch den Schutz der Räume, z. B. bei der Bocksriemenzunge, dem Kranich oder dem Bienenfresser. Das macht dann wieder etwas Hoffnung. Dieses Buch ist ein absolut wichtiges Buch, als Geschenk, als ideales Mitbringsel und als ein – noch einmal im Sinne des Wortes – wertvolles Buch.

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