»Planck oder Als das Licht seine Leichtigkeit verlor«: Tragödie um die Söhne
Es waren dunkle Zeiten, die Max Planck im Jahr 1944 durchstehen musste. Kurz nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli hatte man seinen Sohn Erwin verhaftet. Man beschuldigte ihn, Mitverschwörer des Anschlags gewesen zu sein. Erwin Planck war tatsächlich in den Umsturzversuch involviert, der so vielen Menschen das Leben gerettet hätte. Was das bedeutete, war klar: ein Todesurteil, das nur noch durch einen Scheinprozess bestätigt werden musste. Max Planck drohte das Schicksal, sein letztes Kind zu verlieren.
Eine hoffnungslose Situation
Und es sollte noch schlimmer für den damals 87-Jährigen kommen: Als sein Sohn Erwin schon längst im Gefängnis saß und auf seinen Prozess wartete, lag auf dem Tisch des Begründers der Quantenphysik bereits seit Wochen ein Schreiben der Reichskulturkammer. Ihr Präsident forderte den Forscher darin auf, sich in einem Artikel für eine Broschüre bedingungslos zum Führer zu bekennen. Max Planck war ratlos und verzweifelt.
In diese hoffnungslose Situation versetzt sich der Schriftsteller Steffen Schroeder in seinem Buch »Planck oder Als das Licht seine Leichtigkeit verlor«. Er lässt Planck alle Optionen durchspielen, die er damals wohl hatte. Doch die Lage war mehr als verfahren, egal wie man es betrachtete.
Steffen Schroeders Buch läuft unter dem Genre des Romans. Es ist jedoch weit mehr als das. Auf Basis belegter Zeitzeugnisse und Geschehnisse erzählt es die Geschichte vor allem der Söhne von Max Planck und Albert Einstein im letzten halben Jahr des Zweiten Weltkriegs. Sowohl Erwin Planck als auch Eduard Einstein standen im Schatten ihrer berühmten Väter. Das dürfte auch schon die einzige Gemeinsamkeit sein. Denn während Erwin Planck in der Weimarer Republik eine steile Politikkarriere hinlegte, fand sich Eduard Einstein viele Jahre in der psychiatrischen Heilanstalt Burghölzli wieder.
Schroeder versetzt sich in die Charaktere der Söhne. Er versucht, die Gedanken des inhaftieren Erwin Planck nachzuvollziehen, die ihm in seiner engen Zelle in Berlin-Tegel durch den Kopf schießen, während er zuschauen muss, wie immer mehr seiner Mitstreiter von den Nazis verurteilt und umgebracht werden.
Parallel dazu schwenkt Schroeder nach Burghölzli in die Schweiz. Dort arbeitet Eduard Einstein seine Beziehung zu seinem berühmten Vater auf, der in die USA ausgewandert ist und kaum mehr Kontakt zu seinem Sohn pflegt. Klar wird: Eduard ist ziemlich wütend auf seinen Vater. Ebenso versetzt sich Schroeder aber auch in die Gedankenwelt von Albert Einstein viele tausend Kilometer über dem Atlantik und gibt damit Einblicke in dessen Charakter.
In Berlin kommt Max Planck der Aufforderung der Reichskulturkammer nicht nach. Er verfasst ein Ablehnungsschreiben. Festen Halt geben ihm in dieser Zeit seine gut besuchten Vorträge über Quantenphysik. Doch Planck fühlt: Das Licht, um das sich ein Großteil seiner Forschung drehte und ihm einst Leichtigkeit verschaffte, hat in diesen Tagen ebenjene verloren. Im Januar 1945 wird Erwin Planck von den Nazis in Berlin-Plötzensee erhängt. Eduard Einstein überlebt den Krieg und stirbt 1965, nachdem er insgesamt 14 Jahre in Burghölzli verbracht hatte.
In diesem Buch verschmelzen dokumentierte Geschichte und Zeitzeugnisse mit den Ideen und Interpretationen des Autors. Höchst empathisch versetzt sich Schroeder in die Gedankenwelten der Protagonisten. Über die Erzählung der beiden Familientragödien erhält man einen kurzweiligen und teilweise fesselnden Einblick in die Biografien zweier weltberühmter Wissenschaftler und ihrer Söhne. So wie es hier zu lesen ist, könnte es sich durchaus abgespielt haben.
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