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»Puderzucker an der Waffel«: Hilfreiches Wissen für junge Seelen in Not

Wie bleibt die Seele gesund? Was kann ich tun in der Krise? Welche psychischen Krankheiten gibt es? Jana Hauschild gibt Jugendlichen hilfreiche Antworten auf solch wichtige Fragen

Der deutschen Jugend geht es nicht gut. Laut der Trendstudie »Jugend in Deutschland 2024« ist jeder zehnte Teenager wegen einer psychischen Störung in Behandlung. Ein Hauptgrund dafür: Insbesondere junge Menschen leiden bis heute an den Nachwirkungen der Pandemie. Trotz der alarmierenden Zahlen findet nach wie vor viel zu selten eine echte Auseinandersetzung mit dem Thema »mentale Gesundheit im Alltag von Jugendlichen« statt – sei es in der Schule oder im Elternhaus. Demgegenüber steht eine überwältigende Präsenz in den sozialen Medien. Aktuell werden unter dem Hashtag #mentalhealth auf Instagram mehr als 60 Millionen Beiträge geteilt. Das wachsende Bewusstsein für die Problematik ist einerseits gut, andererseits sind die allermeisten Tiktoker und Youtuber aber keine Experten für Selbstfürsorge und Psyche.

Wie schön, dass es gut recherchierte und mit Kompetenz geschriebene Sachbücher für Jugendliche gibt, die ihnen drängende Fragen rund um ihre psychische Gesundheit differenziert beantworten. Dazu zählt auch Jana Hauschilds »Puderzucker an der Waffel – Wie die Psyche im Gleichgewicht bleibt«. Mit ihrem fast 300 Seiten starken Ratgeber will die Psychologin und Journalistin über psychische Gesundheit informieren, Berührungsängste mit dem Thema abbauen, über psychische Erkrankungen und ihre Ursachen aufklären sowie konkrete Tipps zum Meistern von Krisen geben. Das gelingt Hauschild in einem – angesichts des anspruchsvollen Stoffs – erstaunlich lockeren Ton, auf Augenhöhe und oft mit direkter Ansprache. Gleichzeitig ist auf jeder Seite spürbar, wie ernst sie ihre jungen Leser nimmt.

Das Buch ist schlüssig aufgebaut, die Inhalte werden gut strukturiert präsentiert. Markierte Infokästen, kleine Illustrationen und Tabellen lockern das Layout auf. Hinter QR-Codes verbergen sich Videos mit Experimenten, Tests, Adressen von Anlaufstellen oder Hilfeportalen. Es ist also weder gewollt noch sinnvoll, das Buch linear zu lesen; vielmehr ist es als Nachschlagewerk konzipiert, das Teenager bei Bedarf gezielt zur Hand nehmen können.

Wertvolle Aufklärung zu psychischen Erkrankungen

Der auf den ersten Blick schräge Titel »Puderzucker an der Waffel« spielt auf eine bekannte Redewendung an und bildet eine Klammer für die beiden wichtigsten Kapitel: die Darstellung der häufigsten psychischen Erkrankungen und die Hinweise dazu, wie Jugendliche aus seelischen Krisen herausfinden können. Zuerst widmet sich Hauschild »der Waffel«, also der Erkundung unseres Gehirns. Hier liefert sie etwa eine Erklärung dafür, warum 75 Prozent (!) aller psychischen Erkrankungen schon vor dem 25. Lebensjahr beginnen: Junge Menschen erleben auf Grund der Hormonschwemme und der Umbauarbeiten im Gehirn im Alter zwischen 12 und 25 Jahren oft besonders viele und heftige Gefühle. Das macht sie anfälliger für psychische Probleme und Erkrankungen. Neben fehlender Resilienz, genetischer Prädisposition oder einem schwierigen Umfeld gibt es noch weitere negative Faktoren, denen die Autorin zu Recht Raum gibt: Aktuelle Krisen wie Fluchterfahrungen und Kriege, die Klimakrise oder der Leistungsdruck in Schule und Gesellschaft haben einen großen Einfluss darauf, wie es der Jugend geht (und natürlich nicht nur ihr).

Jana Hauschild erläutert von der Angststörung bis zur Sucht die wichtigsten psychischen Erkrankungen und räumt dabei mit ein paar Mythen auf. So heißt psychisch zu erkranken keineswegs zwingend, dass man ein Leben lang von Depressionen geplagt wird. Und dass jeder, der unter einer psychischen Störung leidet, daran selbst schuld ist, entlarvt sie ebenfalls als Irrglaube. Die Autorin gibt auch Tipps dazu, an wen man sich wenden kann, wenn die Seele krank ist, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt und was einen guten Therapeuten auszeichnet. Mut macht die Erwähnung zahlreicher Promis, die an psychischen Erkrankungen leiden oder litten und offen damit umgehen: Prinz Harry hatte eine Angststörung, der Schauspieler Dwayne Johnson leidet unter Depressionen und Lady Gaga kämpfte mit einer Essstörung.

Dann rieselt der titelgebende »Puderzucker« auf die Seiten: »Jeder Mensch kann in eine seelische Krise geraten. Aber keiner ist dem ganz und gar machtlos ausgeliefert. Denn jeder kann Puderzucker auf seine Waffel streuen«, so Hauschild. Will heißen: kann sich und seiner Seele etwas Gutes tun. Das lässt sich lernen, wie die Autorin anhand vieler Beispiele aufzeigt. Ein wirksamer Helfer für Kopf und Seele kann zum Beispiel das bewusste Wahrnehmen mit allen Sinnen sein; bestimmte Atemübungen tun Wunder in besonders stressigen Situationen; und Sport zusammen mit Freunden hilft dabei, Dampf abzulassen.

Bücher wie das von Jana Hauschild sind wichtig – und allen zur Lektüre empfohlen, denen junge Menschen am Herzen liegen, und natürlich auch den Jugendlichen selbst. Es geht ums Hinschauen, Zuhören und Ernstnehmen bei einer großen Gruppe von Leidtragenden, die sich häufig – und vor allem nach der Pandemie – von der Gesellschaft alleingelassen fühlen.

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