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Auf der Spur des Schweifsterns

Im Sommer 2014 ist es soweit. Nach über zehnjähriger Reise erreicht die europäische Raumsonde Rosetta ihr Ziel: den Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko. Als besonderer Höhepunkt ist geplant, dass am 11. November eine kleine Tochtersonde auf dem Kometen weich landen soll. Dies ist die bislang ehrgeizigste Mission unter Federführung der europäischen Raumfahrtagentur ESA. Grund genug also, sich mit diesem Buch genau über das Vorhaben zu informieren.

Sterne mit Haaren

Die Autoren berichten aus erster Hand: Beide sind beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit der Kometenmission befasst. Das Buch hat einen sehr klaren Aufbau. Zunächst erfährt der Leser, welche Vorstellungen und Ängste die Menschen früher mit Kometen verbanden, bevor man wusste, dass diese Himmelskörper relativ harmlose, schmutzige Schneebälle sind, die im Sonnensystem ihre Bahnen ziehen und bei Annäherung an die Sonne ausgasen – wobei ihre gewaltigen Schweife entstehen, die ihnen den Namen "Haarsterne" einbrachten. Es folgt eine allgemeine Beschreibung der Eigenschaften von Kometen, ihren Umlaufbahnen und ihrer vermuteten Herkunft aus der Oort’schen Wolke – jener hypothetischen, riesigen Ansammlung astronomischer Objekte im äußersten Bereich des Sonnensystems. Anschließend gehen die Autoren auf einzelne, besondere Kometen ein. Das sind etwa der berühmte Halley, der 76 Jahre für einen Sonnenumlauf braucht, der Komet Shoemaker-Levy 9, der 1994 in den Planeten Jupiter stürzte, oder eben auch der Zielkomet von Rosetta.

Nach einem kurzen Abstecher zum Thema Asteroiden besprechen die Autoren die Missionen, die 1986 den Kometen Halley bei seinem jüngsten Flug durchs innere Sonnensystem besuchten. Dabei entstand das bislang schärfste Bild eines Kometenkerns, aufgenommen von der Giotto-Sonde. Die verbleibenden Kapitel widmen sich der Rosetta-Mission: Wie sie geplant wurde, wie Forscher und Techniker ihre Sonde und ihren Lander entwickelten, und wie schließlich die zehn Jahre währende Reise ablief, die 2004 mit dem Start auf einer Ariane-5-Rakete begann. Als deren letzter Meilenstein gilt das Wiedererwachen von Rosetta nach jahrelangen "Winterschlaf" am 20. Januar dieses Jahres. Es gelang erst 18 Minuten später als geplant, da der Bordcomputer dabei einmal abstürzte.

Unnötig kompliziert

Soweit folgt das Werk einem guten Konzept. Leider stellt sich beim Lesen heraus, dass die Lektüre vielfach mühsam ist. So versuchen die Autoren, das Zweikörperproblem zu beschreiben, also die Berechnung, wie sich zwei Körper unter dem Einfluss ihrer gegenseitigen Schwerkraft bewegen. Man fragt sich, warum Möhlmann und Ulamec das überhaupt tun, denn für alle im Buch vorkommenden Fälle genügt eigentlich die Vereinfachung des Problems auf ein (gedacht) masseloses Objekt, das sich im Schwerkraftfeld der Sonne bewegt. Obendrein verzichten die Autoren auf eine Rechnung und beschreiben stattdessen verbal, wie man das Problem angeht – was noch unverständlicher ist als es eine Rechnung wäre. Leser ohne mathematische Vorbildung werden daraus nicht schlau, und für solche mit Physikkenntnissen wären Formeln kürzer und nachvollziehbarer gewesen.

Etwas mehr Mühe hätten sich die Autoren auch beim Beschreiben der wissenschaftlichen Experimentiereinrichtungen geben können, die Rosetta zum Kometen trägt. Gerade einmal vier Seiten sind denen gewidmet – dabei besteht das Ziel der Mission doch im Wesentlichen darin, die entsprechenden Versuche auf dem Kometen durchzuführen. Das knappe Abhandeln der Experimente rückt die Mission in ein falsches Licht – der Anflug und die Landung auf einem Kometen sind ja noch kein wissenschaftliches Ziel an sich, sondern erst die Voraussetzung, um wissenschaftliche Fragen beantworten zu können. Die Frage nach dem Warum der Mission bleibt so offen.

Parade der Mitwirkenden

Ermüdend präsentieren sich die langen Passagen, die wohl beinahe jede beteiligte Institution, wenn nicht gar jeden Wissenschaftler und Ingenieur nennen. Rosetta ist eine internationale Mission, an der Wissenschaftler und Ingenieure aus 17 Ländern mitwirken, das wird dem Leser bei der Lektüre mehr als deutlich – sofern er das Buch nicht gelangweilt zur Seite legt. Der Text bekommt dadurch stellenweise den Charakter eines Jahresberichts.

Lustigerweise endet das Werk mit einem Bastelbogen zum Rosetta-Lander, Schere und Klebstoff liegen jedoch nicht bei. Vermutlich war das eher eine Idee der Verlagsmitarbeiter als der Autoren – der Kosmos-Verlag ist für derartige Spielereien ja bekannt.

Am Ende fragt man sich, wer das Buch lesen soll. Am ehesten taugt es zum Erinnerungsstück im Regal der beteiligten Wissenschaftler und Ingenieure, deren Schreibtisch dann das Papiermodell schmückt. Damit würde das Werk immerhin ein Publikum von vielen hundert Personen erreichen.

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