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»Sam Altman«: Milliardär und Weltverbesserer

Wie konnte der Chef von OpenAI in so kurzer Zeit so mächtig werden? Keach Hagey gibt die Äußerungen von Altman selbst und 250 seiner Zeitgenossen wieder – einschließlich belangloser Einzelheiten.

Der kleine Junge ist aufgeweckt und interessiert sich schon früh für Erwachsenendinge. Mit acht Jahren bekommt er seinen ersten Computer geschenkt, und wenig später fragen die Lehrer ihn, wenn sie mit dem Schulcomputer nicht zurechtkommen. Mühelos erfüllt er die Aufnahmebedingungen der renommiertesten Universitäten, und schon bald verbringt er, statt zu studieren, gemeinsam mit Freunden Tage und Nächte damit, sich die verschiedensten Computer gefügig zu machen, nur unterbrochen durch das Nötigste an Schlaf und Fast Food.

So oder so ähnlich beginnt das Leben zahlreicher – fast ausschließlich männlicher – Amerikaner, die in den 1980er Jahren oder später geboren sind. Aber nur einer von ihnen legt einen derart raketenartigen Aufstieg hin: Sam Altman, Jahrgang 1985, wird der Chef von OpenAI, der Firma, die ChatGPT entwickelt und auf den Markt gebracht hat, und damit einer der mächtigsten Männer der Welt. Staatschefs rund um den Globus hängen an seinen Lippen, um sich für die Umwälzungen zu wappnen, welche die derzeit führende künstliche Intelligenz mit sich bringt – und die Gefahren, die mit ihrem Siegeszug einhergehen. Wie kam es zu dieser beispiellosen Karriere?

Nein, Sam Altman hat ChatGPT nicht erfunden, auch wenn der Text auf dem Schutzumschlag des Buchs das behauptet. Mit einer einzigen selbst programmierten Applikation hat er Geld verdient: Das Programm »Loopt« zeigt dem Nutzer eines Mobiltelefons, wo in der Nähe sich seine Freunde aufhalten. Nach einem kurzen Strohfeuer stellt sich heraus, dass die Freunde in der Mehrzahl gar nicht unter allen Umständen gefunden werden wollen. Das Programm verschwindet in der Versenkung, aber sein Schöpfer kann es noch mit Gewinn verkaufen, weil der Käufer an dem dreißigköpfigen Entwicklerteam interessiert ist.

Extremer Optimismus

Was ist dann so besonders an Sam Altman? Ausgiebig zitierte Aussagen seiner Zeitgenossen heben neben seiner scharfen Intelligenz und der Fähigkeit, Dinge mit wenigen Worten auf den Punkt zu bringen, seinen unerschütterlichen Optimismus hervor sowie seine Bereitschaft, »an jede Prognose noch eine Null anzuhängen«. Mit Blick auf Steve Jobs, den mittlerweile verstorbenen Chef von Apple, wurde der pseudophysikalische Begriff »Reality Distortion Field« geprägt für die Kunst, sich die Realität so zurechtzubiegen, dass sie diesen Optimismus rechtfertigt. Anscheinend hat diese spezielle Form der Verzerrung bei Altman Erfolg gehabt.

Noch wichtiger sind jedoch seine extrem gute Vernetzung und seine Begabung für komplizierte Finanzkonstruktionen. Altman wird zur zentralen Figur des Unternehmens »Y Combinator«, dessen Geschäft darin besteht, Einzelpersonen mit einer viel versprechenden Idee (»Start-ups«) und Organisationen, die viel Geld zu verteilen haben, zusammenzubringen. Da er sich auf die Kunst versteht, Start-ups in Massen (»batches«) abzufertigen und sich dennoch persönlich um jedes einzelne zu kümmern, knüpft er ein unschätzbar wertvolles Netz aus Beziehungen, sowohl zur Welt der Computernerds als auch zur Hochfinanz.

So gelingt es ihm, 2015 das Projekt »OpenAI« aus der Taufe zu heben, aus dem etliche Jahre später ChatGPT hervorgeht. Da das Training dieses »Large Language Model« ungeheuer viel Rechenzeit verschlingt, betreten jetzt die Milliardäre die Bühne, unter denen Altman selbst einer der weniger reichen ist. Elon Musk ist unter den Gründern, steigt aber nach einem Zerwürfnis bald wieder aus. Microsoft springt ein und leistet seine Investition im Wesentlichen in Form von Rechenleistung der hauseigenen Server. Im November 2022 wird ChatGPT veröffentlicht, findet binnen weniger Tage mehr als 100 Millionen Nutzer und macht Altman zu einer Berühmtheit.

Ein Jahr später wird er in einer Handstreichaktion als Chef von OpenAI abgesetzt – offensichtlich, weil es seinen Vorstandskollegen unheimlich geworden ist, dass er zu häufig das eine sagte und das andere tat, und weil seine zahlreichen Nebentätigkeiten undurchschaubar werden. Wenige Tage später wird er aber wieder zurückgeholt, weil viel zu viele Leute den Erfolg des Unternehmens seiner Person zuschreiben und mit deren Abgang der Untergang des ganzen Projekts zu befürchten ist.

Wie der Vater, so der Sohn

Eigentlich wollte Altman die künstliche Intelligenz angesichts der Gefahren, die von ihr ausgehen, nicht in die Hände der Mächtigen geraten lassen, sondern öffentlich verfügbar und vor allem öffentlich kontrollierbar machen. Das ist in zweierlei Hinsicht misslungen: Erstens fanden sich nicht genug Investoren, die bereit waren, ihren Gewinn auf das Hundertfache des Einsatzes begrenzen zu lassen (was darüber hinausgeht, wäre dem gemeinnützigen Teil des Projektes zugeflossen). Zweitens und unabhängig davon entschlossen sich die Entwickler, entgegen den ursprünglichen Absichten wesentliche Teile der Software nicht zu veröffentlichen, weil zu befürchten war, dass diese zu böswilligen Zwecken missbraucht werden könnten.

Inzwischen hat ChatGPT allerlei Konkurrenz bekommen, die sämtlich von den Giganten des IT-Geschäfts finanziert wird. Im Endergebnis machen also die Milliardäre die Sache unter sich aus. Damit wiederholt sich im Großen die Geschichte von Sam Altmans Vater Jerry: Der hatte zunächst mit großem Erfolg staatliche Subventionen und günstige Kredite für Wohnraum an Geringverdiener vermittelt, musste dann aber einsehen, dass diese Tätigkeit mit seiner Rolle als Vater von vier Kindern in Konflikt geriet und wurde zu einem gut verdienenden, im Wesentlichen ortsfesten Immobilienmakler.

Auch sein Sohn will unbedingt »die Welt zu einem besseren Ort zu machen« und führt das auf seinen jüdischen Glauben zurück, den er ernster nimmt als seine Eltern. Aus diesem Grund finanziert er auch ein Projekt zur Kernfusion, weil er ganz traditionell daran glaubt, dass reichlich verfügbare Energie der Schlüssel zum Wohl der Menschheit sei.

Das Buch endet offen – kein Wunder, denn der Mann ist ja erst 40 Jahre alt, und es wird sicherlich noch viel über ihn zu berichten sein. Das ist der investigativen Journalistin Keach Hagey nicht zu verübeln. Auch gegen ihren ungeheuren Fleiß ist nichts einzuwenden: Sie hat neben ihrer Hauptperson über 250 Menschen aus Altmans Umfeld interviewt. Nur hat sie am Ende versäumt, das Wichtige vom Unwesentlichen zu trennen, mit dem Ergebnis, dass sie den Leser mit einer Fülle von Einzelheiten überschwemmt, die kaum Substanzielles zur Geschichte beitragen – aber manchmal eben doch, nur dass man diese speziellen Einzelheiten dann längst wieder vergessen hat, wenn sie in einem neuen Kontext wichtig werden könnten. Das macht die Lektüre unnötig mühsam.

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