»Sarggeschichten«: Wegweiser für die letzte Fahrt
Youtube ist ein sehr diverses Filmportal. Sie wollen Ihre Trigonometriekenntnisse auffrischen, um Ihrem Kind bei den Hausaufgaben zu helfen? Kein Problem, es gibt ein Erklärvideo dazu. Sie wissen nicht, wo bei Ihrem Auto die Batterie verbaut ist? Macht nichts, Youtube zeigt es Ihnen.
Die genannten Beispiele dürften den meisten Menschen geläufig sein. Weniger bekannt ist, dass man auf Youtube auch einiges über den Tod lernen kann. Auf ihrem Kanal »Sarggeschichten« veröffentlichen Sarah Benz und Katrin Trommler Kurzfilme, die sich mit diesem Thema befassen. Diese Geschichten gibt es nun in Buchform.
Sarah Benz, die als Bestatterin arbeitet, und Katrin Trommler, Gewandmeisterin am Theater, möchten darüber informieren, was wir rund um den Tod sowie in der Zeit davor und danach selbst gestalten können. Diese Handlungsmöglichkeiten sollen dem Leser angesichts eines Ereignisses, das niemand verhindern kann, etwas Kontrolle zurückgeben und so die Angst vor seinem Eintreten lindern. In fünf Kapiteln geht es unter anderem um die Themen Pflege, Beistand, Bestattung, Abschied und Trauer. Hierbei kommen sowohl Fachleute wie Bestatter und Seelsorger zu Wort als auch Menschen, die einen Verlust erleben mussten und davon erzählen. Diese persönlichen Einschübe, auch von den Autorinnen selbst, machen das Werk sehr nahbar und emotional nachvollziehbar. Besonders die farblich hervorgehobenen Erfahrungen der Autorinnen sind ergreifend und können Menschen, die Schwierigkeiten mit diesem Thema haben, durchaus aufwühlen. Allerdings entsteht so bei der Lektüre auch der Eindruck, dass die Ratschläge im Buch nicht von einer unbeteiligten, möglichst objektiven Position aus formuliert sind, sondern von ebenfalls vom Umgang mit dem Tod Betroffenen.
Was tun, wenn eine Bestattung nicht möglich ist?
Neben den emotionalen Themen wie Abschied und Trauer geht es um ganz praktische Fragen, mit denen sich die wenigsten auseinandersetzen, bevor sie sich in der entsprechenden Situation befinden. Dazu gehören konkrete Bestattungsmöglichkeiten und deren Kosten oder die Bedeutung von Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen. Das Buch präsentiert viele Szenarien, darunter auch ungewöhnliche. So etwa den Umgang mit dem Tod einer Person, bei der es keinen zu bestattenden Körper gibt. Die Trauernden können hier beispielsweise Briefe an den verstorbenen Menschen schreiben oder Orte besuchen, die er gemocht hat. Eine Trauerfeier ohne Beerdigung ist eine weitere Möglichkeit, den Tod in einer solchen Situation so begreifbar wie möglich zu machen. Auch experimentelle Möglichkeiten des Abschieds werden vorgestellt. So bietet unter anderem die Universität der Künste Berlin virtuelle Trauerräume an. Die Autorinnen stellen im Anhang zahlreiche Links zur Verfügung, so dass einzelne Themen durch Internetrecherchen vertieft werden können.
»Sarggeschichten« ist ein umfassendes Werk zum Sterben und dem Tod, das eine Fülle von Informationen, Tipps und Ratschlägen enthält. Seine thematische Breite macht das Buch zu einer Gewinn bringenden Lektüre für ganz unterschiedliche Personen. Sie ermöglicht Lesern, die sich noch nie ernsthaft mit dem Tod und dem Sterben auseinandergesetzt haben, eine erste Annäherung an diese Themen. Und das Buch hilft auch all jenen, deren Angehörige im Sterben liegen oder die sich gerade in einer Trauerphase befinden.
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