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»Survival of the Richest«: Die Sintflut der anderen

Douglas Rushkoff nimmt das Preppertum einiger Superreicher kritisch unter die Lupe, die alles dafür tun, um sich irdischen Katastrophen zu entziehen.

Die Sci-Fi-Action-Rollenspielreihe »Fallout« fasziniert seit 1997 viele Videospielfans, 2024 erschien zudem die erste Staffel der gleichnamigen Fernsehserie. In »Fallout« geht es darum, in einer postapokalyptischen Welt zu überleben. Ähnliches hatten auch einige Firmen im Sinn, die bereits während des Kalten Krieges Bunker bauten und anboten; sie versprachen, dass Menschen in ihnen die Zeit unmittelbar nach einer atomaren Katastrophe, in der die Erdoberfläche unbewohnbar wäre, würden überstehen können. Dieses Szenario aus den Zeiten des nuklearen Hochrüstens im Kalten Krieg scheint inzwischen wieder an Bedeutung gewonnen zu haben; und zwar vor allem für einige Superreiche. Um sie geht es Douglas Rushkoff in »Survival of the Richest«.

Der Medientheoretiker und Professor am Queens College der City University of New York gilt als Vorreiter der Cyberpunk-Bewegung und sorgte gerade zu Beginn des Internetzeitalters mit einigen treffsicheren Vorhersagen für Aufsehen. In der Einleitung seines Werks, das aus 13 Kapiteln zu verschiedenen Technologiethemen besteht, erzählt er von einem Treffen mit einer Gruppe solcher Milliardäre. Er war in ein abgelegenes Luxusresort eingeladen worden, um seinen Gastgebern die Frage zu beantworten, wo man den als sicher angenommenen Weltuntergang – ob dessen Ursache ein Dritter Weltkrieg oder eine Klimakatastrophe sein würde, war ihnen scheinbar nicht so wichtig – am besten überstehen könne und wie man es schaffe, dass die angestellten Söldner, die das eigene Heim beschützen, nicht rebellieren.

Superreiche als Prepper

Das Werk widmet sich unterschiedlichen Bereichen, in denen globale Katastrophen wahlweise ausgelöst oder verhindert werden könnten, also neben globaler Politik etwa Sicherheitstechnik, Gentechnik, künstlicher Intelligenz oder Kybernetik. Rushkoff geht aber auch auf die Strategien Superreicher ein. Dabei nimmt er eine interessante Unterscheidung vor: Während es Tyrannen in der Vergangenheit einzig und allein darum gegangen sei, an die Spitze eines Systems aufzusteigen, um so über andere herrschen zu können, formulieren heutige Superreiche, die er nicht zu Unrecht mit früheren Tyrannen vergleicht, ihre Zielsetzung etwas anders. Da sie das Eintreffen einer – von Menschen verursachten – globalen Katastrophe für sicher hielten, setzten sie alles daran, dieser zu entfliehen – im Zweifel auch auf Kosten der Restbevölkerung. In dieser Weise deutet der Autor Elon Musks Träume einer Besiedelung des Mars oder Mark Zuckerbergs Flucht ins Metaverse.

Besonders stark ist »Survival of the Richest« dann, wenn der Autor die ideologischen Hintergründe und Vordenker der Milliardärsprepper beleuchtet. Dazu gehört etwa ein – in einer populären Fassung von Richard Dawkins vertretener – Szientismus, der besagt, dass alles eine wissenschaftliche Erklärung habe und menschliche Handlungen auf dem genetisch codierten »Wunsch« basierten, sich fortzupflanzen. Diese Position schließe echtes moralisches Handeln aus. Wer sie einnehme, müsse dann auch keine moralische Verantwortung mehr für das eigene Handeln übernehmen – was den angesprochenen Milliardären sehr entgegenkomme.

Rushkoff schreibt in einem nüchternen Stil und holt bei seinen Erklärungen immer wieder weit aus, so dass ihm auch Leser ohne größeres Vorwissen gut folgen können. Seine Analysen sind so nachvollziehbar wie bedrohlich. Sie regen stets auch zum Weiterdenken und nicht selten auch zum Hinterfragen des eigenen Handelns an. Denn manchmal scheint einem das eigene Tun dem der geschilderten Superreichen nicht ganz unähnlich zu sein, auch wenn es sich in kleinerem Rahmen bewegt.

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