Direkt zum Inhalt

»Tachyon: ›Das Schiff‹ und ›Der Planet‹«: Rettet künstliche Intelligenz die Welt?

Das spannende Weltraumepos »Tachyon« von Brandon Q. Morris ist abgeschlossen: mit starker autonomer KI, Bewusstseinstransfer, Wesen aus Silizium und viel Physik.

Die Menschen haben den Mars besiedelt, ihn zerstört, den Titan kolonisiert und kämpfen gegeneinander. Zudem droht Gefahr von fremden Wesen auf Siliziumbasis, und am Boden eines mit 20 Kilometer hohen Bäumen, genannt »Altmütter«, besiedelten Planeten verbirgt sich ein gefährliches Geheimnis. Bewusstsein lässt sich wie ein Speichermedium in einen geklonten Körper transferieren, es gibt eine eigenwillige starke KI, intelligente Katzenwesen und Kämpfe um die Vorherrschaft im Weltraum; dazu jede Menge Physik, wie die titelgebenden Tachyonen – hypothetische Teilchen, die schneller als das Licht sind. Und das alles in den Jahren um 2800.

»Die Waffe«, »Das Schiff« und »Der Planet« sind die drei Bände der Romantrilogie von Brandon Q. Morris. Den ersten Teil hatten wir an dieser Stelle bereits vorgestellt, und auch die weiteren Teile des komplexen Weltraumepos sprudeln nur so vor Ideen. In »Das Schiff« und »Der Planet« gelingt es dem Physiker nicht nur, spannend zu erzählen, er vermag es dabei in der Regel auch, die Gesetze der Physik einzuhalten. Bei einem Faktencheck würde er also gut wegkommen. So gibt es zwar Weltraumreisen, aber andere Planeten sind immer noch Lichtjahre entfernt, die Gesetze für die Materie und die Fortbewegung achtet er. Im Zentrum seiner Erzählung stehen Tachyonen – hypothetische Teilchen, schneller als das Licht. Mit ihnen werden Nachrichten oder auch der gesamte Gedächtnisinhalt eines Menschen an andere Orte übertragen. Zwar erklärt Morris die ihnen zu Grunde liegende Theorie sehr gut. Doch auch wenn der Autor Physiker ist, könnten bei einigen Lesern Zweifel bleiben, ob Tachyonen wirklich existieren. Doch die Forschung stützt diese Annahme: Im Sommer 2024 haben Wissenschaftler eine mathematische Methode veröffentlicht, mit der eine funktionierende Theorie der Tachyonen formuliert werden kann.

Wenn die KI sympathisch wird

Den ersten Teil von »Tachyon« dominierten wissenschaftliche Ideen noch stärker, als etwa Tachyonen oder Bewusstseinstransfers in neue Körper erklärt wurden. Aber auch in den beiden folgenden Bänden geht es nicht nur um Machtkämpfe im Weltraum – der Menschen untereinander und gegen Außerirdische. Neu hinzugekommen ist eine starke, autonome und mörderische künstliche Intelligenz: Sie reist in einem menschlichen geklonten Körper durchs All und agiert dabei sehr kreativ. Die titelgebende Waffe des ersten Teils wird jetzt gegen die Menschheit eingesetzt, die Lebewesen auf Siliziumbasis nehmen konkrete Formen an, ebenso die Utopie, menschliches Bewusstsein in eine Maschine transferieren zu können. So wird das Bewusstsein eines Mannes in einen Schiffscomputer eingespeist, der so ein Raumschiff steuert. Die Schauplätze beschreibt Morris wunderbar anschaulich – man kann sich sehr gut vorstellen, wie Menschen in Schutzanzügen auf dem besiedelten Titan durch Methanpfützen stapfen oder von den kilometerhohen Baumwipfeln aus auf den Planetenboden hinabsteigen. Die Charaktere sind zwar nicht sonderlich tiefgründig, aber sie sind unterscheidbar und wachsen einem beim Lesen ans Herz; wie auch im Laufe der Lektüre die zunächst kalt kalkulierende künstliche Intelligenz.

So sehr Menschen die Einwanderung anderer Lebensformen auf die Erde fürchten, so gewaltsam besiedeln sie selbst andere Planeten: »Die Natur war eine wahre Meisterin der Problemlösung, um Leben zu ermöglichen, so wie der Mensch eine gewisse Meisterschaft darin entwickelt hatte, Leben zu beseitigen«, wie es im Buch heißt. Es sind also keineswegs nur die Außerirdischen, die zerstörerisch auftreten.

Und obwohl der Roman in der 800 Jahre entfernten Zukunft spielt, kommen einem die Verhaltensmuster der Menschen bekannt vor: Sie sind Verräter oder Pioniere, sind eifersüchtig, auch mal knapp bei Kasse, leiden unter nervenden Steuerbehörden, sind Spione oder Mörder. Nur halt mit sehr viel mehr Technologie ausgestattet. Die Romane enthalten viele Ideen, Schauplätze, Helden und Heldinnen, menschliche Emotionen, physikalische Tricks – manchmal verliert man etwas den Überblick, auch wenn über jedem Kapitel Zeit und Ort der Handlung vermerkt sind. Aber wer über drei lange Romane bis zum Schluss gut unterhalten werden will, findet hier die richtige Sciencefiction-Lektüre.

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Geopolitische Orientierungssuche am Amazonas

Klimakonferenz: COP30 in Belém zeigt die geopolitische Neuordnung – die USA fehlen, China muss Position beziehen. Wer zahlt für den Regenwald? Und warum sorgt ein Fonds für Streit? Außerdem in »Die Woche«: Die Eisbachwelle macht schlapp, CO₂ soll in den Meeresboden und die Geschichte der Toilette.

Sterne und Weltraum – Raumzeit: Experimente zur Quantennatur

Die Relativitätstheorie Albert Einsteins ist das Meisterwerk zur Beschreibung der Schwerkraft. Seit Jahrzehnten steht aber die Frage im Raum, ob die Gravitation auf submikroskopischen Längenskalen modifiziert werden muss. Gibt es quantenhafte Austauschteilchen, die Gravitonen? In unserem Titelbeitrag stellen wir Überlegungen vor, wie man experimentell eine Quantennatur der Raumzeit testen könnte. Im zweiten Teil unseres Artikels zur Urknalltheorie beleuchten wir alternative Ansätze zur Dunklen Energie: das Local-Void- und das Timescape-Modell. Außerdem: Teil zwei unserer Praxistipps für die Astrofotografie mit dem Smartphone – Mond und Planeten im Fokus, die Ordnung im Chaos des Dreikörperproblems und woher stammen erdnahe Asteroiden?

Spektrum der Wissenschaft – Eine Theorie von allem: Lassen sich Quantenphysik und Schwerkraft vereinen?

Lassen sich Quantenphysik und Schwerkraft vereinen? In der aktuellen Ausgabe der PMT haben wir Beiträge für Sie zusammengestellt, in denen Forscherinnen und Forscher über die Ergebnisse ihrer Suche nach einer fundamentalen Theorie unserer Welt berichten. Entstanden ist eine erkenntnisreiche Sammlung an Beiträgen über die Quantennatur der Raumzeit, denkbaren Experimenten zum Nachweis von Gravitonen, Schwarzen Löchern, der Theorie der Quantengravitation, teleparalleler Gravitation und vielem mehr. Lesen Sie, welche Fortschritte es in den letzten Jahren gab, die Gesetze der Quantenwelt mit den geometrischen Konzepten von Raum und Zeit zu vereinigen, und welche Hürden dabei noch zu überwinden sind.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.